Worte Zitate (Seite 50)
Der Frühling
Wenn aus der Tiefe kommt der Frühling in das Leben,
Es wundert sich der Mensch, und neue Worte streben
Aus Geistigkeit, die Freude kehret wieder
Und festlich machen sich Gesang und Lieder.
Das Leben findet sich aus Harmonie der Zeiten,
Daß immerdar den Sinn Natur und Geist geleiten,
Und die Vollkommenheit ist Eines in dem Geiste,
So findet vieles sich, und aus Natur das meiste.
(Scardanelli)
Johann Christian Friedrich Hölderlin
Die scheinheiligen Dichter
Ihr kalten Heuchler, sprecht von den Göttern nicht!
Ihr habt Verstand! ihr glaubt nicht an Helios,
Noch an den Donnerer und Meergott;
Tot ist die Erde, wer mag ihr danken? –
Getrost, ihr Götter! zieret ihr doch das Lied,
Wenn schon aus euren Namen die Seele schwand.
Und ist ein großes Wort vonnöten,
Mutter Natur! so gedenkt man deiner.
Johann Christian Friedrich Hölderlin
Künstlerweihe
Wir wandern stumm, verschüchtert, bang gebückt
Und bergen scheu, was wir im Herzen hegen,
Und reden Worte, die uns nicht bewegen,
Und tote Dinge preisen wir entzückt.
Die Seele ist vergraben und erstickt ...
Verfaultes leuchtet fahl auf nächt'gen Wegen ...
Und sind wir müde, soll uns Kunst erregen,
Bis wir im Rausch der leeren Qual entrückt.
Jüngst fiel mein Aug auf Meister Wolframs Buch
Vom Parcival, und vor mir stand der Fluch,
Der vom verlornen Gral...
Hugo von Hofmannsthal
Verheißung
Fühlst Du durch die Winternacht
Durch der kalten Sternlein Zittern
Durch der Eiskristalle Pracht
Wie sie flimmern und zersplittern,
Fühlst nicht nahen laue Mahnung,
Keimen leise Frühlingsahnung?
Drunten schläft der Frühlingsmorgen
Quillt in gährenden Gewalten
Und, ob heute noch verborgen,
Sprengt er rings das Eis in Spalten:
Und in wirbelnd lauem Wehen
Braust er denen, die's verstehen.
Hörst Du aus der Worte Hall,
Wie sie kühn und trotzig klettern
Und mit jugendlichem...
Hugo von Hofmannsthal
»Zukunftsmusik«
Heiligen Mitleids rauschende Wellen,
Klingend an jegliches Herze sie schlagen;
Worte sind Formeln, die können's nicht sagen,
Können nicht fassen die Geister, die hellen.
Frei sind die Seelen, zu jubeln, zu klagen,
Ahnungen dämmern und Kräfte erschwellen:
Töne den Tönen sich zaubrisch gesellen:
Gilt es dem Heute, dem kommenden Tage?
Wer will es deuten, – ein gärendes Wühlen,
Regellos göttlich, – wer will erlauschen
Heldenhaft höchstes und heißestes Fühlen,
Feuerlodern und...
Hugo von Hofmannsthal
Dichter im Lorbeerkranz,
Betrogner Betrüger,
Wärmt dich dein Ruhmesglanz,
Macht er dich klüger?!
Deuten willst du das dämmernde Leben,
Im Herzen erlösen das träumende Streben?
Kannst du denn noch verstehen,
Was du selber gestern gedacht,
Kannst du noch einmal fühlen
Den Traum der letzten Nacht?
Wenn deine Seele weinet,
Weißt du denn auch warum?
Dir ahnt und dünkt und scheinet, -
Oh, bleibe lieber stumm.
Denn was dein Geist, von Glut durchzuckt, gebar,
Eh du's gestaltet, ist's schon nicht mehr...
Hugo von Hofmannsthal
Im kurzen Abend
Im kurzen Abend. Voll Wind ist die Stunde,
Und die Röte so tief und so winterlich klein.
Unsere Hand, die sich zagend gefunden,
Bald wird sie frieren und einsam sein.
Und die Sterne sich hoch in verblassenden Weiten
Wenige erst, auseinander gerückt.
Unsere Pfade sind dunkel, und Weiden breiten
Ihre Schatten darauf, in Trauer gebückt.
Schilf rauschet uns. Und die Irrwische scheinen,
Die wir ein dunkeles Schicksal erlost.
Behüte dein Herz, dann wird es nicht weinen
Unter dem...
Georg Heym
Sommer
Für dich
fang ich den Sommer ein,
den Rosenduft,
des Himmels Blau,
und all die bunten Farben.
Das Lied der Amsel
und der Unken Ruf,
das Plätschern auch
des kleinen Bachs,
den hellen Mond,
die laue Nacht
der süßen Worte
mit Sternenglanz
und heißen Küssen,
und auch die warme Sonne.
Wenn später dann
der kalte Wind
weht durch dein Haus,
erinnre dich
an mein Geschenk
und deine Sommerliebe.
Regina Hesse
Was bleibt von mir?
Vielleicht ein Wort,
in einem Buch mit tausend Seiten,
verstaubt ganz hinten im Regal.
Vielleicht ein Bild,
im Album in das niemand schaut,
jetzt wird gespeichert digital.
Vielleicht die Ähnlichkeit
Bei einem Kind in ferner Zeit,
mit meinem Muttermal.
Vielleicht ein Satz,
nicht sehr beliebt, weil er so wahr,
und doch zitiert so manches mal.
Vielleicht ein Lied,
das gerne ich gehört,
ein Song von anno dazumal.
Vielleicht die Rose,
die gepflanzt ich vor dem Haus,
noch voller...
Regina Hesse
Ballast
Das Schiff schlingert.
Da heißt es Ballast abzuwerfen:
Erloschene Leidenschaft,
unerfüllte Wünsche,
nutzlose Worte,
nicht verziehene Kränkungen,
unbewältigte Trauer,
zerbrochene Freundschaften,
unerwiderte Liebe,
überflüssige Eitelkeiten,
quälender Ehrgeiz,
vergebliche Hoffnungen,
dumme Gewohnheiten,
veraltete Vorstellungen,
Die Flut spült alles fort.
Eine frische Brise führt dich
in ruhige Gewässer.
Der Kurs stimmt.
Regina Hesse
Am Strome
Ich kann oft stundenlang am Strome stehen,
Wenn ich entflohen aus der Menschen Bann;
Er plaudert hier wie ein erfahrner Mann,
Der in der Welt sich tüchtig umgesehen.
Da schildert er mir seiner Jugend Wehen,
Wie er den Weg durch Klippen erst gewann,
Ermattet darauf im Sande schier verrann,
Und jedes Wort fühl' ich zum Herzen gehen.
Wie wallt er doch so sicher seine Bahn!
Bei allem Plänkeln, Hin- und Widerstreifen
Vergißt er nie: "Ich muß zum Ozean!"
Du, Seele, nur willst in der Irre...
Georg Herwegh
O, wie tiefer schmerzt uns der Unfall,
Wenn uns süße Worte schlau betrogen,
Wenn uns Freundesdienst in's Unglück lockte,
Wenn uns Hoffnung, Glaub' und Treue täuschten!
Mutter Erde, kannst du Menschen tragen,
Die, wenn Unschuld ihnen sich vertraute,
Sie mit süßer Freundschaft Milch vergiften?
Johann Gottfried von Herder