Wolken Zitate (Seite 5)
An die Mutter
Kennst, teure Mutter, du die schöne Fabel,
wie stets der Sonnengott zur Mutter fliegt,
die jede Nacht in ihrem welken Schoße
den wegemüden Sohn in Schlummer wiegt?
Muß er doch tagelang die Welt durchirren,
hat doch der Arme längst der Fahrt genug
durch graue Nebel, Wetter, düstre Wolken,
ach, fast so viel als je ein Mensch ertrug.
Er legt als Greis sich und ersteht als Jüngling
und strahlt mit neuer Kraft durchs Morgenrot –
O Mutter, Mutter, voller Engelsgüte, –
ich hab' es so...
Jan Neruda
Angst packt mich an
Angst packt mich an,
Denn ich ahne, es nahen Tage
voll großer Klage.
Komm du, komm her zu mir! –
Wenn die Blätter im Herbst ersterben
und sich die Flüsse trüber färben
und sich die Wolken ineinander schieben –
dann komm, du, komm!
Schütze mich –
stütze mich –
faß meine Hand an.
Hilf mir lieben!
Erich Mühsam
Ich bin ein Pilger ...
Ich bin ein Pilger, der sein Ziel nicht kennt;
der Feuer sieht und weiß nicht, wo es brennt;
vor dem die Welt in fremde Sonnen rennt.
Ich bin ein Träumer, den ein Lichtschein narrt;
der in dem Sonnenstrahl nach Golde scharrt;
der das Erwachen flieht, auf das er harrt.
Ich bin ein Stern, der seinen Gott erhellt;
der seinen Glanz in dunkle Seelen stellt;
der einst in fahle Ewigkeiten fällt.
Ich bin ein Wasser, das nie mündend fließt;
das tauentströmt in Wolken sich...
Erich Mühsam
Sei's in Jahren, sei's schon morgen,
Daß das Glück sich wende:
Einmal nehmen Leid und Sorgen
Sicherlich ein Ende.
Mensch, vertraue deinem Wollen,
Wirk es aus zu Taten!
Ströme fließen, Wolken rollen,
Frucht entkeimt den Saaten.
Über Nöten und Gefahren
Wird die Freude thronen –
Sei's schon morgen, sei's in Jahren
Oder in Äonen.
Erich Mühsam
Auf dem Strome
Am Himmel der Wolken
Erdunkelnder Kranz …
Auf schauerndem Strome
Metallischer Glanz …
Die Wälder zuseiten
So finster und tot …
Und in flüsterndem Gleiten
Vorüber mein Boot …
Ein Schrei aus der Ferne –
Dann still wie zuvor …
Wie weit sich von Menschen
Mein Leben verlor! …
Eine Welle läuft leise
Schon lang nebenher,
Sie denkt wohl, ich reise
Hinunter zum Meer …
Ja, ich reise, ich reise,
Weiß selbst nicht, wohin
Immer weiter und weiter
Verlockt mich mein Sinn …
Schon kündet ein...
Christian Morgenstern
Mir ist so wohl, so weh'
Am stillen Erlafsee;
Heilig Schweigen
In Fichtenzweigen,
Regungslos
Der blaue Schoß,
Nur der Wolken Schatten flieh'n
Überm glatten Spiegel hin,
Frische Winde
Kräuseln linde
Das Gewässer
Und der Sonne
Güldne Krone
Flimmert blässer.
Mir ist so wohl, so weh'
Am stillen Erlafsee.
Johann Baptist Mayrhofer
Freude und Sorgen
Gehen stets Hand in Hand;
Heute wie morgen
Wechseln sie schnell ihr Band.
Nur in der Kürze,
Die Freude uns beschert, –
Liegt ja die Würze,
Die den Genuß vermehrt,
Denn hinter Sorgen,
Die uns wie Wolken droh'n, –
Lachet verborgen
Auch neue Freude schon.
Willst du drum zagen,
Wenn Dich der Kummer drückt?
Nein! – frisch getragen!
Hoffnung bleibt stets geschmückt!
Heinrich Martin
Schneesturm
Droben schwarze Wolken jagen
Pfeilgeschwind,
Seine schaurig wilden Klagen
Stöhnt der Wind.
Durch verfall'ner Mauer Spalten
Wirbelt Schnee,
Wie von finst'rer Macht gehalten
Starrt der See.
Und kein goldnes Sterngewimmel
Leuchtet mild,
Wie verschlossen dräut der Himmel
Schwarz und wild...
Da zerreißt der Sturm die mächt'ge
Wolkenschicht
Und ein lichter Stern das nächt'ge
Graus durchbricht!
Strahl ins Herz mir, gold'ner Schimmer,
Lind und sacht. –
Seine Sterne...
Eugenie Marlitt
Die Sonne will sterben. Es trübt sich mein Blick.
Die Seele ahnt sehnend ihr künftig Geschick.
Es taucht hinter Wolken die strahlende Glut
Des sterbenden Lichtes in schlummernde Flut.
Wie schön ist des Glutballs fliegender Tod!
Die dämmernden Höhen in Purpur er taucht,
Die schimmernden Wellen sein Kuß überhaucht…
Da stirbt in den Wassern die schweigende Pracht,
Der Himmel erlischt und bedeckt sich mit Nacht.
Mein Herz ist von bebender Wehmut geschwellt:
Ich sah dort versinken – Die Heimat der...
John Henry Mackay
Lachenden Mutes sind wir geschieden,
Ahnten nicht, daß es für immer war.
Werd' ich dich nie mehr sehen hienieden?
Seltsam ist es und wunderbar!
Scherzend den letzten Kuß dir vom Munde
Küßt' ich in lachender, glücklicher Stunde.
Dort wo die Wolken so leuchtend scheinen,
Dort auf seligem Inselland
Wandeln wir einst in Myrtenhainen,
Liebende Schatten Hand in Hand.
Daß man auf ewig sich trennen müsse,
Nimmermehr glauben das zärtliche Küsse.
Hermann Ritter von Lingg
Mittagszauber
Vor Wonne zitternd hat die Mittagsschwüle
Auf Tal und Höh' in Stille sich gebreitet;
Man hört nur, wie der Specht im Tannicht scheitet,
Und wie durchs Tobel rauscht die Sägemühle.
Und schneller fließt der Bach, als such' er Kühle.
Die Blume schaut ihm durstig nach und spreitet
Die Blätter sehnend aus, und trunken gleitet
Der Schmetterling vom seidnen Blütenpfühle.
Am Ufer sucht der Fährmann sich im Nachen
Aus Weidenlaub ein Sonnendach zu zimmern
Und sieht ins Wasser, was die...
Hermann Ritter von Lingg
Der schwere Abend
Die dunklen Wolken hingen
Herab so bang und schwer,
Wir beide traurig gingen
Im Garten hin und her.
So heiß und stumm, so trübe
Und sternlos war die Nacht,
So ganz, wie unsre Liebe,
Zu Tränen nur gemacht.
Und als ich mußte scheiden
Und gute Nacht dir bot,
Wünscht' ich bekümmert beiden
Im Herzen uns den Tod.
Nikolaus Lenau