Baum Zitate (Seite 11)
Natur
Nacht fließt in Tag und Tag in Nacht,
Der Bach zum Strom, der Strom zum Meer –
Im Tod zerrinnt des Lebens Pracht,
Und Tod zeugt Leben, licht und hehr.
Und jeder Geist, der brünstig strebt,
Dringt wie ein Quell in alle Welt,
Was du erlebst, hab ich erlebt,
Was mich erhellt, hat dich erhellt.
All sind wir eines Baums Getrieb,
Ob Ast, ob Zweig, ob Mark, ob Blatt –
Gleich hat Natur uns alle lieber,
Sie unser aller Ruhestatt.
Heinrich Hart
Das Dorf im Schnee
Still, wie unterm warmen Dach,
Liegt das Dorf im weißen Schnee;
In den Erlen schläft der Bach,
Unterm Eis der blanke Schnee.
Weiden steh'n im weißen Haar,
Spiegeln sich in starrer Flut;
Alles ruhig, kalt und klar
Wie der Tod der ewig ruht.
Weit, so weit das Auge sieht,
keinen Ton vernimmt das Ohr;
Blau zum blauen Himmel zieht
Sacht der Rauch vom Schnee empor.
Möchte schlafen wie der Baum,
Ohne Lust und ohne Schmerz;
Doch der Rauch zieht wie im Traum
Still nach Haus mein Herz.
Klaus Groth
Warum denn warten
Von Tag zu Tag?
Es blüht im Garten,
Was blühen mag.
Wer kommt und zählt es,
Was blüht so schön?
An Augen fehlt es,
Es anzuseh'n.
Die meinen wandern
Vom Strauch zum Baum;
Mir scheint, auch andern
Wär's wie ein Traum.
Und von den Lieben,
Die mir getreu
Und mir geblieben,
Wär'st du dabei!
Klaus Groth
Was ein Baum ohne Laub,
was ein Kirchturm ohne Glocken,
was ein Keller ohne Wein,
eine Suppe sonder Brocken,
was ein Schiff ist ohne Segel,
was ein Anker ohne Grund,
was ein Schütze sonder Pulver,
und ein Jäger ohne Hund,
was ein Weber ohne Garn,
was ein Schlosser ohne Eisen,
was ein Bäcker ohne Mehl,
und ein Garkoch ohne Speisen,
was ein Fuhrmann ohne Wagen,
und ein Bauer ohne Feld;
dies, und zehnmal noch minder,
ist der Adel ohne Geld.
Johann Grob
Der Mensch fiel von Gott ab, die Sterne nicht,
Drum ist in Sternen Wahrheit, im Gestein,
In Pflanze, Tier und Baum, im Menschen nicht.
Und wer's verstünde still zu sein wie sie,
Gelehrig fromm, den eignen Willen meisternd,
Ein aufgespannhtes, demutsvolles Ohr,
Ihm würde leicht ein Wort der Wahrheit kund,
Das durch die Welten geht aus Gottes Mund.
Franz Grillparzer
Gingko Biloba
Dieses Baumes Blatt der vom Osten
Meinem Garten anvertraut
Gibt geheimen Sinn zu kosten
Wie's den Wissenden erbaut.
Ist es ein lebendig Wesen
Das sich in sich selbst getrennt?
Sind es zwei die sich erlesen
Daß man sie als eines kennt?
Solche Frage zu erwidern,
Fand ich wohl den rechten Sinn;
Fühlst du nicht an meinen Liedern
Daß ich eins und doppelt bin?
Johann Wolfgang von Goethe
Neues Leben
Standest jüngst noch wie verdorret,
Schlanker Baum auf stiller Au!
Deine kahlen Wipfel schwankten
Trauernd in der Nebel Grau.
Und nun prangst du tausenblütig
In dem schönsten Festtagskleid!
Neues Leben kehrte wieder
Und dahin ist Winterleid.
Stillt auch meines Herzens Sehnen
Bald ein lindes Frühlingsweh'n?
Feiert auch mein Geist beseligt
Bald ein herrlich Aufersteh'n?
Johann Philipp Glöckler
Die Raupe
Die Raupe auf dem Baume saß
Und von der Kron' die Blätter fraß.
Sie war im bunten Kleide,
Als wie von Samt und Seide,
Ein Staatsminister ging vorbei,
Der sah das Tier und rief: "Ei, ei!
Wie konnt es dir gelingen?
's geht nicht zu mit rechten Dingen!
Du unbegreiflich dummes Tier!
Ich wund're mich, drum sage mir:
Wie hast du's unternommen
Und bist so hoch gekommen?"
Und als die Raupe blieb nicht stumm,
Da wurd' er rot und dreht sich um.
Die Raupe hat gesprochen:
"Mein...
Adolf Glaßbrenner
Vorüber
O darum ist der Lenz so schön
Mit Duft und Strahl und Lied,
Weil singend über Tal und Höh'n
So bald er weiter zieht;
Und darum ist so süß der Traum,
Den erste Liebe webt,
Weil schneller als die Blüt' am Baum
Er hinwelkt und verschwebt.
Und doch! Er läßt so still erwärmt,
So reich das Herz zurück;
Ich hab' geliebt, ich hab' geschwärmt,
Ich preis' auch das als Glück.
Gesogen hab' ich Strahl auf Strahl
Ins Herz den kurzen Tag;
Die schöne Sonne sinkt zu Tal.
Nun komm', was kommen...
Emanuel Geibel
Wenn Blatt um Blatt herniedertropft
aus fernen Himmeln – leise – leise –
kein Baum und Strauch mehr für sich hofft,
dann naht die letzte, große Reise
aus diesem Land in fremdes Land.
Verstohlen – heimlich in der Nacht
winkt der Gefährte mit der bleichen Hand,
und seines Atems Wehn entführt dich leise.
Carl Peter Fröhling
So übermütig sinken die Flocken
des Schnees und so dicht,
daß sie den Baum verdrängen
und jedes Ding, das in den Weg sich stellt.
O wunderlicher Abgrund,
in den die Welt versinkt
und nicht mehr von sich weiß,
wie sie einst war,
und nur noch fühlt,
wie sie sich wirbelnd
ineinander schlingt,
gestaltlos in sich selbst
ertrinkt.
Carl Peter Fröhling
Daß nur ein Gast ich bin
auf dieser Erde,
es will mir mehr und mehr
zum Troste werden.
Seh ich die Wolke und das Gras, den Wind,
den Busch, den Baum und dich, du Menschenkind,
den Frühling und den Herbst
und aller Dinge Ende,
so seh‘ ich, daß auch meine Frist
schon bald zerronnen ist
und ruhet dann in Deinen Händen.
Carl Peter Fröhling