Zeit Zitate (Seite 84)
An Alrune
Wenn du die letzten Gedanken denkst,
Sollst du darein mich schließen,
Wenn du die Seele von hinnen lenkst,
Will ich dich sterbend grüßen.
Und schliefst du ein Jahrtausend lang
Wohl unter Staub und Steine,
Mein süßes Lieb, sei mir nicht bang,
Du schlummerst nicht alleine.
Und flögst du durch die Himmel weit
Mit leicht beschwingten Füßen,
Ich komme, um in seliger Zeit
Dich immer wieder zu grüßen.
Ich vergesse dich nicht, ich lasse dich nicht,
Mein bist du im Engen und Weiten!
Dein...
Max Haushofer
Die Tränen
Seid ihr immer da, ihr Tränen,
treu der Freude, treu dem Schmerz.
Heut gelockt von Liebestönen,
Morgen schmelzend Hasses Erz?
Oder muß nur ich so weinen,
weil mein Herz so töricht ist,
daß es um den einzig Einen
Alles Glück der Welt vergißt?
Tränen, die ins Meer versinken,
Also spricht der Sage Mund,
Werden einst als Perlen blinken
Auf dem dunklen Wellengrund.
Gram wird einst sich mild verklären
Über'm finstern Tal der Zeit,
Und so fließt denn meine Zähren,
Fließt...
Ida Gräfin von Hahn-Hahn
Nur der ist wirklich groß und seiner Zeiten Zierde,
Den kein Bewundern täuscht, noch lockende Begierde,
Den Kenntnis glücklich macht, und nicht zu schulgelehrt,
Der zwar Beweise schätzt, doch auch den Zweifel ehrt,
Vollkommenheit besitzt, die er nicht selbst bekennet,
Nur edle Triebe fühlt, und allen Alles gönnet,
Der das ist, was er scheint, und nur den Beifall liebt,
Den seinen Tugenden Recht und Gewissen gibt.
O zeige mir den Mann! ihm wünsch ich nachzuahmen.
Ihm geb ich, ehrfurchtsvoll,...
Friedrich von Hagedorn
Schließ Aug und Ohr für eine Weil
Vor dem Getös der Zeit,
Du heilst es nicht und hast kein Heil
Als wo dein Herz sich weiht.
Dein Amt ist hüten, harren, sehn
Im Tag die Ewigkeit.
Du bist schon so im Weltgeschehn
Befangen und befreit.
Die Stunde kommt, da man dich braucht.
Dann sei du ganz bereit
Und in das Feuer, das verraucht,
Wirf dich als letztes Scheit.
Friedrich Gundolf
Zueignung
Ich habe Dir in ernsten stillen Stunden,
Betrachtungsvoll in heil'ger Einsamkeit,
Die Blumen dieser und vergangner Zeit,
Die mir erblüht, zu einem Kranz gewunden.
Von Dir, ich weiß es, wird der Sinn empfunden,
Der in des Blüthenkelchs Verschwiegenheit
Nur sichtbar wird dem Auge, das geweiht
Im Farbenspiel den stillen Geist gefunden.
Es flechten Mädchen so im Orient
Den bunten Kranz; daß vielen er gefalle,
Wetteifern unter sich die Blumen alle.
Doch Einer ihren tiefern Sinn...
Karoline von Günderode
Die Mutter des Humors
Freund Humor – dich würdigt jedermann,
Weil so ganz ins Wesen du gedrungen!
Was kein Tor und auch kein Weiser kann:
Dir ist's wunderleicht gelungen.
Gegen alle Not bist du gefeit,
Hast die klarsten Augen, feinsten Ohren –
Du, den einst in unheilvoller Zeit
Eine Sterbende geboren.
Feister Racker! hei, wie freust du dich,
Und wie schmeckt dir all dein Erdenfutter –
Hurrahoch! Die dir so wenig glich,
Kanntest du ja nie: die Mutter.
Niemand denkt, was hart und blutend...
Hanns Freiherr von Gumppenberg
Der hohen Taten Ruhm muß wie ein Traum vergehn,
Soll denn das Spiel der Zeit, der leichte Mensch, bestehn?
Ach, was ist alles dies, was wir für köstlich achten,
Als schlechte Nichtigkeit, als Staub und Wind,
Als eine Wiesenblum', die man nicht wieder findt!
Noch will, was ewig ist, kein einzig Mensch betrachten.
Andreas Gryphius
Wie eine Rose blühet
Wenn man die Sonne siehet,
Begrüßen diese Welt,
Die eh der Tag sich neiget,
Eh sich der Abend zeiget
Verwelkt und unversehens abfällt.
So wachsen wir auf Erden,
Und hoffen groß zu werden,
Und schmerz- und sorgenfrei,
Doch eh wir zugenommen,
Und recht zur Blüte gekommen,
Bricht uns des Todes Sturm entzwei.
Auf, Herz! Wach und bedenke,
Daß dieser Zeit Geschenke
Den Augenblick nur dein!
Was du zuvor genoßen,
Ist als ein Strom verschossen.
Was künftig – wessen wird...
Andreas Gryphius
An einem Tag an dem es regnete
Tiefe Gefühle erlebt und doch so leer,
entschwundene Träume im offenen Meer
innige Wünsche in unerfüllter Liebe,
Wärme der Kälte gewichen, dem Triebe.
Gedanken verloren in ihrem Saum,
im Geiste tot das Licht der Laterne,
ein Nichts sucht sich Raum in weiter Ferne,
die Seele verfall‘n dem Trübsal im Traum.
Unmut kehrt das Innere zum Äußeren,
verloren in der Traurigkeit der Sinne
will Einsamkeit Verbindendes belehren,
das Zeit von Stund‘ an neu beginne.
.... an...
Gerd Groß
Sehnsucht
Erträume dich in allen diesen Dingen,
in denen ich ehrlicher als ein Engel bin,
im Traum der Nacht werden wir uns durchdringen
wie ein Regenbogen einem roten Rubin.
Schiebe die grauen Wolken vom Sternenhimmel,
krauses Wasser den Mond im klaren Schein bricht,
reiten durch dunkle Schatten auf einem Schimmel
zur Sehnsucht, die heller erstrahlt als das Licht.
Erkenne dich im Begehren, das uns bindet
im einzigen Wunsch nach Zweisamkeit,
in Illusion von ewiger Zeit
das Verlangen, das...
Gerd Groß