Augen Zitate (Seite 23)
Der Atheist
hat ein Bild von ›Gott‹,
das er negiert.
Der Fanatiker
hat eines, mit dem er sich
die Augen tapeziert.
Der Gläubige
vertraut einem Bild,
das ihm vom eigenen Herzen
oder von anderen
anvertraut ist.
Der von Liebe Erleuchtete
schaut das wahre Selbst.
Er lebt im bildlosen
Flüstern des Windes
und atmet Sonne
aus jedem Regentropfen.
Peter Horton
Wortspiel der Liebe
Ich hab mich nicht verschossen,
ich hab ins Schwarze getroffen,
ich trage keine rose Brille,
ich sehe klarer denn je.
Du hast mir nicht mein Herz gestohlen,
du füllst es,
du raubst mir nicht die Sinne,
du bereicherst sie.
Du nimmst mir nicht den Verstand,
du verstehst,
du nimmst mich nicht,
du gibst dich.
Die Liebe zu dir macht nicht blind,
sie öffnet Augen,
Ich hab mich nicht verliebt,
ich liebe ganz bewußt.
Claudia Horn
Ich
Schönes,
grünes, weiches
Gras,
Drin
liege ich.
Inmitten goldgelber
Butterblumen!
Über mir...warm...der Himmel
Ein
weites, schütteres
lichtwühlig, lichtblendig, lichtwogig
zitterndes
Weiss,
das mir die
Augen
langsam...ganz...langsam
schließt.
Wehende...Luft...kaum merklich
ein Duft, ein
zartes...Summen
Nun
bin ich fern
von jeder Welt,
ein sanftes Rot erfüllt mich ganz,
und
deutlich...spüre ich...wie die
Sonne
mir durchs Blut
rinnt.
Minutenlang.
Versunken
alles...Nur...
Hermann Oscar Arno Alfred Holz
Andachtsvoll, mit feuchten Augen
Und in nie gefühlter Lust
Leg' ich still zum erstenmale
Meinen Knaben an die Brust.
Nimm mich ganz, geliebter Knabe!
Trink mein Leben, trink mein Blut,
Trink meiner Seele Feuer
Meines Herzens reine Glut!
Glücklos müßte hier mein Fühlen
Funke hier und Knospe bleiben!
Soll, in dich hinüberströmend,
Flamme werden, Blüten treiben.
Mia Holm
Schicksalslied
Ihr wandelt droben im Licht
auf weichem Boden, selige Genien!
Glänzende Götterlüfte
Rühren euch leicht,
Wie die Finger der Künstlerin
Heilige Saiten.
Schicksallos, wie der schlafende
Säugling, atmen die Himmlischen;
Keusch bewahrt
In bescheidener Knospe,
Blühet ewig
Ihnen der Geist,
Und die seligen Augen
Blicken in stiller
Ewiger Klarheit.
Doch uns ist gegeben,
Auf keiner Stätte zu ruh'n:
Es schwinden, es fallen
Die leidenden Menschen
Blindlings von einer
Stunde zur...
Johann Christian Friedrich Hölderlin
Amanda, liebstes Kind,
Du Brustlatz kalter Herzen,
Der Liebe Feuerzeug,
Goldschachtel edler Zier,
Der Seufzer Blasebalg,
Des Trauerns Löschpapier,
Sandbüchse meiner Pein,
Und Baumöl meiner Schmerzen,
Die Speise meiner Lust,
Du Flamme meiner Herzen.
Nachtstülchen meiner Ruh
Der Poesie Clystier
Des mundes Alicant
Der Augen Lustrevier
Der Complimenten sitz
Du Meisterin zu schertzen
Der tugend Quodlibet
Calender meiner Zeit
Du Andachts-fackelchen
Du quell der Fröligkeit
Du tieffer abgrund du
Voll...
Christian Hofmann von Hofmannswaldau
Wie dürftig scheint dem Menschen das Gelücke.
Die Dornen pflastern seine Bahn,
er spürt mehr Blitz als Sonnenblicke
und rührt gar selten Rosen an.
Die Wiege blüht nicht ohne heiße Tränen.
die Jugend lernt mit Fallen gehn.
Sie muß sich halb verbrennen, halb versehnen
und zwischen Sturm und wilden Klippen stehn.
Wir betten uns auf Dornen und auf Spitzen
und stören unsre Ruh und Lust.
Läßt uns der Feind gleich sicher sitzen,
so tobt der Feind in unsrer Brust.
Die größte Not wächst uns aus eignen...
Christian Hofmann von Hofmannswaldau
Kleine Erinnerungen
Deine kleine Schwester
Hat ihre offenen Haare
Wie einen lebendigen Schleier,
Wie eine duftende Hecke
Vornüberfallen lassen
Und schaut, mit solchen Augen!
Durch einen duftenden Schleier,
Durch eine dunkle Hecke ...
Wie süß ists, nur zu denken
An diese kleinen Dinge.
An allen sehnsüchtigen Zweigen
In deinem nächtigen Garten
Sind Früchte aufgegangen,
Lampions wie rote Früchte,
Und wiegen sich und leuchten
An den sehnsüchtigen Zweigen,
Darin der Nachtwind raschelt,
In deinem...
Hugo von Hofmannsthal
Kindergebet
Lieber Gott und Engelein,
Laßt mich gut und fromm sein
Und laßt mir mein Hemdlein
Recht bald werden viel zu klein.
Laßt mich immer weiter gehn,
Viele gute Menschen sehn,
Wie sie aus den Augen sehn,
Laßt sogleich mich sie verstehn.
Und mit ihnen fort und fort
Freuen mich an gutem Ort,
Und zur Zeit der Einsamkeit
Gibt, daß Sternenglanz mich freut.
Hugo von Hofmannsthal
Nimm dich in acht!
Seltsame Kreise
Spinnen sich leise
Aus klagenden Augen
Und sie saugen
An deinem Glück!
Einen Andern
Hätten die Kreise
Golden umgeben,
Kraft ihm entzündend,
Liebe verkündend;
Dich aber quälen sie,
Schweigend erzählen sie
Dir von Entbehrung,
Die du verschuldet hast,
Dir von Entehrung,
Die du geduldet hast,
Und von Wünschen, unerfüllbar,
Und von Sehnsucht, die unstillbar
Ihr betrognes Herz durchbebt,
Wie die Ahnung des Verlornen,
Die um blasse Kinderwangen...
Hugo von Hofmannsthal
Wir sind aus solchem Zeug wie das zu Träumen,
Und Träume schlagen so die Augen auf,
Wie kleine Kinder unter Kirschenbäumen,
Aus deren Krone den blassgoldnen Lauf
Der Vollmond anhebt durch die grosse Nacht.
Nicht anders tauchen unsre Träume auf.
Sind da und leben, wie ein Kind, das lacht,
Nicht minder gross im Auf- und Niederschweben
Als Vollmond, aus Baumkronen aufgewacht.
Das Innerste ist offen ihrem Weben,
Wie Geisterhände im versperrten Raum
Sind sie in uns und haben immer...
Hugo von Hofmannsthal
Im Schneegestöber
Schneewehen! Verdrossenen Blicks seht ihr nur Flecken,
aber meine Augen werden groß und frohlocken:
Rudel milchweißer Pferde!
Mit wehendem Schweif und wallender Mähne,
die elfenbeinernen Zähne
bleckend zum Freudengeschrei,
jagen sie, rasen sie über die Erde.
Stiebend! Vorbei!
Fridolin Hofer
Waldstimme
Wie deine grüngoldenen Augen funkeln,
Wald, du moosiger Träumer!
Wie so versonnen deine Gedanken dunkeln,
Saftstrotzender Tagesverträumer,
Einsiedel, schwer vom Leben!
Über der Wipfel Hin- und Wiederschweben:
Wie's Atem holt
Und näher kommt
Und braust,
Und weiter zieht
Und stille wird
Und saust!
Über der Wipfel Hin- und Wiederschweben
Hoch droben steht ein ernster Ton,
Dem lauschen tausend Jahre schon,
Und werden tausend Jahre lauschen.
Und immer dieses starke, donnerdunkle Rauschen.
Peter Hille