Hause Zitate (Seite 22)
Karneval
Auch uns, in Ehren sei's gesagt,
Hat einst der Karneval behagt,
Besonders und zu allermeist
In einer Stadt, die München heißt.
Wie reizend fand man dazumal
Ein menschenwarmes Festlokal,
Wie fleißig wurde über Nacht
Das Glas gefüllt und leer gemacht,
Und gingen wir im Schnee nach Haus,
War grad die frühe Messe aus,
Dann können gleich die frömmsten Frau'n
Sich negativ an uns erbau'n.
Die Zeit verging, das Alter kam,
Wir wurden sittsam, wurden zahm.
Nun sehn wir zwar noch...
Wilhelm Busch
Der Esel
Es stand vor eines Hauses Tor
ein Esel mit gespitztem Ohr,
der käute sich sein Bündel Heu
gedankenvoll und still entzwei.
Nun kommen da und bleiben stehn
des naseweisen Buben zween,
die auch sogleich, indem sie lachen,
verhaßte Redensarten machen,
womit man denn bezwecken wollte,
daß sich der Esel ärgern sollte.
Doch dieser hocherfahrene Greis
beschreibt nur eine halben Kreis
und zeigt den Knaben itzt,
die Stelle wo der Wedel sitzt.
Wilhelm Busch
Die Selbstkritik hat viel für sich.
Gesetzt den Fall, ich tadle mich,
So hab' ich erstens den Gewinn,
Daß ich so hübsch bescheiden bin;
Zum zweiten denken sich die Leut,
Der Mann ist lauter Redlichkeit;
Auch schnapp' ich drittens diesen Bissen
Vorweg den andern Kritiküssen;
Und viertens hoff' ich außerdem
Auf Widerspruch, der mir genehm.
So kommt es denn zuletzt heraus,
Daß ich ein ganz famoses Haus.
Wilhelm Busch
Nach Jahren
Die Mutter lehnt am schattigen Thor,
Ihr blondes Töchterchen kniete davor,
Brach Rosen sich und Vergißmeinnicht,
Und küßt sie mit lachendem Angesicht:
»Ei! Mutter, bin ich so groß wie du,
Dann trag' ich dir Alles im Hause zu,
Dann heg' und pfleg' ich dich lieb und fein
Wie die Rosen und die Vergißnichtmein.« –
Und Jahre schwanden, – am schattigen Thor
Ragt höher und voller der Flieder empor!
Ein Mägdlein umfaßt des Geliebten Arm,
Es schlagen ihre Herzen so treu und warm,
Doch...
Adolf Böttger
An den Nordstern
Sitzest oben in dem Hause,
Abgelöst von dem Geschick,
Und die ganze Weltenklause
Dreht sich unter deinem Blick.
Keine Zeit rückt von der Stelle
Deinen Schemel! Treu bewährt
Leitest du mit steter Helle,
Was auf irren Wegen fährt.
Welten werden und vergehen,
Sonnen löschen und erglühn:
Dir ist Kreiseln das Geschehen,
Kreiselspiel der Kräfte Mühn.
Darum ist dein Blick so milde.
Als ein Wissender und Greis
Überm ganzen Weltgebilde
Thronest du und lächelst leis.
Jakob Boßhart
Heimkehr
Wie ich in den Hofraum trete
durch das mittlere Tor,
drängt sich wiederum das stete
blinde Weinen empor.
Vor zwei Jahren, langen Jahren,
stand ich hier zuletzt.
Blumen, die damals Blüte waren,
duften und blühen auch jetzt.
Und die Halle mit dem Dach,
grün und dunkelbraun,
und das Fenster von meinem Gemach
und der Bambuszaun,
alles nimmt sich wie damals aus,
atmet die gleiche Ruh.
Aber am Eingang zum inneren Haus
fehlt nun etwas: du.
Bo Djü-í
Müde
Ich schließ die Thüre hinter mir,
Will ohne Gäste sein;
Ich hab mich selbst verlassen,
Drum bin ich so allein.
Ich mache alle Läden zu,
Was soll mir Tag und Licht.
Das Feuer ist verglommen,
Die Sonne brauch ich nicht.
Ich fühle gar kein Leben mehr;
Die Liebe ist vorbei.
Ich kann nicht einmal weinen,
Aus mir ringt sich kein Schrei.
Ich habe keinen Gott und Freund
Und bin so sinnenleer,
Daß, wenn das Glück jetzt käme,
Ich fühlte es nicht mehr.
Ich schließ die Thüre hinter mir,
Bin nur für...
Otto Julius Bierbaum
Die Nacht ist niedergangen
Die schwarzen Schleier hangen
Nun über Busch und Haus.
Leis rauscht es in den Buchen.
Die letzten Winde suchen
Die vollsten Wipfel sich zum Neste aus.
Noch einmal leis ein Wehen ...
Dann bleibt der Atem stehen
Der müden, müden Welt.
Nur noch ein zages Beben
Fühl' durch die Nacht ich schweben,
Auf die der Friede seine Hände hält.
Otto Julius Bierbaum
Hoch- und Tiefdeutsch
Wer noch heute Hochdeutsch spricht,
den versteh'n die Leute nicht.
Wenn man in die Runde schaut,
da ist dieser Wortschatz out.
Stellen wir beim Arzt uns vor,
dringt Latein in unser Ohr.
Für die Medienschreiberein
muß man englischkundig sein.
Selbst zu Hause drückt der Klaus
sich zum Beispiel sächsisch aus.
Nur im Ausland, leicht gebrochen,
da wird Hochdeutsch noch gesprochen.
Erhard Horst Bellermann
Was nennt ihr Leben?
Das alltägliche Geschäft des Daseins,
Sommer, Herbst und Winter.
Und wieder Frühling kommen sehn,
und wieder die Blumen morgen welken sehn,
die gestern in bunter Frische glühten?
Wenn die Jugend hinweggeschäumt ist,
mit gelieh'ner Glut den trägen Lauf des greisen Blutes zu spornen?
Das wär's allein, was uns die süße Mühe des Atmens wert macht?
Nein, mein Freund, es ist ein anderes.
Es ist der stille Blick,
den wir zurück in's Herz tun
– wenn wir dort ein trauliches...
Michael Beer
Die Gäste der Buche
Mietegäste vier im Haus
Hat die alte Buche.
Tief im Keller wohnt die Maus,
Nagt am Hungertuche.
Stolz auf seinen roten Rock
Und gesparten Samen
Sitzt ein Protz im ersten Stock;
Eichhorn ist sein Namen.
Weiter oben hat der Specht
Seine Werkstatt liegen,
Hackt und zimmert kunstgerecht,
Daß die Späne fliegen.
Auf dem Wipfel im Geäst
Pfeift ein winzig kleiner
Musikante froh im Nest.
Miete zahlt nicht einer.
Rudolf Baumbach
Der Hahn
Horch, horch!
Der Hahn ist auch schon wach!
So früh, Herr Hahn? Kaum graut der Tag,
da kommt mit stolzen Schritten,
der Hahn einher geschritten.
Und kikriki! Hof ein Hof aus!
Da muss der höchste Ton heraus.
Er kann sich nicht bezwingen,
sein Morgenlied zu singen.
Ja, ja, ich hör es, wackrer Hahn,
du kündest uns den Morgen an
und mahnst uns durch dein Krähen,
fein zeitig aufzustehen.
Du rufst uns zu:
Die Morgenstund, ihr Leute,
die hat Gold im Mund,
steht auf, ihr fleiß´gen...
Jakob Baechtold