Erde Zitate (Seite 17)
Träume nur, Seele…
In den verdämmernden Herbsttag hinein
zauberst du lachenden Sonnenschein,
und aus der Blätter vergilbendem Flor
blühen dir duftige Veilchen empor,
träumende Seele –
Tönt denn der Glocken dumpfhallender Klang
dir wie ein schmetternder Lerchengesang?
Siehst du der Erde verweintes Gesicht,
fühlst du die eisigen Nebel denn nicht,
träumende Seele? –
Träume nur, träume… der Frühling ist weit;
Rosen hat's nimmer im Winter geschneit –
dumpf; nur und klagend, verweht vom...
Clara Müller-Jahnke
Bauchweh
Die Därme wälzen sich im Kampfe;
es zuckt der Leib im Magenkrampfe:
die Welt ist schlecht, – die Welt ist schlecht.
Daß die der Herr im Zorn zerstampfe!
Daß sie verpuffe und verdampfe! –
So wär' es recht! – So wär' es recht!
Angst ist das Leben und Beschwerde;
der Mensch, er sitzt am Schmerzensherde
im Weltenbauch, – im Weltenbauch.
In qualzerrissener Gebärde
krümmt sich der Bauch der Welt, der Erde, –
und meiner auch. – Und meiner auch.
Erich Mühsam
Fallt, ihr Blätter
Fallt, ihr Blätter, fallet
Winter wird es wieder,
Traumverloren wallet
Sacht zur Erde nieder.
Schwindet, Blümlein, schwindet,
Sommer ist vergangen,
Wenn der Frost euch findet,
Ach, da sollt euch bangen.
Willst, mein Herz, du zagen
Ob des Winters Dräuen?
Harre ohne Klagen,
Wirst dich dennoch freuen.
Frieren mags und tosen,
Must geduldig warten:
Bald erblühn die Rosen
In des Christkinds Garten.
Helene Most
Die Leidenschaften
Leidenschaften sind schäumende Pferde,
Angespannt an den rollenden Wagen:
Wenn sie entmeistert sich überschlagen,
Zerren sie durch durch Staub und Erde.
Aber lenkest du fest die Zügel,
Wird ihre Kraft dir selbst zum Flügel,
Und je stärker sie reißen und schlagen,
Um so herrlicher rollt dein Wagen.
Salomon Hermann Mosenthal
Wie heimlicher Weise
Ein Engelein leise
Mit rosigen Füßen
Die Erde betritt,
So nahet der Morgen.
Jauchzt ihm, ihr Frommen,
Ein heilig Willkommen,
Herz, jauchze du mit!
In ihm sei's begonnen,
Der Monde und Sonnen
Am blauen Gezelte
Du Vater, du rate,
Du lenke und Wende!
Herr, die in die Hände
Sei Anfang und Ende,
Sei alles gelegt.
Eduard Mörike
Am Meer
Wie ist dir nun,
meine Seele?
Von allen Märkten
des Lebens fern,
darfst du nun ganz
dein selbst genießen.
Keine Frage
von Menschenlippen
fordert Antwort.
Keine Rede
noch Gegenrede
macht dich gemein.
Nur mit Himmel und Erde
hältst du
einsame Zwiesprach.
Und am liebsten
befreist du
dein stilles Glück.
dein stilles Weh
in wortlosen Liedern.
Wie ist dir nun,
meine Seele?
Von allen Märkten
des Lebens fern
darfst du nun ganz
dein selbst genießen.
Christian Morgenstern
Erblinden mag ich, sprach ich kühn, –
mir bleibt nichts Neues mehr zu schauen! ...
Da wandelt sich der Erde Grün
zum odemraubend kühlen Grauen.
Ein Schleier fällt auf die so recht
geliebten Wesen und Gelände,
und zu der – Geister Lichtgeschlecht
erhebt – ein Blinder seine Hände…
Christian Morgenstern
Allen Bruder sein!
Allen helfen, dienen!
Ist, seit Er erschienen,
Ziel allein!
Auch dem Bösewicht,
Der uns widerstrebet!
Er auch ward gewebet
Einst aus Licht.
"Liebt das Böse – gut!"
Lehren tiefe Seelen.
Lernt am Hassen stählen –
Liebesmut!
Brüder – hört das Wort!
Daß es Wahrheit werde –
Und dereinst die Erde
Gottes Ort!
Christian Morgenstern
Licht ist Liebe. Sonnen-Weben,
Liebes-Strahlung einer Welt
schöpferischer Wesenheiten –
die durch unerhörte Zeiten
uns an ihrem Herzen hält,
und die uns zuletzt gegeben
ihren höchsten Geist in eines
Menschen Hülle während dreier
Jahre: da Er kam in Seines
Vaters Erbteil – nun der Erde
innerlichstes Himmelsfeuer:
daß auch sie einst Sonne werde.
Christian Morgenstern