Zitate
Ich mache mir jeden Tag Komplimente über den richtigen Instinkt, der mich nach Vöslau gehen ließ, Du glaubst nicht, wie schön es hier im Walde ist - in der jetzigen Jahreszeit nämlich, denn im Hochsommer muß die Hitze unleidlich sein. Jetzt aber haben wir wunderschöne Tage, milde Lüfte, und ich brauche mich nicht beständig vor einer Erkältung zu fürchten.
Betty Paoli
An einem Frühlingsmorgen
Mir hat die Nacht nicht Schlummer,
Erquickung nicht gebracht!
Allein mit meinem Kummer
Hab' ich sie still durchwacht.
Gottlob! nun seh' ich blinken
Des Morgens dämmernd Grau,
Und alle Blumen trinken
Den milden Segensthau.
Es wenden meine Blicke
Sich hoffend himmelwärts -
Mit deinem Thau erquicke,
O Herr! auch dieses Herz.
Betty Paoli
Letztes Gedicht
Wenn quälend mich die Angst beschleicht,
Mein Teuerstes auf Erden,
Mein Liebstes könnte mir vielleicht
Einst noch entrissen werden;
Dann tröstet der Gedanke mich:
»Weshalb davor erbeben?
Dies große Leid vermöchte ich
Ja nicht zu überleben.«
Die Hoffnung, die sich in dir regt,
Bevor du ihrer dich entschlagen,
Daß keinem werde auferlegt
So viel als er kann tragen.
Wie groß das Leid, wie tief die Not,
Du wirst dich d'rein ergeben,
Und was dir bitt'rer als der Tod,
Du wirst es...
Betty Paoli
Das befreiende Wort
Ein Wort hab' ich erkoren,
Das in der Lebensschlacht
Ein Schutz, stets unverloren,
Mich hieb- und schußfest macht.
Man lernt es nur mit Schmerzen,
Doch wer's erlernen kann,
Der preist in seinem Herzen
Das Wort: was liegt daran?!
Wenn Falsches und Verkehrtes
Die Welt von ihm ersinnt,
Ein Mann, bar jedes Wertes,
Den Rang ihm abgewinnt.
Wenn ihn die blöde Menge
Belegt mit Acht und Bann,
Ihn bringt's nicht in's Gedränge –
Er denkt: Was liegt daran?!
Nah'n ihm des Alters...
Betty Paoli
Der Versucher
»Was du von dieses Berges Zinnen
Erschaust im weitgedehnten Kreis,
Durch meine Gunst kannst du's erringen,
Und, wahrlich, um geringen Preis.
Ich trage dich zu Ruhm und Ehre
Empor mit meines Fittichs Schwung!
Du fragst, was ich dafür begehre?
Nichts als nur deine Huldigung.
Jedwedes Ziel magst du erstreben,
Wenn du vor mir die Kniee beugst,
Und mit der Ehrfurcht scheuem Beben
Für meine Oberhoheit zeugst.
Dein sei das Maß der Herrlichkeiten,
So lang du mir zu Willen bist!«
Der...
Betty Paoli
Die Vergangenheit
Mir ist als legten leise
Sich Nebel um mich her,
Vom bunten Menschenkreise
Mich scheidend mehr und mehr.
Erinnerungen sind es,
Aus Lust und Leid gewebt,
Die man, will's ein gelindes
Geschick, mit mir begräbt!
Mir ist, als brauste, grollte
Um mich ein Ocean,
Den ich, wie gern ich wollte
Nicht überbrücken kann.
Dieß Meer, deß banger Klage
Die Seele träumend lauscht,
Es sind die fernen Tage,
Die an mir hingerauscht!
Vereinsamt im Gewühle,
Das rastlos drängt und...
Betty Paoli
Im Winter
Wiesengrund und Bergeshöh'
Liegen wie begraben,
Auf dem schimmernd weißen Schnee
Tummeln sich die Raben.
Mag die Sonne auch ihr Licht
Fernehin entsenden,
Es erquickt und wärmet nicht,
Kann nur schmerzlich blenden.
Dicht vor meinem Fenster steht
Eine schlanke Linde,
Mit Demanten übersä't
Stöhnet sie im Winde.
An die Scheiben pocht sie leis',
Leis' wie Glöckchen läuten;
Was sie sagen will, ich weiß
Mir es wohl zu deuten.
Arme Linde! Tag und Nacht
Scheinst du mir zu klagen:
»Dürft ich...
Betty Paoli
Ihr nennt mich stolz?
Ihr nennt mich stolz? Wer hat mich so gemacht?
Ihr selbst, die mich betrogen und verrathen!
Die Regung, die ihr schmäht, ist erst erwacht,
Als ich mein Thun verglich mit euern Thaten!
Ihr nennt mich stolz? O wüßtet ihr wie gern
Und freudenvoll der starre Stolz verschwände,
Vor einem Menschen, der, ein lichter Stern,
Hoch über mir und meinem Wesen stände. –
Betty Paoli
Elend, wahrhaft elend ist,
Der selbst vom Schmerz verstoßen,
Der, da die Lust ihn doch nicht grüßt,
Vom Gram selbst ausgeschlossen;
Deß Nacht nicht schwarz, deß Tag nicht klar,
O der ist elend, ist's fürwahr!
Den kein Verlangen mehr bewegt,
Kein schmerzenfreudig' Sehnen,
Deß Busen keinen Wunsch mehr hegt,
Deß Auge ohne Thränen. –
Ja elend, elend sicherlich
Ist Jeder, der so ist wie ich.
Betty Paoli
Gieb es auf!
Gieb es auf, mir deine Pein,
Stolzen Sinnes, zu verhehlen!
Andre täuschen mag der Schein,
Doch nicht schmerzverwandte Seelen!
Diese sind, ob auch ihr Bund
Fremdem Aug' nicht sichtbar scheine,
Auf dem weiten Erdenrund
Eine mystische Gemeine.
Wer an seines Glückes Bahr'
Hielt die ernste Todtenwache,
Zählt zu der geweihten Schaar,
Und versteht des Schmerzens Sprache.
Und die Brüder kennen sich
An geheimen Ordenszeichen,
Wenn sie, wie jetzt du und ich,
Still bewegt die Hand sich...
Betty Paoli
Lieder
Mein ganzes Sein
Ist eine Wunde!
Gedenkst du mein
Zu dieser Stunde?
Fühlst du den Kuß,
Den ich die sende?
Den Abschiedsgruß
Vor nahem Ende?
Und ahnst du, sprich!
Die Glut der Seele,
Mit der ich dich
Dem Herrn empfehle?
Und weißt du auch,
Was ich singe,
Ein Opferhauch,
Den ich dir bringe?
In wilder Pein
Flammt meine Wunde!
Gedenkst du mein
Zu dieser Stunde?
Betty Paoli
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