Hände Zitate (Seite 11)
Vom Christkind
Denkt euch, ich habe das Christkind gesehn!
Es kam aus dem Walde, das Mützchen voll Schnee,
mit gefrorenem Näschen.
Die kleinen Hände taten ihm weh;
denn es trug einen Sack, der war gar schwer,
schleppte und polterte hinter ihm her –
was drin war, möchtet ihr wissen?
Ihr Naseweise, ihr Schelmenpack,
meint ihr, er wäre offen, der Sack?
Zugebunden bis oben hin!
Doch war gewiß was Schönes drin:
es roch so nach Äpfeln und Nüssen!
Anna Ritter
Schlummerlied
Will du auf Töpfchen?
Fühlst du ein Dürstchen?
Oder ein Würstchen?
Senke dein Köpfchen.
Draußen die schwarze, kalte
Nacht ist böse und fremd.
Deine Hände falte.
Der liebe Gott küßt dein Hemd.
Gute Ruh!
Ich bin da,
Deine Mutter, Mama;
Müde wie du.
Nichts mehr sagen -
Nicht fragen -
Nichts wissen -
Augen zu.
Horch in dein Kissen:
Es atmet wie du.
Joachim Ringelnatz
An meinen Lehrer
Ich war nicht einer deiner guten Jungen.
An meinem Jugendtrotz ist mancher Rat
Und manches wohlgedachte Wort zersprungen.
Nun sieht der Mann, was einst der Knabe tat.
Doch hast du, alter Meister, nicht vergebens
An meinem Bau geformt und dich gemüht.
Du hast die besten Werte meines Lebens
Mit heißen Worten mir ins Herz geglüht.
Verzeih, wenn ich das Alte nicht bereue.
Ich will mich heut wie einst vor dir nicht bücken.
Doch möcht ich dir für deine Lehrertreue
nur einmal...
Joachim Ringelnatz
Vergehe Zeit!
(1932)
Vergehe Zeit und mache einer besseren Platz!
Wir haben doch nun genug verloren.
Setz einen Punkt hinter den grausamen Satz:
"Ihr habt mich heraufbeschworen.
Was wir, die Alten, noch immer nicht abgebüßt,
Willst du es nicht zum Wohle der Jugend erlassen?
Kaum kennen wirs noch, daß fremde Hände sich fassen
Und Fremdwer zu Ungleich sagt: "Sei herzlich gegrüßt."
Laß deine Warnung zurück und geh schnell vorbei,
Daß wir aufrecht stehen.
Vergönne uns allen, zuinnerst frei,
Das...
Joachim Ringelnatz
Aufgebung
Ich lasse das Schicksal los.
Es wiegt tausend Milliarden Pfund;
Die zwinge ich doch nicht, ich armer Hund.
Wies rutscht, wies fällt,
Wies trifft - so warte ich hier. -
Wer weiß denn vorher, wie ein zerknittertes Zeitungspapier
Weggeworfen im Wind sich verhält?
Wenn ich noch dem oder jener (zum Beispiel dir)
Eine Freude bereite,
Was will es dann heißen: "Er starb im Dreck"? -
Ich werfe das Schicksal nicht weg.
Es prellt mich beiseite.
Ich poche darauf: Ich war manchmal gut.
Weil ich...
Joachim Ringelnatz
Die roten Rosen waren nie so rot
Als an dem Abend, der umregnet war.
Ich dachte lange an dein sanftes Haar ...
Die roten Rosen waren nie so rot.
Es dunkelten die Büsche nie so grün
Als an dem Abend in der Regenzeit.
Ich dachte lange an dein weiches Kleid ...
Es dunkelten die Büsche nie so grün.
Die Birkenstämme standen nie so weiß
Als an dem Abend, der mit Regen sank;
Und deine Hände sah ich schön und schlank ...
Die Birkenstämme standen nie so weiß.
Die Wasser spiegelten ein schwarzes...
Rainer Maria Rilke
Die Nacht holt heimlich durch des Vorhangs Falten
Aus deinem Haar vergeßnen Sonnenschein.
Schau, ich will nichts, als deine Hände halten
und still und gut und voller Frieden sein.
Da wächst die Seele mir, bis sie in Scherben
den Alltag sprengt; sie wird so wunderweit:
An ihren morgenroten Molen sterben
die ersten Wellen der Unendlichkeit.
Rainer Maria Rilke
Traum ist Brokat, der vor dir niederfließt.
Traum ist ein Baum, ein Glanz der geht, ein Laut –
ein Fühlen, das in dir beginnt und schließt ist Traum;
ein Tier das dir ins Auge schaut ist Traum;
ein Engel, welcher dich genießt, ist Traum.
Traum ist das Wort, das sanften Falles in dein Gefühl
fällt wie ein Blütenblatt,
das dir im Haar bleibt: licht, verwirrt und matt –,
hebst du die Hände auf: auch dann kommt Traum,
kommt in sie wie das Fallen eines Balles –;
fast alles träumt –, du aber trägst...
Rainer Maria Rilke
An der sonngewohnten Straße, in dem
hohlen halben Baumstamm, der seit lange
Trog ward, eine Oberfläche Wasser
in sich leis erneuernd, still ich meinen
Durst: des Wassers Heiterkeit und Herkunft
in mich nehmend durch die Handgelenke.
Trinken schiene mir zu viel, zu deutlich:
aber diese wartende Gebärde
holt mir helles Wasser ins Bewußtsein.
Also, kämst du, braucht ich, mich zu stillen,
nur ein leichtes Anruhn meiner Hände,
Sei's an deiner Schulter junge Rundung,
sei es an den Andrang deiner...
Rainer Maria Rilke
Wenn ich manchmal in meinem Sinn
ein Begegnen dem andern vergleiche:
du bist immer die reichende Reiche
wenn ich der dürftige Bettler bin.
Wenn du mir leise entgegenlebst
und, kaum lächelnd, mit einem Male
deine Hand aus Gewändern hebst,
deine schöne, schimmernde, schmale …:
in meiner</em> Hände hingehaltene Schale
legst du sie leichtgelenk,
wie ein Geschenk.
Rainer Maria Rilke
Das Jahr geht still zu Ende,
Nun sei auch still mein Herz.
In Gottes treue Hände
Leg ich nun Freud und Schmerz.
Wird uns durch Grabeshügel
Der klare Blick verbaut,
Herr, gib der Seele Flügel,
Daß sie hinüberschaut.
Hilf Du uns durch die Zeiten
Und mache fest das Herz.
Geh selber uns zur Seiten
Und führ uns heimatwärts.
Eleonore Fürstin Reuß