Zitate
An eine Nein-Sagerin
Noch leben wir, noch ist die große Nacht
Nicht über uns gekommen,
Noch, liebes Herz, ist's nicht vollbracht:
Der Augenblick – er wird vielleicht nicht wieder kommen.
O pflück die Rose, pflück die reife Frucht:
Das ist der Reife Loos.
Im Buch der Welt steht jede Tat gebucht,
Die frei und groß.
Im Buch des Lebens, glaub mir, liebes Weib,
Wird Bürgertugend nicht gebucht.
Hier gilt nur eins: Wag deinen Menschenleib!
Weit besser als ein Lob ist ein – "Verflucht!"
Ludwig Scharf
Tode
Ich möchte nicht auf einem weichen Bette
Mit Gott und der Welt versöhnt den Geist verhauchen:
Der schöne Bürgertod, die sanfte Schlummerstätte
Kann wenig nur für Tunichtgute taugen.
Auch möcht ich nicht den Tod des Wüstlings sterben,
Der ungern, angstzerquält von hinnen geht,
Verzweifelt, – und verflucht von armen Erben,
Krampfhaft sich klammernd an ein Reugebet.
Ich möcht als Krieger blutverspritzend sterben,
– Im Feld der Ehre nah' der letzte Hieb! –
Und sterbend noch um Ruhm und...
Ludwig Scharf
Der Herbsthund
Der Herbsthund, der im Walde lebt
– Aus lauter dürrem Laub sein Fell –
Er füllt, wenn Blatt um Blatt verschwebt,
Die Luft mit heiserem Gebell.
Er sitzt und kläfft die Bäume an,
Bis jeder ihm sein Laub beläßt,
Und springt in seinem irren Wahn
Von Nord nach Süd, von Ost nach West.
Der Herbsthund, der im Walde wohnt,
Er heult oft fort die ganze Nacht,
Indeß sein bleicher Freund, der Mond,
Durch immer kahlres Astwerk lacht.
Und wer den Herbsthund je gesehn,
Dem wird nicht wohl mehr...
Ludwig Scharf
Komm du süßer heiliger Schlaf ...
Komm du süßer heiliger Schlaf,
Wunderkind aus besserer Welt,
Drück mir leis die Augen zu,
Die noch Wehmut offenhält.
Komm du silberklarer Mond,
Komm aus dunkler Wolke für:
Wirf den bleichen Leichenschein
Auf die Fieberwange mir.
Dort im Thal, wo's Wasser rauscht,
Hat sie mir ihr Leid vertraut:
Streue Mond dein Totenlicht
Auch aufs Haupt der ärmsten Braut.
Dann wach auf du Geist des Traums,
Laß mich zwei Gebeine sehn,
Die in dunkler Gruft vereint
In ihr...
Ludwig Scharf