Wort Zitate (Seite 46)
Der Papagei
Palma Kunkels Papagei
spekuliert nicht auf Applaus:
niemals, was auch immer sei,
spricht er seine Wörter aus.
Deren Zahl ist ohne Zahl:
denn er ist das klügste Tier,
das man je zum Kauf empfahl,
und der Zucht vollkommne Zier.
Doch indem er streng dich mißt,
scheint sein Zungenglied verdorrt:
gleichviel, wer du immer bist,
er verrät dir nicht ein Wort.
Christian Morgenstern
Allen Bruder sein!
Allen helfen, dienen!
Ist, seit Er erschienen,
Ziel allein!
Auch dem Bösewicht,
Der uns widerstrebet!
Er auch ward gewebet
Einst aus Licht.
"Liebt das Böse – gut!"
Lehren tiefe Seelen.
Lernt am Hassen stählen –
Liebesmut!
Brüder – hört das Wort!
Daß es Wahrheit werde –
Und dereinst die Erde
Gottes Ort!
Christian Morgenstern
Genug oft
Genug oft, daß zwei Menschen sich berühren,
– nicht leiblich, geistig nur – daß sie sich sehn</em>,
daß sie sich einmal gegenüberstehn –
um sich danach vielleicht auf immer zu verlieren.
Genug oft, daß ein Lächeln Zweier Seelen
vermählt – oh nicht vermählt! nur dies: sie führt,
so vor einander schweigend und erschüttert,
daß ihnen alle Wort' und Wünsche fehlen,
und jede, unaussprechlich angerührt,
nur tief vom Zittern der verwandten zittert.
Der kann von Liebe nicht reden,
dem sie...
Christian Morgenstern
Schweigen
O Schweigen, Schweigen, komm, du letzter Schluß,
da mitzuteilen Haß nur weckt und Fehde.
Ergreif an ihrer Wurzel meine Rede,
laß einwärts sprossen, was denn sprossen muß.
Ich will dich tragen, wohin niemand kommt,
in Wälder, wo nur Tiere uns erfahren, –
bis du vielleicht nach vielen, vielen Jahren
das Wort mir schenkst, das mir und andern frommt.
Dann laß mich noch einmal vor Menschen stehn
und ihnen dieses eine Tiefste sagen –
und dich dann wieder in die Wälder tragen
und wie ein...
Christian Morgenstern
Es kommen zu Palmström heute
die wirklich praktischen Leute,
die wirklich auf allen zehn Zehen
im wirklichen Leben stehen.
Sie klopfen ihm auf den Rücken
und sind in sehr vielen Stücken -
so sagen sie - ganz die Seinen.
Doch wer, der mit beiden Beinen
im wirklichen Leben stände,
der wüsste doch und befände,
wie viel, so gut auch der Wille,
rein idealistische Grille.
Sie schütteln besorgt die Köpfe
und drehn ihm vom Rock die Knöpfe
und hoffen zu postulieren:
er wird auch einer der Ihren,
ein...
Christian Morgenstern
Das böhmische Dorf
Palmström reist, mit einem Herrn v. Korf,
in ein sogenanntes Böhmisches Dorf.
Unverständlich bleibt ihm alles dort,
von dem ersten bis zum letzten Wort.
Auch v. Korf (der nur des Reimes wegen
ihn begleitet) ist um Rat verlegen.
Doch just dieses macht in blass vor Glück.
Tiefentzückt kehrt unser Freund zurück.
Und er schreibt in seine Wochenchronik:
Wieder ein Erlebnis, voll von Honig!
Christian Morgenstern
Hier im Wald mit dir zu liegen,
moosgebettet, windumatmet,
in das Flüstern, in das Rauschen
leise liebe Worte mischend,
öfter aber noch dem Schweigen
lange Küsse zugesellend,
unerschöpflich - unersättlich,
hingegebne, hingenommne,
ineinander aufgelöste,
zeitvergeßne, weltvergeßne.
Hier im Wald mit dir zu liegen,
moosgebettet, windumatmet.
Christian Morgenstern
Der Engel
Wo bist du hin? Noch eben warst du da -
Was wandtest du dich wieder abwärts, wehe,
nach jenem Leben, das ich nicht verstehe,
und warst mir jüngst doch noch so innig nah.
Ich soll hinab mit dir in deine Welt,
aus der die Schauer der Verwesung hauchen,
ins Reich des Todes soll ich mit dir tauchen,
das wie ein Leichnam fort und fort zerfällt?
Wohl gibt es meinesgleichen, eingeweiht
in eure fürchterlichen Daseinsstufen...
Doch ich bin's nicht. Nur wie verworrnes Rufen
erschreckt das...
Christian Morgenstern
Das Wörtlein
Kürzlich kam ein Wort zu mir,
staubig wie ein Wedel,
wirr das Haar, das Auge stier,
doch von Bildung edel.
Als ich, wie es hieße, frug,
sprach es leise: »Herzlich«.
Und aus seinem Munde schlug
eine Lache Schmerzlich.
Wertlos ward ich ganz und gar,
rief's, ein Spiel der Spiele,
Modewort mit Haut und Haar,
Kaviar für zu viele.
Doch ich wusch's und bot ihm Wein,
gab ihm wieder Würde,
und belud ein Brieflein fein
mit der leichten Bürde.
Schlafend hat's die ganze Nacht
weit weg reisen...
Christian Morgenstern
Und manchmal wissen wir's:
's klopft jemand an,
Der Brüder einer, müder Wandersmann.
Wir wissen, jemand steht in Nacht und Graus,
Und seines Klopfens Hallen ist im Haus.
Sein zagend Flehen dringt zu uns herein:
Im Namen Gottes, Brüder laßt mich ein!
Und hören stumm sein Klopfen, seine Bitte.
Zu Tür und Riegel braucht's nur dreier Schritte,
Nur dreier Worte braucht's: Komm Bruder, du!
Sie bleiben ungesprochen und die Tür bleibt zu.
Und jener Wandrer geht, wie er gekommen. –
Dann horchen wir,...
Conrad Ferdinand Meyer
Du warest mir ein täglich Wanderziel,
Viellieber Wald, in dumpfen Jugendtagen;
Ich hatte dir geträumten Glücks so viel
Anzuvertraun, so wahren Schmerz zu klagen.
Und wieder such' ich dich, du dunkler Hort,
Und deines Wipfelmeers gewaltig Rauschen -
Jetzt rede du! Ich lasse dir das Wort!
Verstummt ist Klag' und Jubel. Ich will lauschen.
Conrad Ferdinand Meyer
Der Marmorknabe
In der Capuletti Vigna graben
Gärtner, finden einen Marmorknaben,
Meister Simon holen sie herbei,
Der entscheide, welcher Gott es sei.
Wie den Fund man dem Gelehrten zeigte,
Der die graue Wimper forschend neigte,
Kniet', ein Kind daneben: Julia,
Die den Marmorknaben finden sah.
»Welches ist dein süßer Name, Knabe?
Steig ans Tageslicht aus deinem Grabe!
Eine Fackel trägst du? Bist beschwingt?
Amor bist du, der die Herzen zwingt?«
Meister Simon, streng das Bild...
Conrad Ferdinand Meyer
Du warest mir, ein täglich Wanderziel,
viellieber Wald, in dumpfen Jugendtagen.
Ich hatte dir geträumtes Glück soviel
anzuvertraun, so wahren Schmerz zu klagen.
Und wieder such ich dich, du dunkler Hort,
und deines Wipfelmeeres gewaltig Rauschen –
Jetzt rede du! Ich lasse dir das Wort!
Verstummt ist Klang und Jubel.
Ich will lauschen.
Conrad Ferdinand Meyer
Ernste Weisung
Laßt euch ein ernstes Wort der Liebe sagen,
und grabt es tief in eure Herzen ein:
Der Starke hat den Schwachen hier zu tragen,
und dieser soll ihm dafür dankbar sein.
Es ist das Beider Pflicht, vom Herrn geboten,
und wer sie nicht erfüllt, hat einst und dann
als seelisch Toter bei den seelisch Toten
weit mehr zu tragen, als er tragen kann.
Und wer sich weigert, hier den Dank zu zollen,
wenn ihn die Hülfe liebevoll umarmt,
der wird einst gerne, gerne danken wollen,
doch...
Karl May
Abschied
Ade, ade! Ich ziehe von dir fort,
kenn nicht das Ziel, kenn weder Zeit noch Ort.
Das Auge weint; es tut das Herz mir weh,
doch zag ich nicht. Ade, ade, ade!
Ade, ade! Ich ziehe von dir fort
und nehm den Glauben mit als meinen Hort.
Er kündet mir, indem ich von dir geh,
ein Wiedersehn. Ade, ade, ade!
Ade, ade! Ich ziehe von dir fort
und sage dir ein liebes, schönes Wort:
Wenn ich auch nicht an deiner Seite steh,
es schützt dich Gott. Ade, ade, ade!
Karl May