Allein Zitate (Seite 20)
Reinigung
Lösche alle deine Tag' und Nächte aus!
Räume alle fremden Bilder fort aus deinem Haus!
Laß Regendunkel über deine Schollen niedergehn!
Lausche: dein Blut will klingend in dir auferstehn! –
Fühlst du:
schon schwemmt die starke Flut dich neu und rein,
Schon bist du selig in dir selbst allein
Und wie mit Auferstehungslicht umhangen –
Hörst du: schon ist die Erde um dich leer und weit
Und deine Seele atemlose Trunkenheit,
Die Morgenstimme deines Gottes zu umfangen.
Ernst Maria Richard Stadler
Die Sängerin
Im Traume wars. Ein Pilgerschwarm
Von Männern und von Frauen zog
Durch meine Heimat Hand in Hand,
Lobsingend einen süßen Psalm.
Im letzten Gliede schreitend folgt
Ich selig der verwandten Schar.
Da schwang durch den harmonischen Chor,
Vom Haupt des Zuges, unsichtbar
sich eine Stimme jung und frisch
Und klar, weithin Gebirg und Tal
Vergoldend mit dem sonnigen Sang.
Allein die Stimme jauchzte falsch,
Im Tone hinkend und im Takt.
Und ob dem wundersamen Sang
So schön, so innig und so...
Carl Spitteler
Doch Lieb, in Frauenaugen erst gelernt,
Lebt nicht allein, vermauert im Gehirn,
Nein, mit der Regung aller edler Geister
Strömt sie gedankenschnell durch jede Kraft
Und zeugt jedweder Kraft zwiefache Kraft,
Weit höher als ihr Wirken und ihr Amt.
Die feinste Schärfe leiht sie dem Gesicht:
Wer liebt, des Auge schaut den Adler blind!
Wer liebt, des Ohr vernimmt den schwächsten Laut.
William Shakespeare
Dichterlos
Wer einmal nur in Versen sprach,
Dem folgt das Unglück ewig nach,
Denn was er auch in Zukunft spricht,
Der Welt dünkt alles ein Gedicht.
Wenn warm sein Herz für Tugend glüht,
Ein göttlich Feuer aus ihm sprüht,
Singt er von Gott, von Recht und Pflicht,
Der Welt dünkt alles ein Gedicht.
Und gibt sein liebeheißer Mund
Die seligsten Gefühle kund,
Ich liebe Dich! – Man glaubt ihm nicht,
Hält seine Liebe für Gedicht.
Und foltert ihn der Sehnsucht Pein,
So klagt und weint er ganz...
Berthold Sengschmitt
Im Sommer
O komm mit mir aus dem Gewühl der Menge,
Aus Rauch und Qualm und tobendem Gedränge,
Zum stillen Wald,
Dort wo die Wipfel sanfte Grüße tauschen,
Und aus der Zweige sanft bewegtem Rauschen
Ein Liedchen schallt.
Dort zu dem Quell, der durch die Felsen gleitet
Und dann zum Teich die klaren Wasser breitet,
Führ ich dich hin.
In seinem Spiegel schau die stolzen Bäume
Und weiße Wolken, die wie sanfte Träume
Vorüberziehn.
Dort laß uns lauschen auf der Quelle Tropfen
Und auf der...
Heinrich Seidel
Dämon der Gewalt
Die Welt ist grau
an jedem Tag
Ruheloses Hetzen durch Tag
und Nacht
das Schiff wird untergehen.
Das Grauen erschüttert
bei jedem Schlag
Die Religion verliert den
Hoffnungsschein
die Rotte Korah geht umher.
Die Reserve heraus
ins Feld geschickt
den Angriff vertagt und wieder
abgelenkt
der Frust allein
beherrscht das Geschehen.
Was versteht Ihr schon.
Ladore de Schygall
Es wohnt ein Gott hoch über unserm Kreise,
Ein Gott der Huld, ein starker Gott der Macht.
Er ist allein der Ordnende, der Weise,
Er wohnt im Licht und weiß, was er vollbracht.
Mag wunderbar das dunkle Schicksal walten,
Er wird es hell und freundlich einst entfalten,
Denn er ist Gott, und unten wohnt die Macht.
Ernst Schulze
Wo ist der Mann von also hohem Glücke,
Der so sich könnte rühmend überheben:
"Ich geh' allein in eigner Kraft durch Leben,
Des Stabes nicht bedürftig, noch der Krücke."
Das Thongefäß von kurz belebtem Staube,
Der arme Mensch, er hat im Weltgetriebe
Zu Stützen nötig vor des Schicksals Raube:
Den Baum des Glaubens, trotzend jedem Hiebe,
Der Hoffnung Stab von immergrünem Laube,
Die Hand der Freundschaft und den Arm der Liebe!
J. Schrott
Heiligabend
Park und Straßen,
still, verlassen.
Jeder ist
bei sich zu Haus.
Ein Trinker irret
durch die Gassen;
findet nicht mehr
ein noch aus.
Schon schlägt er laut
an fremden Türen,
-Ach, mein Liebling,
laß mich rein.-
Hunde knurren,
Menschen murren,
-Geh bloß fort;
laß uns allein.-
Und er irret
trunken weiter.
Und der Schnee,
er rieselt sacht.
Bald begräbt er
uns'ren Trinker,
in der stillen,
heil'gen Nacht.
Manfred Schröder
Gedankentief
Es ist spät.
Ich sitz' mit meinem Hund
im Garten.
Und über uns
des Himmels Sternenpracht.
Ich denke tief und seufze.
Woher?
Wohin?
Warum?
Und was denkst du, Rilke?
Der blickt schräg aus seinen Augen.
Steht dann auf,
pinkelt mir ans Hosenbein
und schleicht sich
grinsend dann davon.
Es ist spät.
Ich sitz' allein im Garten.
Manfred Schröder
Francois Villon
Ich bin im Whiskeyfaß ertrunken.
Jetzt schwimm ich munter, wie ein Fisch.
Hier unten gibt es nur Spelunken,
und nie sitz ich allein am Tisch.
Hier gibt es keinen Wirt, der fagt,
ob ich noch einen Cent in meiner Tasche habe.
Manchmal kommt die Heilsarmee und singt ganz unverzagt,
und bittet um eine kleine, milde Gabe.
Manfred Schröder
Der Herr hat Erbarmen
Sein Mund war nie geschlossen.
Er redete von Flöhen bis zur hohen Politik.
Sein Senf glänzte auf fast allen Würstchen;
und manchmal tat er's mit Geschick.
Und all' die and'ren Münder,
zum Himmel klagten sie.
-Oh Herr, hab Erbarmen.
Von alleine endet dieses nie. –
Und der Herr im hohen Himmel,
verstand wohl ihre Not.
Und mit einem Lächeln,
Einhalt er gebot.
Und der Mann im schnellen Worte;
tot fiel er plötzlich um.
Und war zum ersten Male,
zum ersten Male stumm.
Manfred Schröder