Zorn Zitate (Seite 4)
Singe, wem Gesang gegeben
in dem deutschen Dichterwald
Das ist Freude, das ist Leben
wenn's von allen Zweigen schallt
Nicht an wenig stolze Namen
ist die Liederkunst gebannt
ausgestreuet ist der Samen
über alles deutsche Land
Deines vollen Herzens Triebe
gib sie keck im Klange frei
Säuselnd wandle deine Liebe
Donnernd uns dein Zorn vorbeil
Singst du nicht dein ganzes Leben
Sing' doch in der Jugend Drang
Nur im Blütenmond erheben
Nachtigallen ihren Sang
Heilig achten wir die Geister
Aber Namen...
Ludwig Uhland
Ein rasches Wort, im Zorn gesagt,
Dir anfangs gar zu wohl behagt;
Hörst du's nachher von den andern wieder,
Schlägst du beschämt die Augen nieder.
Heiß schien es dir voll Süßigkeit,
Ein rechter Trost fürs Herzeleid;
Sollst du daselbe kalt verspeisen,
Wird's gallenbitter sich erweisen.
Johannes Trojan
An die Verstummten
O, der Wahnsinn der großen Stadt, da am Abend
An schwarzer Mauer verkrüppelte Bäume starren,
Aus silberner Maske der Geist des Bösen schaut;
Licht mit magnetischer Geißel die steinerne Nacht verdrängt.
O, das versunkene Läuten der Abendglocken.
Hure, die in eisigen Schauern ein totes Kindlein gebärt.
Rasend peitscht Gottes Zorn die Stirne der Besessenen,
Purpurne Seuche, Hunger, der grünen Augen zerbricht.
O, das gräßliche Lachen des Golds.
Aber stille blutet in dunkler...
Georg Trakl
Behindert
Tränen des Zorns
über mich selbst
und gesunde Scham
steigen hoch in mir,
wenn ich in mir
entdecke
Scheu und Ekel
beim Anblick eines
seltsam zuckenden
oder anders entstellten
Behinderten.
Dabei ist die Überwindung, diese Menschen als solche zu sehen und zu behandeln gar nicht so schwer.
Just try it! ... ... Froh daran, gesund zu sein!
Nico Szaba
Grabschrift
War's dir nicht möglich, Ewiger,
des Lebens und des Sterbens Herr,
mein Flehen zu erhören,
da ich im Staube vor dir rang
und da mein Weinen aufwärts drang
zu deinen Jubelchören?
Was jubelt wohl die Engelschar,
wozu schlägt man die Harfen gar,
als um das große Stöhnen,
das Schreien dieser armen Welt,
den Jammer unterm Himmelszelt
mit List zu übertönen?
Mein Stöhnen war dir nur ein Spott,
du nahmst ihn mir, o Herre Gott,
behalt ihn denn zum Raube;
nun siehe, was dein Zorn mir...
Hermann Sudermann
Lied der Desdemona
Das Mägdlein saß singend am Feigenbaum früh,
Sing Weide, grüne Weide!
Die Hand auf dem Busen, das Haupt auf dem Knie,
Sing Weide, Weide, Weide!
Das Bächlein, es murmelt und stimmet mit ein;
Sing Weide, grüne Weide!
Heiß rollt ihr die Trän und erweicht das Gestein;
Sing Weide, Weide, Weide!
Von Weiden all flecht ich mir nun den Kranz –
Sing Weide, grüne Weide!
O scheltet ihn nicht, sein Zorn ist mir recht –
Sing Weide, Weide, Weide!
Ich nannt ihn du Falscher! Was sagt er...
William Shakespeare
Nimm mir Alles, falsches Glück,
Gieb mir Täuschung, Freud' und Schmerzen;
Eines bleibt mir doch zurück:
Hohe Lieb' in treuem Herzen.
Deinem Zorn erbeb' ich nicht,
Klage nicht um Ruhm und Freude;
Muthig ist, wie Morgenlicht,
Lieb' im Leide.
Was sie schenkte, was sie nahm,
Alles ist mir lieb und theuer,
Und ihr tiefster, längster Gram
Macht mich kühner nur und treuer.
Gern erduld' ich ihre Noth,
Lächle, wenn ich mich betrübe;
Freundlich ist, wie Abendroth,
Leid in Liebe.
Ernst Schulze
Denk' öfter: "Wer genießt wohl jetzt das Gute,
Das ich ihm tat?" – Und wär's auch nur der Rock,
Den du dem Bettler gabst; die warme Stube,
Drin jetzt im Winter arme Kinder sitzen;
Und freut dich das – so thue wieder Gutes!
Doch denk' auch: "Wer wohl leidet jetzt das Böse,
Das ich ihm that?" – Und wär's auch nur der Stein,
Den du dem Blinden nicht vom Wege nahmst;
Der Zorn, womit du einen Sanften schaltest!
Und kränkt dich das, so thue wieder Gutes.
Leopold Schefer
Abendgebet einer erkälteten Negerin
Ich suche Sternengefunkel.
Sonne brennt mich dunkel.
Sonne droht mit Stich.
Warum brennt die Sonne im Zorn?
Warum brennt sie gerade mich?
Warum nicht Korn?
Ich folge weißen Mannes Spur.
Der Mann war weiß und roch so gut.
Mir ist in meiner Muschelschnur
so negligé zu Mut.
Kam in mein Wigwam
weit übers Meer,
Seit er zurückschwamm,
das Wigwam
blieb leer.
Joachim Ringelnatz
Das Leben
Das Leben ist mal gut, mal schlecht,
kein Mensch soll sich beklagen,
manchmal erscheint es ungerecht,
man soll's mit Fassung tragen.
Mal wird gelacht, mal wird geweint,
mal laut und mal ganz leise,
oftmals allein und auch vereint,
jeder macht's auf seine Weise.
Oft zeigt man Mut, oft Wut und Zorn,
der Mensch hat es im Blute,
trotz allem blickt er gern nach vorn,
und sieht am End das Gute.
Man lebt auf dieser schönen Welt
mal im Glück und mal in Not,
häufig wird man auch...
Horst Rehmann
Komm wieder her
Ich sah wieder Schwalben ziehn
hastig vor der Kälte fliehn
die Astern blühten zweimal schon
auch der Flieder und der Mohn –
komm wieder her
ich lieb dich sehr!
Ich habs Hoffen nicht verlernt
hab mich nicht von dir entfernt
du bist gegangen ohne Zorn
du hattest nur den Mut verlor'n –
komm wieder her
ich lieb dich sehr!
Irgendwann wirst du wieder da sein
dann stehst du einfach in der Tür
du wirst mein Gesicht in deine Hände nehmen
und wen wir uns ansehn, werden wir
sprachlos...
Jörn Pfennig
Der starke Baum
Es wächst ein Baum
Und seine Äste greifen
Kühn in den Raum,
Daß Sterne seinen Wipfel streifen.
Er weiß es, daß
An seinem Wurzelende
Der Neid, der Haß
Sich reichen brüderlich die Hände
Und mit dem Dorn
Der Schelsucht ihn verwunden.
Jedoch kein Zorn
Stiehlt ihm das Glück der frohen Stunden.
Er lächelt bloß
In ruhigem Verstehen:
Dies ist das Los
Von allen, die in Sterne sehen.
Alfons Petzold
Bauchweh
Die Därme wälzen sich im Kampfe;
es zuckt der Leib im Magenkrampfe:
die Welt ist schlecht, – die Welt ist schlecht.
Daß die der Herr im Zorn zerstampfe!
Daß sie verpuffe und verdampfe! –
So wär' es recht! – So wär' es recht!
Angst ist das Leben und Beschwerde;
der Mensch, er sitzt am Schmerzensherde
im Weltenbauch, – im Weltenbauch.
In qualzerrissener Gebärde
krümmt sich der Bauch der Welt, der Erde, –
und meiner auch. – Und meiner auch.
Erich Mühsam
Die zwei Turmuhren
Zwei Kirchturmuhren schlagen hintereinander,
weil sie sonst widereinander schlagen müßten.
Sie vertragen sich wie zwei wahre Christen.
Es wäre dementsprechend zu fragen:
warum nicht auch die Völker
hintereinander statt widereinander schlagen.
Sie könnten doch wirklich ihren Zorn
auslassen, das eine hinten, das andre vorn.
Aber freilich: Kleine Beispiele von Vernunft
änderten noch nie etwas am großen Narreteispiele der Zunft.
Christian Morgenstern