Zitate
Nicht jeder Gedanke ist gedanklich korrekt, nämlich frei vom mosaischen Müssen, frei vom Zwang, Gott zu lobpreisen, opferwütig zu werden, solidarisch zu denken, alles mit jedem zu teilen und hoch über Not und Gebot trotzdem glücklich zu sein. Gedanken können sehr ungerecht sein, hauptsächlich jene, die man uns gesellenhaft aufdrängt. Sie treiben uns in die Klauen des bösen Gewissens, indem sie uns zwingen, alles und jedes dialektisch zu sehn.
Billy
Unter Affaire versteht man in Frankreich das Kulinarische des Schicksals. Der Connaisseur läßt das Hirn nie allein denken, er denkt mit Auge Nase Zunge und mit den Spitzen der Finger – das hat er in seiner Kindheit gelernt, beim Frühstück oder beim Vespern, hier überaus sinnvoll »goûter« genannt.
Billy
Denken, wie ich es verstehe, ist was Ähnliches wie Pochen Klatschen Trommeln. Denken ist ein Lärm, der Freude macht oder Ärger verbreitet – Denken ist die Entfachung eines Gefühls. Nur wer denken kann, ist auch fähig zu fühlen. Es ist wahrlich kein Zufall: in Frankreich, dem Vaterland von Verstand und Vernunft, sind Sensibilitäten verträglicher als irgendwo sonst auf der Welt.
Billy
Sätze treten für ein paar Augenblicke aus dem Dunkel der Seele heraus, tun ein paar Schritte ins Vakuum des menschlichen Denkens - und schon sind sie weg, ohne Gruß, ohne Abschied, verschwunden in unserem Gedächtnis. Wenn wir sie später mal zufällig treffen, begegnen sie uns als Geist unter Geistern - von ihrem weltlichen Auftritt ist nicht die kleinste Spur übrig geblieben.
Billy
Kein Wunder, daß selbst die Hofnarren der Schöpfung, die Spieler und Spötter, eigentlich nur noch an Tod und Untergang denken, geschweige denn die Dichter und Denker, deren herrlichste Gedanken in die Wirklichkeit übersetzt worden sind: Brauchbarkeit ist das Ding, das ökonomisch inspirierten Völkern am besten gefällt – nichts läßt sich so smart vermarkten wie ein Gedanke, der dem Sinn einen Zweck gibt oder dem Zweck einen Sinn.
Billy
Aphorismen haben eine Menge Erfahrung mit Päpsten und getöteten Menschen – sie sind scheu wie ein Tier und verkriechen sich so tief wie möglich in die höhlenartigen Verwindungen unseres Denkens. Das Dümmste, was einem Aphorismus passieren könnte: ehrerbietig sein, hilfsbereit und mit einem Nachbarn befreundet.
Billy
Wenn Gedanke und Gefühl sich insgeheim unterhalten, spricht der Fachmann vom Geist. »Geist« ist ein großes Wort, »Gefühl« ist eines der kleinsten und »Denken« ist eines der schönsten und kräftigsten – denn was ist ein Denken schon wert, in das man sich nicht augenblicklich verliebt oder verfängt?
Billy