Fallen Zitate (Seite 7)
Herbstgefühl
Grünen, Blühen, Duften, Glänzen,
Reichstes Leben ohne Grenzen,
Alles steigernd, nirgends stockend,
Selbst die kühnsten Wünsche lockend;
Ja, da kann ich wohl zerfließen,
Aber nimmermehr genießen;
Solche Flügel tragen weiter,
Als zur nächsten Kirschbaumleiter.
Doch, wenn rot die Blätter fallen,
Kühl die Nebelhauche wallen,
Leis durchschauernd, nicht erfrischend,
In den warmen Wind sich mischend:
Dann vom Endlos-Ungeheuren
Flücht' ich gern zum Menschlich-Teuren,
Und in einer ersten...
Christian Friedrich Hebbel
Sehnsucht, auf den Knieen
Schautest du himmelwärts –
Einzelne Wolken ziehen,
Kommen und entfliehen,
Ewig hofft das Herz.
Liebe – himmlisch Wallen
Goldener Jugendzeit –
Einzelne Strahlen fallen
Wie durch Pfeilerhallen
In das Leben weit.
Einsam in alten Tagen
Lächelt Erinnerung;
Einzelne Wellen schlagen
Rauschen herauf wie Sagen:
Herz, auch du warst jung!
Julius Waldemar Grosse
Nun Wohlan, was muß geschehe!
Fallen seh ich Zweig' auf Zweige,
Kaum noch hält der morsche Stamm.
Noch ein Schlag, so fällt auch dieser
Und im Staube liegt die Eiche,
Die die reichen Segensäste
Weit gebreitet rings umher.
Die Jahrhunderte gesehen
Werden, wachsen und vergehen,
Wird vergehen so wie sie;
Keine Spur wird übrigbleiben;
Was die Väter auch getan,
Wie gerungen, wie gestrebt,
Kaum daß fünfzig Jahr' verfließen
Wird kein Enkel mehr es wissen
Daß ein Borotin gelebt!
Franz Grillparzer
Herbstgefühl
Wie ferne Tritte hörst du's schallen,
Doch weit umher ist nichts zu sehn,
Als wie die Blätter träumend fallen
Und rauschend mit dem Wind verwehn.
Es dringt hervor wie leise Klagen,
Die immer neuem Schmerz entstehn,
Wie Wehruf aus entschwundnen Tagen,
Wie stetes Kommen und Vergehn.
Du hörst, wie durch der Bäume Gipfel
Die Stunden unaufhaltsam gehn,
Der Nebel regnet in die Wipfel,
Du weinst, und kannst es nicht verstehn.
Martin Greif
Bleibe, schönes Mädchen! ruft der Knabe,
Rafft von seinem Lager sich geschwind:
Hier ist Ceres', hier ist Bacchus' Gabe,
Und du bringst den Amor, liebes Kind!
Bist vor Schrecken blaß!
Liebe, komm und laß,
Laß uns sehn, wie froh die Götter sind!
Ferne bleib, o Jüngling! bleibe stehen,
Ich gehöre nicht den Freuden an.
Schon der letzte Schritt ist, ach! geschehen
Durch der guten Mutter kranken Wahn,
Die genesend schwur:
Jugend und Natur
Sei dem Himmel künftig untertan.
Und der alten Götter bunt...
Johann Wolfgang von Goethe
An vollen Büschelzweigen,
Geliebte, sieh nur hin!
Laß dir die Früchte zeigen,
Umschalet stachlig grün.
Sie hängen längst geballet,
Still, unbekannt mit sich;
Ein Ast, der schaukelnd wallet,
Wiegt sie geduldiglich.
Doch immer reift von innen
Und schwillt der braune Kern;
Er möchte Luft gewinnen
Und säh die Sonne gern.
Die Schale platzt, und nieder
Macht er sich freudig los;
So fallen meine Lieder
Gehäuft in deinen Schoß.
Johann Wolfgang von Goethe
Und Schlag auf Schlag!
Werd ich zum Augenblicke sagen:
Verweile doch! du bist so schön!
Dann magst du mich in Fesseln schlagen,
Dann will ich gern zugrunde gehn!
Dann mag die Totenglocke schallen,
Dann bist du deines Dienstes frei,
Die Uhr mag stehn, der Zeiger fallen,
Es sei die Zeit für mich vorbei!
Johann Wolfgang von Goethe
Durch die wolkige Maiennacht
Geht ein leises Schallen,
Wie im Wald die Tropfen sacht
Auf die Blätter fallen.
Welch ein ahnungsreicher Duft
Quillt aus allen Bäumen!
Dunkel webt es in der Luft
Wie von Zukunftsträumen.
Da, im Hauch, der auf mich sinkt,
Dehnt sich all mein Wesen,
Und die müde Seele trinkt
Schauerndes Genesen.
Müde Seele, hoffe nur!
Morgen kommt die Sonne
Und du blühst mit Wald und Flur
Hell in Frühlingswonne.
Emanuel Geibel
Dem Tanz der Flocken
bist du Andacht schuldig.
Als Kind sahst du sie fallen nicht wie heute.
Die Jugend achtete des Wunders kaum.
Der Mann, tief eingehüllt in seine Pflichten,
bemerkt nur das, was Nutzen bringt und Sorgen.
Du aber sei dem Tanz der Flocken wieder hingegeben
in Stille und Verlorenheit,
so ohne Wünsche, selbstgenügsam, freundlich,
wie nur ein Kind mag selig lieben,
unschuldig diesen Tanz der Flocken,
verlorne Wunder wieder spüren,
ringsum vergessen die Welt.
Carl Peter Fröhling
Frühe Sonnen dringen
glühend aus den Zweigen –
Stern um Stern – Forsythia.
Sterbendes gebiert noch Leben,
letzte Kraft den Stern.
Flamme lodert – wilder Brand
hüpft entlang den Zweigen,
tanzt den Winterreigen,
frühen Tod im Blut.
Und sie fallen fern –
taumelnd Stern um Stern,
frühgeborene,
frühverlorene
Forsythien.
Carl Peter Fröhling
Guter Rat
An einem Sommermorgen
da nimm den Wanderstab,
es fallen deine Sorgen
wie Nebel von dir ab.
Des Himmels heitre Bläue
lacht dir ins Herz hinein
und schließt, wie Gottes Treue,
mit seinem Dach dich ein.
Rings Blüten nur und Triebe
und Halme von Segen schwer,
dir ist, als zöge die Liebe
des Weges nebenher.
So heimisch alles klingt
als wie im Vaterhaus,
und über die Lerchen schwingt
die Seele sich hinaus.
Theodor Fontane
Erwartungshaltung
Ich werde dir
weder wöchentlich
die Sterne vom Himmel,
noch täglich
die Semmeln vom Bäcker holen.
Ich verspreche dir
weder den siebenten Himmel
noch die sechste Hölle.
Ich versetze für dich
weder Berge noch Täler.
Ich werde dir
weder jeden Wunsch
von den Augen,
noch von deinen Ohrwascheln
ablesen.
Ich werde dich
weder immer
auf Händen tragen,
noch dir zu Füßen fallen.
Es sei denn,
du erwartest es
nicht
von mir.
Ernst Ferstl