Genaues Zitate (Seite 3)
Das Märchen vom Glück
Das Märchen vom Glück, das ich euch sag',
Dauert gerad' einen Herzensschlag;
Dürft drum mein Märchen nicht töricht schelten,
So tief ihr's faßt, so tief wird's euch gelten!
Und dies ist mein Märchen: Das echte Glück
Bleibt nur gerad' einen Augenblick.
Einmal hat's einer am Ärmel genommen
Und hielt's gefangen in seinem Haus,
Da hat es grau-graue Haare bekommen;
Und wie das Glück graue Haare bekommen,
Da sah es genau wie das Unglück aus …
Mein Märchen, es dauert so lang'...
Hugo Salus
Einsamkeit
Einsamkeit, ernsthafte Frau,
Tratest einst still in mein Zimmer,
Ach, und ich wollte dich nimmer,
Grüßte dich finster und rauh.
Nicktest nur milde dazu,
Ließest dich doch nicht verjagen,
Mußte dich eben ertragen,
Sangest mich heimlich zur Ruh.
Sieh, und nun weiß ich genau:
Wolltest du heut von mir scheiden,
Würde ich tief darunter leiden,
Einsamkeit, ernsthafte Frau.
Anna Ritter
Zwischen meinen Wänden
Ich danke dir: Ich bin ein Kind geblieben,
Ward äußerlich auch meine Schwarte rauh.
Zu viele Sachen weiß ich zu genau
Und lernte mehr und mehr die Wände lieben.
Doch zwischen Wänden, wenn die Fantasie
Ein kleines Glück so glücklich zu erfassen
Imstande ist, daß wir uns sagen: Nie
Uns selber lieben! Nie das andre hassen!
Nur einsam sein! – –
Spricht oft mein Innerstes zu solcher Weisheit: Nein!
Denn all mein Sinnen lauscht, ob fremde Hände
Jetzt etwa klopfen werden an...
Joachim Ringelnatz
Klartext
Menschen durchforsten die Läden,
gönnen sich kaum eine Pause,
kaufen nur Nonsens in Massen,
schleppen viel Plastik nach Hause.
Kinder spielen auf Müllhaufen,
atmen die schädlichen Gase,
fangen schon früh an zu saufen,
ziehen sich Koks in die Nase.
Ausländer werden verachtet,
und Regeln werden gebrochen,
im Park mit Bier übernachtet,
eigener Wortschatz gesprochen.
Verpönt sind Würde und Anstand,
genau wie Güte und Respekt,
keiner reicht dem Andern die Hand,
sieht achtlos zu, wie er...
Horst Rehmann
Allein
Nachdenklich geh ich spazieren,
Allein im dunstigen Wald,
Muss den Schritt reduzieren,
Der Nebel ist dicht und eiskalt.
Der Weg wellig, teilweise glatt,
Genau wie im Leben,
Mal oben, mal unten, mal platt,
Von Spuren umgeben.
Im Nebel sehe ich Wahrheit,
spüre die Erde, das Sein,
Erkenne die Einsamkeit,
Bin trotz Bäume völlig allein.
Horst Rehmann
Ernüchterung
Unser Tun ist nicht richtig
wir wissen's genau,
diese Liebe macht süchtig,
doch der Himmel ist grau.
Brücken wird es nicht geben,
das sagt der Verstand,
ein gemeinsames Leben,
wäre Meer ohne Land.
Jeder Schritt wird zur Bürde,
erkaltet die Glut,
auch Vulkane der Erde
holt manchmal die Flut.
Auf ein Wunder zu warten,
macht auch keinen Sinn,
selbst ein Magier mit Karten
übertreibt zu Beginn.
Wir zwei müssen uns fügen,
all dem, was jetzt ist,
dürfen keinen belügen,
weil uns Satan...
Horst Rehmann
Ein simpler Vergleich
Das Leben besteht
aus Versuchen und Ausprobieren.
Genau wie man Kleidung probiert und,
wenn sie abgetragen ist oder
schon anfangs nicht sitzt oder gefällt,
legt man sie wieder ab.
Genauso ist es mit dem Leben:
versuche stets Neues
(nach obiger Anleitung)
Oder hast du dich schon entschlossen,
kein neues Kleidungsstück mehr zu kaufen,
aus Angst vor dem Risiko?
Irina Rauthmann
Ich will zuversichtlich sein
gelassen
liebevoll
und mich darin finden und entdecken
Danke, Gott, für diesen Tag
für meine Gefühle
für meine Kontakte
für mein Leben
Es ist gut
so wie es gerade ist
es ist genau richtig
ich mache das Beste daraus
Ich bin nicht verloren
ich habe Chancen
ich habe Freunde
ich habe Aufgaben
ich habe Träume
Ich halte durch
und gehe weiter
ich gebe nicht auf!
Beate Prager
Strategie
Er tut so, als würde sie ihn nicht interessieren.
Sie tut so, als würde sie nicht merken, daß er nur so tut.
Ihr Desinteresse interessiert ihn
deshalb tut er so, als wüßte er genau, daß sie nur so tut.
Sein Interesse interessiert sie
deshalb tut sie so, als täte sie nur so, wie sie tut ...
O heiliger Sankt Josef, wann tut sich denn endlich was?!
Jörn Pfennig
Menschenunmöglichkeit
Komm mit, komm mit und folge mir;
ich führe dich so gern, so gern.
Ich zeige und erkläre dir
die ganze Welt von Stern zu Stern.
Wir fangen an beim Anbeginn
und hören auf beim Ende dort;
wir gehen gleich zu beiden hin,
denn beide sind derselbe Ort.
Und da wir bei dem Anfang schon
am Ende angekommen sind,
so ist die Ewigkeit entflohn
wie so geschwind, wie so geschwind.
Und während dieser Ewigkeit
hab ich erklärt wieviel, wieviel?
Und ihr in eurer Spanne Zeit
treibt...
Karl May