Drs Zitate (Seite 12)
Ach du, um die die Blumen sich
Verliebt aus ihren Knospen drängen,
Und mit der frohen Luft um dich
Entzückt auch ihren Weihrauch mengen,
Um die jetzt Flur und Garten lacht,
Weil sie dein Auge blühen macht.
Ach könnt ich jetzt ein Vogel seyn
Und im verschwiegnen Busch es wagen
Dir meines Herzens hohe Pein,
Die ohne Beyspiel ist, zu klagen.
Empfändest du die Möglichkeit
Von dieser Qualen Trunkenheit.
Vielleicht daß jener Busen sich
Zu einem milden Seufzer hübe,
Der mich bezahlte, daß ich...
Jakob Michael Reinhold Lenz
Niemand kann verlornen Harrens Schmerzen
Einem sehnsuchtsvollen Frauenherzen
Je vergelten, niemand ihr vergüten,
Was in solchen unermeßnen Stunden
Still der Wurm genagt von ihren Blüten,
Der auch nicht, um den sie es empfunden.
Wenn er dann auch stürzt zu ihren Füßen,
Leiden und versäumtes Glück beklagt;
Schmerz hat weh getan, der Wurm genagt.
Aber mancher kehret nie mehr wieder,
Drückt er auch ein Herz zum Grabe nieder.
Nikolaus Lenau
Frühling im Kreislauf der Natur
Die ersten Knospen zeigen an:
Der Winter ist vorüber.
So manche Blume wächst heran,
die Sonne pflegt sie wieder.
Es hat die schöne Jahreszeit,
das Grau und Weiß bezwungen.
Der Frühling hat zum bunten Kleid
den Pinsel fein geschwungen.
Die Menschen drängt es jetzt hinaus
den Frühling zu genießen.
Und Gänseblümchen blinzeln raus
aus frischen grünen Wiesen.
Es liegt ein Lachen in der Luft,
wo Kinder fröhlich spielen.
Die Nase atmet Blütenduft,
die Haut kann Wärme...
Poldi Lembcke
Du Licht, wohin, verglühte Flammenhöhle?
Wohin zieht Wolken, Winde, Wellen ihr?
Du Staub, du Schaum, du Nacht, du Aug', du Seele,
Sprecht, wenn ihr's wisset, wohin ziehen wir?
Zu dir, aus dem sich alle Sonnen lösen,
Zu dem die Nacht, der Tag, der Geist sich drängt,
Du Flut und Rückflut in der Wesen Wesen,
Du Meer des Seins, worein sich Alles senkt.
Alphonse de Lamartine
Ein ganzer Tag
Hungrige Hunde bellen
kriechenden Blechzellen hinterher
Punker stampfen zielstrebig
durch das Gewirr einer Massenkarambolage
im Nebel
angstvoll weichen Menschen
Scheiterhaufen
dann Wecksignale
Stadtstreichergesichter strahlen
von Reklametafeln
fluchen Wohlstandspflichten hinterher
in einem Hinterhof verschwinden
Sekunden
werden zu Stunden
kommen als Jahre hervor
dröhnende Rhythmen
vor dem Rotzwang
geordnete Massenflucht zurück
Trümmerfragmente von Freiheitsgedanken
grinst der...
Franz Friedrich Kovacs
Verkaufte Ideale
Die einzige Lust in jenem armen Weibe,
Die Blumen ihres Gärtleins anzusehn;
Da kommt die Bürgersfrau – zum Zeitvertreibe
Bleibt an der Gartenwand sie sinnend stehn.
"Was sollst du nutzlos diese Blumen hüten?
Gib mir die Blumen, kauf dafür dir Brot!" –
Wie schwer es ihr auch wird, sie gibt die Blüten
Der Frau dahin, denn bitter drängt die Not.
Und ich gedachte manch verlornen Strebens –
Wie mancher gab schon mit enttäuschtem Sinn
Die Ideale für die Not des Lebens,
Das...
Josef Kitir
Carpe diem! Pflücke den Tag!
Rät der Römer Horaz.
Pflück den Tag wie die Rose im Hag,
Nütze den köstlichen Schatz!
Schäumen die Becher beim Festgelag,
Schäumt die Begeisterung –
Carpe diem! Pflücke den Tag!
Sei mit den andern jung!
Klopft das Glück an das Pförtlein,
Sag eilig zum Gaste: – Herein! –
Carpe diem! Pflücke den Tag!
Hüte das Glück, wenn es dein!
Aber pochen mit dröhnendem Schlag
Sorge und Unheil an –
Carpe diem! Pflücke den Tag!
Lerne ihn mannhaft bestahn!
Ottokar Kernstock
Erster Schnee
Wie nun alles stirbt und endet
Und das letzte Lindenblatt
Müd sich an die Erde wendet
In die warme Ruhestatt,
So auch unser Tun und Lassen,
Was uns zügellos erregt,
Unser Lieben, unser Hassen
Sei zum welken Laub gelegt.
Reiner weißer Schnee, o schneie,
Decke beide Gräber zu,
Daß die Seele uns gedeihe
Still und kühl in Wintersruh!
Bald kommt jene Frühlingswende,
Die allein die Liebe weckt,
Wo der Haß umsonst die Hände
Dräuend aus dem Grabe streckt.
Gottfried Keller
Familienglück – o heilig stiller Tempel,
Der Liebe Kultus, der nur Liebe heischt,
Auf unser Dasein drückst erst du den Stempel,
Verbindest Herzen, wo die Welt zerfleischt.
Es ging das Paradies für uns verloren,
Der Cherub wehrt der Vermessenheit;
Doch ward ein neues Eden uns geboren
In deinen Träumen, traute Häuslichkeit! –
Eduard Ernst Heinrich Kauffer
Nach Hause
Das macht die Sommernacht so schwer:
Die Sehnsucht kommt und setzt sich her
und streichelt mir die Wange.
Man hat so wunderlichen Sinn;
man will wohin, weiß nicht wohin,
und steht und guckt sich bange.
Wonach?
Die Fackel in der Hand,
so weist die Sehnsucht weit ins Land,
wo tausend Wege münden.
Ach! einen möchte ich schon geh'n,
»Nach Hause!« müßte drüber steh'n. –
O Herz, nun geh' ihn finden!
Ludwig Jacobowski
Lied des Unglücklichen
Ich höre viele Menschen klagen,
sie seyen oft so gar allein;
O könnt' ich auch von mir das sagen!
Bei mir, bei mir trifft es nicht ein.
Mir leisten tausend treue Sorgen
Gesellschaft gern und für und für;
Sie kommen schon am frühen Morgen,
Und sind am Abend noch bei mir.
Erst stehen sie von fern und plaudern
Von meiner längst verschwundnen Lust,
Dann legen sie mir ohne Zaudern
Die Häupter alle an die Brust.
Und denke ich: es könnt' genügen,
Und drückt's auf mir so...
Karl Leberecht Immermann
O, mäßigt euch in euren Trunkenheiten!
Leicht von der Lust nimmt sich der Schmerz ein Pfand.
Gern mag der Tod durch's Reich der Freude schreiten,
Gern drückt auf blum'ge Stirnen er die Hand.
In Asche morgen und zerriß'nem Kleide,
Gesenkten Hauptes wird der Freude
Gedächtnis Vorwurf uns und Pein.
Auf unsre Spiele folgen Leichenzüge;
Uns können Saturnalien die Wiege,
Weh' uns! allein von Totenliedern sein.
Victor Marie Hugo