Hause Zitate (Seite 14)
Kompt Kunst gegangen vor ein Haus,
Man sagt der Wirth sey gangen aus;
Kompt Weisheit auch gegangen für,
So ist verschlossen ihr die Thür;
Kompt Zucht, Lieb, Treu und will gern ein,
So will niemand der Pförtner seyn;
Kompt Wahrheit dann und klopfet an,
Man läßt sie vor dem Fenster stahn;
Kompt Gerechtigkeit auch an das Thor,
So schiebt man Schloß und Riegel vor;
Kompt aber Pfennig geloffen,
Sind Thür und Thor ihm allzeit offen.
Georg Neumark
An Marie
Du bist wie eine Dusche
So fein, so rein, so kalt,
Du bist wie eine Dusche
In einer Badeanstalt.
In deiner Näh ergreift mich
Der Liebe Allgewalt
Doch du – es überläuft mich –
Du bleibst so rein, so kalt.
Ich stammle: Ach Mariechen!
Vergeh' vor Liebe fast –
Du streichst den Mops, das Viehchen,
Das du so gerne hast.
Ich murmle was von Sehnen,
Von heißter Herzensglut –
Du unterdrückst das Gähnen
Und reichst mir meinen Hut.
Leb' wohl! Ich geh' nach Hause,
Ich lasse dich allein,
Du bist...
Otto Müller, Pseudonyme Sommerstorff, O. Storff
Rast
Nun merk' ich erst, wie müd' ich bin,
Da ich zur Ruh' mich lege:
Das Wandern hielt mich munter hin
Auf unwirtbarem Wege.
Die Füße frugen nicht nach Rast,
Es war zu kalt zum Stehen;
Der Rücken fühlte keine Last,
Der Sturm half fort mich wehen.
In eines Köhlers engem Haus
Hab' Obdach ich gefunden;
Doch meine Glieder ruh'n nicht aus:
So brennen ihre Wunden.
Auch du, mein Herz, in Kampf und Sturm
So wild und so verwegen,
Fühlst in der Still' erst deinen Wurm
Mit heißem...
Wilhelm Müller
Geh nach Hause, armer Knabe,
Leg dich nieder, weh verliebt.
Träume von der Himmelsgabe,
Die der Himmel dir nicht gibt.
Träume von den blonden Flechten,
Die du nur als Schnecken siehst.
Hadre mit dem ungerechten
Schicksal, dem kein Glück entsprießt.
Irgendwo ziehn weiche Glieder,
Lippen, süß zum Kuß und rund,
Irgendwen in Liebe nieder. –
Träum den Leib und träum den Mund!
Träumend darfst du dich vergeuden.
Träum in üppiger Phantasie
Deiner Liebe letzte Freuden. –
Träume, Freund, enttäuschen nie.
Erich Mühsam
Rendezvous
Ich bin verdammt zu warten
in einem Bürgergarten
auf das geliebte Weib.
Nun sitz ich hier als Beute
gewissenloser Leute
mit breitem Unterleib.
Sie sind so froh beim Biere,
bald zwei, bald drei, bald viere —
und reden vom Geschäft.
Die Gattin spricht vom Hause,
die Töchter trinken Brause,
und Flock, das Hündchen, kläfft.
Die Kellnerinnen schwirren.
Die Tischgeschirre klirren.
Der Himmel scheint so blau.
Wie süß ist's doch, zu warten
in einem Bürgergarten
auf die...
Erich Mühsam
Anmutiger Vertrag
Auf der Bank im Walde
han sich gestern zwei geküßt.
Heute kommt die Nachtigall
und holt sich, was geblieben ist.
Das Mädchen hat beim Scheiden
die Zöpfe neu sich aufgesteckt…
Ei, wie viel blonde Seide da
die Nachtigall entdeckt!
Den Schnabel voller Fäden,
kehrt Nachtigall nach Haus
und legt das zarte Nestchen
Mit ihrem Golde aus.
Freund Nachtigall, Freund Nachtigall,
so bleib's in allen Jahren! –
Mir werd' ein Schnäblein voll Gesang,
dir eins voll Liebchens Haaren!
Christian Morgenstern
Heimfahrt einer einsamen Frau aus einer Gesellschaft
Einsam fährt sie im Wagen nach Haus,
das Fest ist aus.
Der Schwarm zertrieb …
Wer hat sie lieb?
Sie schaudert und friert.
Wie sich so alles hinweg verliert
ins Unabsehbare,
ins Unabsehbare.
Wo bliebt, Freunde, ihr?
Nur die Furcht sitzt neben mir.
Was seid ihr so weit!
Mein Herz schreit – schreit – schreit.
Ein Jeder mit seiner Lust,
ein Jeder mit seiner Pein,
jedes Herz in seiner Brust
allein, allein, allein.
O wilder Vogel Seele,
den nie...
Christian Morgenstern
Zu allen, ja zu allen möcht ich kommen,
tief übers Einzelmenschliche hinaus.
Als Geist nur aus der Ferne kann man frommen,
ein Mensch ist nur ein Mensch bei sich zu Haus.
Nur in der Ferne wird er wirklich strahlen,
und aus der Nähe wird sein Licht bald blind,
da müssen alle wir dafür bezahlen,
daß wir nicht Geister nur, auch Körper sind.
Christian Morgenstern
Ein Rosenzweig
Im Süden war's. Zur Nachtzeit. Eine Gasse.
Ich trat aus deinem Haus und schloß das Tor
und wandte noch einmal den Blick empor:
da flog ein Zweig aus deinem Dachgelasse
und fiel aufs Pflaster, – daß ich rasch mich bückte
und deinen Hauch noch warm vom Munde nahm
der schweren Rosen, deren Gruß den Gram
der kurzen Trennung duftend überbrückte.
Christian Morgenstern
Die Tagnachtlampe
Korf erfindet eine Tagnachtlampe,
die, sobald sie angedreht,
selbst den hellsten Tag
in Nacht verwandelt.
Als er sie vor des Kongresses Rampe
demonstriert, vermag
niemand, der sein Fach versteht,
zu verkennen, daß es sich hier handelt -
(Finster wird's am hellerlichten Tag,
und ein Beifallssturm das Haus durchweht.)
(Und man ruft dem Diener Mampe:
"Licht anzünden!") - daß es sich hier handelt
um das Faktum: daß gedachte Lampe,
in der Tat, wenn angedreht,
selbst den...
Christian Morgenstern
Das Weihnachtsbäumlein
Es war einmal ein Tännelein
mit braunen Kuchenherzlein
und Glitzergold und Äpflein fein
und vielen bunten Kerzlein:
Das war am Weihnachtsfest so grün
als fing es eben an zu blühn.
Doch nach nicht gar zu langer Zeit,
da stands im Garten unten,
und seine ganze Herrlichkeit
war, ach, dahingeschwunden,
die grünen Nadeln war'n verdorrt,
die Herzlein und die Kerzlein fort.
Bis eines Tags der Gärtner kam,
den fror zu Haus im Dunkeln,
und es in seinen Ofen nahm -
Hei!...
Christian Morgenstern
Die Mitternachtsmaus
Wenn's mitternächtigt und nicht Mond
noch Stern das Himmelshaus bewohnt,
läuft zwölfmal durch das Himmelshaus
die Mitternachtsmaus.
Sie pfeift auf ihrem kleinen Maul, --
lm Traume brüllt der Höllengaul . . .
Doch ruhig läuft ihr Pensum aus
die Mitternachtsmaus.
Ihr Herr, der große weiße Geist,
ist nämlich solche Nacht verreist.
Wohl ihm! Es hütet ihm sein Haus
die Mitternachtsmaus.
Christian Morgenstern