Des Tage Zitate (Seite 12)
Als mich vor zehn, zwölf Jahren, in der glücklichen Zeit nach dem Befreiungskriege, die Gedichte des Divan in ihrer Gewalt hatten, war ich produktiv genug, um oft an einem Tage zwei bis drei zu machen. und auf freiem Felde, im Wagen oder im Gasthof; es war mir alles gleich. Jetzt, am zweiten Teil meines Faust, kann ich nur in den frühen Stunden des Tags arbeiten, wo ich mich vom Schlaf erquickt und gestärkt fühle und die Fratzen des täglichen Lebens mich noch nicht verwirrt haben. Und doch,...
Johann Wolfgang von Goethe
Die Sklavenseelen unserer Tage verkennen ihre Zeit und einige auch sich selbst bei wirklich schönen Anlagen und Fähigkeiten. Zu dieser Knechtschaft führt aber das ewige Reden und Predigen des unbedingten Gehorsams und Gehorchens und des Aufgebens des eigenen Willens und selbstständiger Kraft.
Caspar David Friedrich
Freu dich
Freu dich der Bäume im Garten.
Zähl nicht die Schnecken am Kohl.
Zähl nicht die Sorgen, die warten.
Freu dich an anderer Wohl.
Zähl nicht die Stunden der Leiden.
Freu dich des Kindes, das lacht.
Zähl nicht vergangene Zeiten.
Freu dich an Schöpfers Macht.
Zähl nicht die Tage der Schmerzen.
Zähl nicht die schwere Fracht.
Freu dich der liebenden Herzen.
Freu dich der Sonne, die lacht.
Zähl nicht die Kinder, die leiden.
Freu dich der Rose, die blüht.
Zähl nicht die Menschen, die...
Jutta Schulte
Stille Tage, die ihr leise
Von des Schaffens Ernst beschwingt,
Mir in störungslosem Gleise
Kaum bemerkt vorüber gingt:
Thätig war't ihr überlegen
Unruhvoller Gegenwart,
Und so fühl' ich euren Segen
Mir im Tiefsten offenbart.
Ja, den Segen zu vollenden,
Wißt ihr für des Liedes Ton
Noch die Stimmung mir zu spenden,
Als der Arbeit schönsten Lohn.
Otto Roquette
Spur im Sand
ich habe Dich gesucht.
Du warst nicht hier.
Ich sah der Menschen viel,
doch keiner sprach von Dir.
Ich hörte die Wellen rauschen.
Ich sah ihre weiße Gischt,
am Tage die goldene Sonne,
des nachts des Mondes Licht.
Ich hörte mein Herze klopfen,
wie Welle klopft an den Strand.
Ich wanderte mit den Wolken,
der Wind nahm mich bei der Hand.
Ich flog über Land und Meere.
Ich suchte den Weg zu Dir.
Fand keine Spur mehr im Sande
und dennoch warst Du bei mir.
Otto Reinhards
Und Heil euch, die ihr in dem Glanz und Stolz
Der Jugend niedersteiget zu den Toten,
Eh' euch noch an des Lebens Marterholz
Der Essigschwamm des Zweifels ward geboten,
Eh' euch der Tage Last, der Erde Wust,
Die schweren Bürden, Geist und Arm gelähmet,
Eh' jene Weisheit, die den Gott vervehmet,
Mit ihrem Frost durchkältet eure Brust.
Betty Paoli
Welcher Lebendige,
Sinnbegabte,
Liebt nicht vor allen
Wundererscheinungen
Des verbreiteten Raums um ihn
Das allerfreuliche Licht –
Mit seinen Strahlen und Wogen
Seinen Farben,
Seiner milden Allgegenwart
Im Tage.
Wie des Lebens
Innerste Seele
Atmet es die Riesenwelt
Der rastlosen Gestirne
Die in seinem blauen Meere schwimmen,
Atmet es der funkelnde Stein,
Die ruhige Pflanze
Und der Tiere
Vielgestaltete,
Immerbewegte Kraft –
Novalis
Adelaide
Einsam wandelt dein Freund im Frühlingsgarten,
Mild vom lieblichen Zauberlicht umflossen,
Das durch wankende Blüthenzweige zittert,
Adelaide!
In der spiegelnden Fluth, im Schnee der Alpen,
In des sinkenden Tages Goldgewölken,
Im Gefilde der Sterne strahlt dein Bildnis,
Adelaide!
Abendlüftchen im zarten Laube flüstern,
Silberglöckchen des Mays im Grase säuseln,
Wellen rauschen und Nachtigallen flöten:
Adelaide!
Einst, o Wunder! entblüht, auf meinem...
Friedrich von Matthisson
Was unabwendbar auch im raschen Flug der Zeiten
Das wechselnde Verhängnis jedem bringt,
Ob heit're Tage sich, ob trübe sich verbreiten,
Des Lebens Wohlfahrt steiget oder sinkt –
Ein Glaube ist's, nach dem der Weise handelt,
Und eine Hoffnung, der sein Herz sich weiht:
Vertrau' auf den, der in Gewittern wandelt
Und mild im Sonnenstrahl erfreut!
Er winkt! Sein Sturm erwacht, und seine Blitze fliegen,
Der Donner rollt, es bebt der Hochgebirge Schoß,
Die Eiche stürzt, doch die Orkane wiegen
Der...
Siegfried August Mahlmann
Ja, einmal nimmt der Mensch von seinen Tagen
Im voraus schon des Glückes Zinsen ein,
Und spricht: Ich will den Kranz der Freude tragen,
Mag, was darauf folgt, nur noch Asche sein.
Die vollen Becher! Laß uns alles wagen!
Ja einmal will ich auf den Mittagshöh'n
Des Lebens stehn und dann am Ende sagen:
Wie war es doch so schön!
Wie war der Traum so schön! Da wir uns liebten,
Da blühten Rosen um den Trauerzug;
Im Schaum der Tage, die sonst leer zerstiebten,
War eine Perle, reich und stolz...
Hermann Ritter von Lingg
Karfreitag
Karfreitags Krone. Heldenkönig! Einsames Haupt.
Verstoßen. Erheben
Die feige Flucht verdammender Hände.
Ein suchender führender Quell.
Wenn ich erhöht sein werde, will ich alle zu mir ziehen.
Und die Welt, die schwere Welt, die leichtsinnschwere Welt,
Fast schon oben, reißt ab, eine Wunde reißt auf,
Der Seele, Wunde des Leibes, Wunde des Todes:
Vater verzeihe ihnen, sie wissen nicht, was sie tun.
Zum schmerzlichen Hohn der Dornenkrone
Fallen kühlende Tropfen fühlender Größe.
Dem...
Peter Hille
Dunkeln muß der Himmel rings im Runde,
Daß sein Sternenglanz zu leuchten wage;
Stürmen muß das Meer bis tief zum Grunde,
Daß ans Land es seine Perlen trage;
Klaffen muß des Berges offne Wunde,
Daß sein Goldgehalt ersteh' zu Tage:
Dunkle Stunden müssen offenbaren,
Was ein Herz des Großen birgt und Klaren.
Anastasius Grün
Ich versteckte meine Liebe
Auf ein Blättchen dieses Buches,
Daß des flüchtigen Besuches
Dauerndes Gedenken bliebe.
Tage gehen, Monde gehen,
Jahre gar, Du wirst indessen
Ganz des kleines Buchs vergessen,
Kaum mit einem Blick es sehen.
Aber einst in stillen Tagen
Locken Dich die Goldschnittrände,
Nimmst es wieder in die Hände,
Seine Blätter umzuschlagen.
Und dann wirst Du lächelnd lesen
Das bekannte, neu entdeckte,
Laut gesungne, fein versteckte
Lied, wie gut ich Dir gewesen.
Peter Carl August Cornelius