Alleine Zitate (Seite 22)
Das Lied vom Schein
Bunter Kerzen heller Schein,
lichti, leuchti, lorium,
zählt nur für die Kinderlein.
Alles sonst Brimborium!
Heute zählt oft nur der Schein,
glitzi, glänzi, glorium,
grell und laut und bloß nicht klein.
Alles sonst Brimborium!
Schließlich zählt ein andrer Schein,
pinke, panke, plorium,
in der ganzen Welt allein.
Alles sonst Brimborium!
Fritz-J. Schaarschuh
Weihnachtsmetamorphose
Aus der Schonung
in die Wohnung:
Weihnachtsbaum –
Festtagstraum!
Möbel rücken,
Bäumchen schmücken.
Stille Nacht,
Schnee fällt sacht.
Und im Zimmer
Kerzenschimmer.
Weihnachtszeit –
Friedsamkeit.
Jahreswende
Bäumchens Ende.
Bleibt allein
froher Schein.
P.S.
Und von Herzen
mag ich scherzen:
Dein Gesicht
sei mein Licht!
Fritz-J. Schaarschuh
Du
Manchmal fühle ich dich hinter mir stehen,
doch wenn ich mich umdrehe,
bist du nicht da.
Manchmal denke ich, ich wäre ganz allein,
doch dann fühle ich,
du stehst hinter mir.
Doch wo du auch bist,
immer habe ich Angst,
dich zu verlieren
Wie gern würde ich diese Angst
eintauschen
gegen dich.
Stephan Sarek
Beschluß
Doch drückt ihn nicht die Plage mehr,
So lebt er sündig wie vorher;
Jedoch wo er sieht andre Leute
In gleichen Lastern liegen heute,
Schreit über sie er Weh und Ach.
Doch säh' er bei sich selber nach,
So fänd' er hundertfältig mehr,
Darin er wider Treu' und Ehr'
Gehandelt hat; doch birgt er's fein.
Ehrlicher wär', daß er allein
Den Balken zög' aus seinen Augen:
Dann würd' es ihm auch billig taugen,
Daß er auch zög' dem Nächsten sein
Aus seinem Aug' das Splitterlein.
Hans Sachs
Unmut
Freilich, freilich, alles eitel,
Alles Trug und Schein –
Ach, wie bald ergraut der Scheitel,
Und du stehst allein!
Deine Hoffnungen und Taten
Hat die Zeit gefällt,
Und du siehest neue Saaten
Ohne dich bestellt.
Und du fragst zuletzt mit Grollen:
Hab' ich nur gelebt,
Um der rauhen Hand zu zollen,
Die die Gräber gräbt?
Ferdinand von Saar
Sonntag
Wie lieb' ich es, an Sonntagnachmittagen
Allein zu sitzen im vertrauten Zimmer;
Durchs Fenster bricht der Sonne heller Schimmer,
Das Buch vergoldend, das ich aufgeschlagen.
Die Straßen; es rollen keine Wagen;
Des Marktes Lärm verstummt, als wär's auf immer,
Und all des Sonntagsstaates bunter Flimmer,
Er ward hinaus in Wald Flur getragen.
Verlassen fühlt sich, wer zurückgeblieben,
Und manches schöne Auge blickt verdrossen,
Und manche Wünsche unerfüllt zerstieben.
Es ruht das Leben, wie...
Ferdinand von Saar
Wenn dich Familienbande fest umstricken,
So darf dein Geist nach Freiheit nicht mehr blicken.
Die Sorg' um Kinder, Kleidung, Nahrung, Geld,
Zieht dich zurück vom Weg zur Geisteswelt.
Den ganzen Tag hab ich mir vorbedacht,
Mit Gott nur umzugehn die ganze Nacht,
Allein beim Beten konnt ich nicht vergessen:
Was werden meine Kinder morgen essen?
Saadî
Die Jungfrau Lore Ley
Die Jungfrau Ley macht' einst Furore,
sie war recht hübsch und sie hieß Lore
und saß schon jahrelang allein
auf einem Stein, hoch über'm Rhein.
Sie winkte allen Fahrensleuten,
die sich natürlich drüber freuten,
sie kämmte sich, das war so Brauch
und sang dazu, das Schiff sank auch.
So brachte sie durch Händewinken
schon manchmal manches Schiff zum Sinken,
das tauchte dann auch im Verlauf
der ganzen Zeit nie wieder auf.
Und die Moral von dem Gedicht:
Wenn jemand winkt,...
Edmund Ruhenstroth
Finisterre
Und plötzlich sind uns die Begleiter fremd
an unserem nicht ermattenden Geist hilflos gewordene Engel,
wenn sie hastig die sinnlos zuckenden Herzen wollüstig umklammern,
würgen, bis sie stillstehen, versteinern,
Und ein tiefer Schub uns bis anhin Verborgenem in den Adern pocht,
weil wir ringen, mit ihrer hohen Angst,
verächtlich, weil allein zu sein,
bis sie fallen, die Bilder bersten,
Schmerzen ziehen
wie Nebel
Peter Rudl
ungefährdet
der Junge schwört dümmlich
und die ungeheuerlich Angetrunkene
öffnet ihre verschwitzte Bluse
schwer Hängendes
Gewebeschwäche
der hochauflösende Zoom
entwickelt ihren Damenbart
und die Jungen
fläzen sich in dem ungeheuerlichen
Geruch aus Schweiß, Bier
und übersäuertem Fleisch
für eine Flasche mehr doch
schluckt sie alles
Leben übergibt sich
bleibt liegen
verschwindet, verdauert
wird verdaut
Vergessen
das allein zählt
Peter Rudl
O glaube nicht, daß du nicht seiest mitgezählt;
Die Weltzahl ist nicht voll, wenn deine Ziffer fehlt.
Die große Rechnung zwar ist ohne dich gemacht,
Allein du selber bist in Rechnung mitgebracht.
Ja mitgerechnet ist auf dich in alle Weise;
Dein kleiner Ring greift ein in jene größeren Kreise.
Zum Guten, Schönen will vom mangelhaften Bösen
Die Welt erlöst sein, und sollst sie mit erlösen.
Vom Bösen mache dich, vom Mangelhaften frei;
Zur Güt' und Schöne so der Welten trägst du bei.
Friedrich Rückert
Weltklugheit
Weltklugheit rät dir an: Verachte keinen Mann!
Du weißt nicht, wie er dir noch nützen, schaden kann.
Die Liebe gibt dir ein: Lieb alles, groß und klein!
Der höchsten Liebe wert wirst du dadurch allein.
O sieh, den Streit der Welt versöhnt ein Gotteshauch!
Wer Himmelsliebe hat, der hat Weltklugheit auch.
Friedrich Rückert
Unsterblichkeit ist nicht der Zukunft aufgespart,
Unsterblichkeit ist im Gefühl der Gegenwart.
Du wärst nicht, der du bist, in diesem Nu der Zeit,
Wenn du derselbige nicht wärst in Ewigkeit.
So bald du denken willst, du wärest nicht mehr einst:
So fühlst du, daß du dich insoweit selbst verneinst.
Verneine nur dies Nein! dazu hast du empfahn
Des Geistes Kraft allein, dich ewig zu bejahn.
Friedrich Rückert