Zitate
Ich reiße dich aus meinem Herzen,
Aus meinem Leben reiß ich dich,
Denn wie ein heimlich schleichend Fieber
Zehrst du an mir und tötest mich.
In jedem Tag, in jede Stunde
Schleicht dein geliebtes Bild sich ein,
Und ob ich zitternd dir entfliehe
In Lust und Lärm – du holst mich ein.
Mein eigen Blut hat sich verschworen,
Mit dir im Bunde gegen mich –
Es braust und tobt mir in den Adern:
– Ich liebe dich… ich liebe dich. –
Anna Ritter
Geh vorüber!
Das Sonnenlicht kommt durch's Fenster geflogen,
Küßt mich und lacht:
»Guten Morgen!«
»Ach, liebes Licht,
Rufe doch nicht,
Siehe, die Sorgen
Schlafen ja noch!
Willst du sie wecken,
Daß sie mich schrecken?
Spät erst hat sie die gütige Nacht
Singend und schmeichelnd zur Ruhe gebracht.
Da hab ich geschlafen und träumte so schön:
Von lachenden Kindern, von Sonne und Veilchen ...
Willst du nicht noch ein zögerndes Weilchen
An meiner Kammer vorübergehn?«
Anna Ritter
Unbegehrt
Es stand eine Rose im tief tiefen Grund
Von Liebe und Sehnsucht durchglühet,
Kam Keiner, der ihre Schönheit begehrt,
Ist einsam und traurig verblüht.
Ich weiß eine Seele, die glühte so heiß,
Die Liebe, das Glück zu umfangen,
Kam Keiner, der ihre Blüte begehrt,
Ist einsam zu Grunde gegangen.
Anna Ritter
Liebe
Leise wie ein Hauch,
Zärtlich wie ein Lied,
Furchtsam wie der Schatten,
Und so treu doch auch –
Arme kleine Liebe,
Die ich hart verstieß,
Die ich oft des Tages,
Zürnend von mir wies,
Stehst du nun zur Nacht,
Stehst vor meiner Tür,
Rufst mit süßer Stimme,
Bis ich aufgemacht?
Arme kleine Liebe,
Hast nun doch gesiegt,
Daß dir meine Seele
Still zu Füßen liegt.
Anna Ritter
Wehe Liebe
Du sagst, ich sei jung –
Das nimmt mir die Ruh,
Du sagst, ich sei schön –
Ich weine dazu!
Was soll mir die Jugend,
Ich bin ja allein,
Was taugt mir die Schönheit -
Sie ist ja nicht dein!
Ich habe dich lieb –
Du fühlst nicht, wie sehr,
Ich trage ein Leid –
Du weißt nicht, wie schwer !
Ich hatte ein Hoffen,
Das ist nun todt…
Ach, Gott,
Erbarm' dich meiner Noth!
Anna Ritter
Auf der Schwelle
Wie regt des Abends
verliebter Hauch
so sanft die Wellen
und Busch und Strauch,
drückt weiche Falten
in mein Gewand
und hebt mir schmeichelnd
das Gürtelband.
Ein Gruß ... ein Seufzer ...
ein heimlich Wehn –
ward nicht gesprochen,
ist nichts geschehn,
und dennoch weiß ich
zu dieser Frist,
daß meine Stunde
gekommen ist ...
Durch meine Seele ein Ahnen geht,
daß auf der Schwelle die Liebe steht.
Anna Ritter
Vom Christkind
Denkt euch, ich habe das Christkind gesehn!
Es kam aus dem Walde, das Mützchen voll Schnee,
mit gefrorenem Näschen.
Die kleinen Hände taten ihm weh;
denn es trug einen Sack, der war gar schwer,
schleppte und polterte hinter ihm her –
was drin war, möchtet ihr wissen?
Ihr Naseweise, ihr Schelmenpack,
meint ihr, er wäre offen, der Sack?
Zugebunden bis oben hin!
Doch war gewiß was Schönes drin:
es roch so nach Äpfeln und Nüssen!
Anna Ritter
Denkt euch, ich habe das Christkind geseh'n!
Es kam aus dem Wald, das Mützchen voll Schnee,
mit rotgefrorenem Näschen.
Denn es trug einen Sack,
der war gar schwer,
schleppte und polterte hinter ihm her.
Was drin war, möchtet ihr wissen?
Ihr Naseweise, ihr Schelmenpack,
meint ihr, er wäre offen, der Sack?
Zugebunden bis oben hin!
Doch war gewiß etwas Schönes drin,
es roch so nach Äpfeln und Nüssen!
Anna Ritter
Vergänglichkeit
Wie die Blumen, die zwischen dem Grase stehn,
Verwelken, daß keine Spur mehr bleibt,
So wird die Zeit meine Noth verwehn
Und die Sehnsucht, die mich zum Blühen treibt,
Und wird von all meinem drängenden Leben
Kaum noch ein Hauch in den Lüften schweben.
Geht wohl ein Kind an der Stätte hin,
Darunter ich todt und vergangen bin,
Bricht Blumen von meinem Hügel und lacht:
– O sieh nur, Mutter, die bunte Pracht. –
Und die Mutter schmiegt um des Lieblings Wangen
Die Blüthen, die...
Anna Ritter