Bist Zitate (Seite 55)
Der Mond
guten Abend, du Rundgesicht,
Hüter der weidenden Sterne,
Nächtlicher Langfinger Arbeitslicht,
Heimlicher Liebe Laterne!
Hast mir so oft zum Stelldichein
Still und verschwiegen geleuchtet,
Sahest mit himmlischer Milde drein,
Wenn ich dir reuig gebeichtet.
Habe an dir in Gram und Leid
Stets einen Tröster gefunden,
Oft auch bist du zur rechten Zeit
Hinter den Wolken verschwunden.
Gälte ich etwas bei dem, der thront
Über den rollenden Welten,
Wollt' ich dir gerne, du treuer Mond,
All'...
Rudolf Baumbach
Abendfrieden
Sonne, die nun scheiden muß,
Gieb mir deinen letzten Kuß!
Wie der See im Abendhauch
Ruht mein Herz im Busen auch.
Sonne, die nun scheiden muß,
Süß' Erinnern bringt dein Kuß!
Vogelsang und Windesweh'n
Mir um meine Seele geh'n;
Rosenwolken überm Thal,
Grüßt mein Lieb viel tausendmal!
Vogelsang und Windeshauch,
Weht um ihre Seele auch!
Müde Augen fallet zu!
Fried' ist alles, alles Ruh'
Selig durch die stille Brust
Zieht ein Nachklang reinster Lust –
Müde Augen fallet zu,
Und mein...
Otto Alexander Banck
Entrückt und Nah
Entrückt und nah, belebend und doch Schein,
So seh ich, Liebste, dich vor mir errichtet.
Ein Umriß, der vor meinen Blicken flüchtet
Und dem es doch bestimmt ist, Bild zu sein.
Die Hände haben längst darauf verzichtet
Zu fassen nach Gestalt von Fleisch und Bein.
Genug zu wissen, daß du Brot und Wein
Und zartes Feuer bist, das mich belichtet.
Die Augen werden einst in Moder fallen.
Was war ich ohne dich? Ein irres Lallen,
Ein Dunkel und ein Rausch der Bitternisse.
Laß wehen...
Hugo Ball
Als ich dir sagte,
ich kann und will mich nur an einen Mann
für den Rest meines Lebens binden,
der innerlich und äußerlich frei ist;
hast du geantwortet:
"Heute ist der erste Tag
vom Rest deines Lebens!"
doch du bist weder innerlich
noch äußerlich frei.
Also müßte ich von rechts wegen tot sein.
Rose von der Au
Lerchengesang
Hast du noch einen Ton, du altes Herz,
so spann ihn auf und laß es klingen,
laß deine Liebe, deinen Schmerz
ihr volles Leid den Sternen singen.
Was hoch emporschlug, hallet tief zurück
es hallt in deinem Busen wider,
es weiß kein Lied vom Erdenglück,
von Engelwonnen singt es Lieder.
Empor, du Lerche, zur gestirnten Höh!
Was flatterst du im Erdgewimmel?
Dort klingt ein Echo für dein Weh:
Du bist vom Himmel, suche Himmel.
Ernst Moritz Arndt
Der wahre Sünder
Beim Wolkenbruch jüngst
Hat der Mesner sich gefreut:
"Jetzt kommt halt die Sintflut,
Der sündigen Leut!
Und wer nur in Lust lebt,
An Himmel net denkt,
Auf die Kirchen net hörn will,
Der wird jetzt ertränkt!"
Wies zu regnen hot aufgehört,
War er voller Leid,
Weil der Hagel verwüst hat
Sein Klee und Getreid.
Es hat sich brav gift,
Und die Bauern ham gelacht;
Denn all ihren Feldern
Hat der Hagel nichts gemacht!
"Sixt, Mesner", habens hohngelacht,
"Wie ma sich irren kann:
Brav...
Ludwig Anzengruber
Was kann er für sie thun?!?
Was kann ich für Dich thun?!?
Ich kann auf dem Spaziergang Deinen Mantel tragen – – –
ich kann Dich, wie Du gestern schliefest, fragen – –.
Ich kann, wenn man Dir widerspricht, mit meinem Blicke sagen:
"Du hast Recht, nur Du!"
Ich kann, wenn Du nicht da bist, bedrückt und kränklich sein – – – –
ich kann vor Glück erbeben, trittst Du ein – –.
Ich kann mein Opernglas Dir leihen im Theater
und Komplimente über seine Tochter machen zu Deinem Vater.
Ich kann Dir süße...
Peter Altenberg
Von wegen Schicksal
So sehr habe ich mich gefreut,
dich heute zu sehen,
dich in die Arme zu nehmen,
ganz lange und feste zu halten.
... als du da warst,
ließ es leider die Situation nicht zu.
So dringend wollte ich dir sagen,
wie sehr du mir gefehlt hast,
wie oft ich an dich gedacht habe,
wollte dich ganz lange anschauen.
... als du da warst,
ließ es leider die Situation nicht zu.
Bedrückt bin ich jetzt wieder allein.
Du bist gegangen, bis zum nächsten Mal.
... wird dann wieder
die...
Kristiane Allert-Wybranietz
An einen Freund
(du weißt schon, wen ich meine)
Als eine schillernde Kugel,
die Versprechen in sich trägt,
begegnetest du mir –
und ich berührte dich.
Von der Vielfalt deiner Farben fasziniert,
bemerkte ich nicht
die Distanz,
die du wahrtest.
Gerade als ich dir
mein Vertrauen schenken wollte,
bist du zerplatzt.
Ade, liebe Seifenblase.
Kristiane Allert-Wybranietz
Sich selbst im Weg
Es gibt Stunden, Tage,
da stehst du dir
selbst im Weg
wie eine Schranke.
Doch du gehst nicht
beiseite,
nicht einen Schritt,
um dich durchzulassen.
weil du nicht siehst,
daß du selbst
die Schranke bist,
die dir Einhalt gebietet.
Zu häufig suchen wir
woanders
nach den
Wegversperrern.
Kristiane Allert-Wybranietz