Zitate
Das Haar
In diesem einen blonden Frauenhaar
Liegt aller Duft, der ihr zu eigen war;
Liegt aller Glanz, der ihre Stirn umfloß,
Liegt alle Anmut, die sie übergoß.
So weich und fein und zart und biegsam war
Das ganze Weib, wie dieses eine Haar.
Und schling ich um den Hals den feinen Ring
Umfängt er mich, wie mich ihr Arm umfing.
Vor einer Stunde hing sie so an mir.
Ich riß mich los, wie dieses Haar, von ihr;
Doch wie ein Stück von ihrem Leben blieb
Dies Haar bei mir zurück in stummer Lieb'.
Und...
A. de Nora (Pseudonym für Anton Alfred Noder)
Heimweh
O du, die mich von hinnen trieb,
Dich hab' ich dennoch, dennoch lieb!
– Wie einer seine Heimat liebt,
Dem sie auch nichts als Elend gibt,
Und wie er aus der Fremde Glück
Sich dennoch sehnt nach ihr zurück.
Dort ist der Himmel tiefer blau,
Dort liegt in satterm Grün die Au,
Dort blühn die Blumen schöner auch
Und atmen düftevollern Hauch,
Dort klingt sogar der Vögel Laut
Ihm wundersüß und wohlvertraut.
Und stieß ihn auch die Heimat fort,
Im Traum ist seine Seele dort,
Und klopft an ihr...
A. de Nora (Pseudonym für Anton Alfred Noder)
Das Letzte
Ich hab' dich lieb. Das hab' ich dir gesagt.
Hast du mich lieb? Das hab' ich nie gefragt,
Damit in deiner Brust verschlossen ruh',
Die Antwort, die ich fürchte immerzu,
Die eine Antwort: Ja, ich hab' dich lieb!
– Denn alles Süßgeheimste, das uns blieb,
Der Duft der Blumen, die wir nie gepflückt,
Der Schmelz der Flügel, die wir nie zerdrückt,
Der Sammt der Früchte, die uns nie gereift,
Der Tau der Halme, die wir nie gestreift,
All unsrer Liebe keusche Seligkeit
Wär' durch dies...
A. de Nora (Pseudonym für Anton Alfred Noder)
Zu spät
Ich weiß es wohl, was mir dein kühler Kuß
Geheim verrät,
Daß all mein Wünschen hier entsagen muß –
Es ist zu spät.
Wenn auch dein müdes Herz ein letztes Glück
Nicht ganz verschmäht,
Verlornes Leben bringt kein Kuß zurück –
Es ist zu spät.
Manchmal im Herbst von Blüten steht ein Strauch
Noch übersät –
Sie werden nie zur Frucht – und wissens auch …
Es ist zu spät.
A. de Nora (Pseudonym für Anton Alfred Noder)
Die Stunde
Du hast in einer Stunde
Mir soviel Glück gegeben,
Nie kann mein ganzes Leben
Glücklicher sein!
Ich will sie mir erhalten
In meiner Seele Grunde,
Wie einen edlen alten
Köstlichen Wein.
Einst in den bösen Tagen
Der Sorgen und Schmerzen
Hol ich herauf aus dem Herzen
Die Stunde mir.
Dann werd ich sie neu genießen
Und alles wird sie versüßen
Und mich berauschend tragen
Zurück zu dir.
A. de Nora (Pseudonym für Anton Alfred Noder)