Herz Zitate (Seite 26)
Freiheit
Schaukelnd ruht auf den Wellen der Kahn,
das Wasser gluckst unter den Planken.
Zur Mitte des Sees würde gerne ich fahrn,
zurücklassen all meine Gedanken.
Im dümpelnden Boot triebe ich dahin,
befreit von Alltag und Sorgen.
Der Mond würde silberne Bahnen ziehn
ich fragte mich nicht: was wird wohl morgen?
Sterne würden funkelnd erwachen,
Stille wäre rings um mich her;
tiefe Ruhe – und mein Herz würde lachen;
innerer Frieden – ich wünsche ihn mir sehr!
Edith Tries
Letzte Liebe
Wie an der Neige unserer Zeit
Wir zarter, abergläubischer lieben!
Als Abglanz der Vergänglichkeit
Ist, letzte Liebe, dein Strahl geblieben.
Den halben Himmel deckt die Nacht,
Und nur im Westen schweifen Lichter.
Verweile, verweile, du Abendpracht,
Verstrick mich, Zauber, dicht und dichter.
Mag spärlich das Blut sich regen,
Doch voller Zartheit ist das Herz.
O letzte Liebe, Fluch und Segen
Und Glück und hoffnungsloser Schmerz.
Fjodor Iwanowitsch Tjuttschew
Silentium!
Schweige, verbirg dich und halte
deine Gefühle und Träume geheim,
laß sie in der Tiefe deiner Seele
lautlos auf- und untergehen
wie Sterne in der Nacht;
erfreue dich an ihnen – und schweige.
Wie soll das Herz sich offenbaren?
Wie soll ein anderer dich verstehen?
Begreift er, wodurch du lebst?
Ein ausgesprochener Gedanke ist eine Lüge.
Wenn du die Quellen aufwühlst, trübst du sie;
zehre von ihnen – und schweige.
Verstehe, nur in dir selbst zu leben:
es gibt in deiner Seele eine...
Fjodor Iwanowitsch Tjuttschew
Weihnachtslied
An einem Winterabend
spazierte ich allein
durch enge, stille Gassen.
Die Wege ohne Schein -
verschneit und gottverlassen.
Es zog mich immer weiter
hinaus ins weiße Feld.
Hoch über mir die Sterne -
beschaulich war die Welt.
Und als ich sehr viel später
den Ort erneut durchquert,
sah ich in einem Kirchlein
den Heiland - hochverehrt.
Ich sang mit der Gemeinde,
"In Dulci Jubilo"
und in der Weihnachtsmette
wurd's mir ums Herz recht froh.
Werner Tiltz
Abschiedsgesang
Wilde Rosen, duftig kleine,
hab ich grad für dich erstanden.
Hier, dein Seidenhemd, das feine,
soll dich göttergleich gewanden.
Sieh, ein Perlenbändelein
flecht ich dir ins Haar hinein.
Feine Ringe, zwei, drei, vier,
reich ich dir zur weitren Zier.
Rouge belebe deine Wangen,
Frieden mag dein Herz empfangen.
Puppenähnlich schaust du aus
für die ewiglange Reise.
Komm, nun singen wir von Strauss,
leise unsre Abschiedsweise!
Werner Tiltz
Haß
Im Innern gezüchtet als Larve des Bösen
sorgsam behütet von meiner Verschlossenheit
genährt an der Brust des Mißverständnisses,
gestärkt durch Artgenossen im derben Spiel aus anderen
sucht er ausgewachsen
die Freiheit aus der Enge.
Entsteigt aus der Tiefe der Seele
quetscht mir beim Aufstieg das Herz,
lähmt den Verstand
benutzt mich Hilflosen für sein böses Treiben
schiedet meine Worte zu erbarmungslosen Dolchen
springt dem anderen mit meiner Faust in sein Gesicht.
Und stirbt....
Nico Szaba
Den Blick ins Herz und frage dich,
Ob drinnen aufgestellt
Die Krippe mit dem Christuskind,
Dem Herren aller Welt,
Und ob das Kreuz dabei nicht fehlt
Mit seinem blut'gen Schein;
Für Bethlehem und Golgatha
Muß Raum im Herzen sein!
Und dann hinaus in alle Welt!
Und wo noch weilt die Nacht,
Verkünde du als Morgenstern
Den Tag, den Gott gemacht!
Gründ' überall ein Bethlehem,
Wo man die Krippe sieht,
Und überall ein Golgatha,
Wo man am Kreuze kniet.
Julius Karl Reinhold Sturm
Das erste Grün
Du junges Grün nach Wintertagen
Du Gruß vom jungen Frühlingsmorgen,
Du sproßtest auf, um mir zu sagen:
Gib nun den Winden Gram und Sorgen
Und froh klopft dir mein Herz entgegen,
Du lehrst es wieder gläubig hoffen;
Die Erde träuft von Gottes Segen,
Und drüber steht der Himmel offen.
Julius Karl Reinhold Sturm