Zitate
Wie liegt die Welt so stille,
Als hätt' ein heil'ger Wille
Sie fest mit Schlaf umhegt;
Die weißen Nebel steigen,
Der Wind schläft in den Zweigen,
Kein Blättchen sich mehr regt.
Auf dunklen Himmelswogen
Kommt nun die Nacht gezogen
In ihrem goldnen Kahn,
Ich steh' in meinem Garten,
Als sollt ich wen erwarten –
Und geh' doch Niemand an!
Anna Ritter
Hast nicht ein einzig Mal zurückgeschaut,
Den langen Weg!
Froh schrittest du dahin und sangest laut
Im Waldgeheg.
Ich aber nestelte in bittrem Leid
Den kleinen Strauß
Verwelkter Veilchen von dem weißen Kleid –
Es war ja aus!
Und rings auf Erden war es Frühling doch,
auf allen Höhn,
In allen Thälern lag die Sonne noch,
So wunderschön!
Anna Ritter
Sieghafte Lust
In deinem Arm, an deinem Herzen –
O sag', was hat die Erde noch?
Und brächte sie mir tausend Schmerzen
Nach diesem Tag, ich jauchzte doch!
Und gilt es, durch die Dunkelheiten
Der letzten, großen Nacht zu gehn:
Der Schimmer dieser Seligkeiten
Wird leuchtend überm Wege stehn!
Anna Ritter
Ich wollt', ich wär' des Sturmes Weib
Ich wollt', ich wär' des Sturmes Weib,
Es sollte mir nicht grausen,
Auf Felsenhöhen wohnt ich dann,
Dort, wo die Adler hausen.
Die Sonne wäre mein Gespiel,
Die Winde meine Knappen,
Mit dem Gemahl führ' ich dahin
Auf flücht'gem Wolkenrappen.
Frei würd' ich sein und stolz und groß,
Die Königin der Ferne,
Tief unter mir die dumpfe Welt
Und über mir die Sterne!
Anna Ritter
Gekränkte Unschuld
Ein Rad gebrochen... Da liegt das Heu...
Da liegt der Wagen, und nebenbei
ein blasses, schmächtiges Dirnlein steht,
das heulend die Zipfel der Schürze dreht.
"Was willst denn"? Ich streichle ihm sanft das Gesicht.
Da zeigt's auf den riesigen Wagen, und spricht,
das zitternde Stimmchen von Schluchzen zerrissen:
"Sie sagen, ich hätte ihn umgeschmissen".
Anna Ritter