Wind Zitate (Seite 18)
Ein leises Lied, ein stilles Lied
Alle Birken grünen in Moor und Heid,
jeder Brambusch leuchtet wie Gold,
Alle Heidlerchen dudeln vor Fröhlichkeit,
jeder Birkhahn kullert und tollt.
Meine Augen, die gehen wohl hin und her
auf dem schwarzen, weißflockigen Moor,
auf dem braunen, grünschäumenden Heidemeer
und schweben zum Himmel empor.
Zum Blauhimmel hin, wo ein Wölkchen zieht
wie ein Wollgrasflöckchen so leicht,
und mein Herz, es singt sein leises Lied,
das auf zum Himmel steigt.
Ein leises...
Hermann Löns
Anders sein und anders scheinen,
anders reden, anders meinen,
alles loben, alles tragen,
allen heucheln, stets behagen,
allem Winde Segel geben,
Bös' und Guten dienstbar leben,
alles Tun und alles Dichten
bloß auf eignen Nutzen richten:
wer sich dessen will befleißen,
kann politisch heuer heißen.
Friedrich Freiherr von Logau
Lästerzungen, selbst die frommen,
Stimmen rührend überein,
Wie du herrlich dich benommen,
Alle Schuld trifft mich allein.
Eins nur wird dich still verklagen,
Wenn ans Fenster pocht der Wind,
Niemand wird dann zu dir sagen:
Traute Seele, liebes Kind!
Niemand wird mehr mit dir weinen,
Und wenn erst die Lerche singt,
Sag mir, wer dir dann die kleinen,
Dir die frühen...
Hermann Ritter von Lingg
Der Rauch auf dem Felde
Lene Levi lief am Abend
Trippelnd, mit gerafften Röcken,
Durch die langen, leeren Straßen
Einer Vorstadt.
Und sie sprach verweinte, wehe,
Wirre, wunderliche Worte,
Die der Wind warf, daß sie knallten
Wie die Schoten,
Sich an Bäumen blutig ritzten
Und verfetzt an Häusern hingen
Und in diesen tauben Straßen
Einsam starben.
Lene Levi lief, bis alle
Dächer schiefe Mäuler zogen,
Und die Fenster Fratzen schnitten
Und die Schatten
Ganz betrunkne Späße machten –
Bis die Häuser...
Alfred Lichtenstein
Greift zum Becher und laßt das Schelten!
Die Welt ist blind.
Sie frägt, was die Menschen gelten,
Nicht, was sie sind!
Uns aber laßt zechen und krönen
Mit Laubgewind
Die Stirnen, die noch dem Schönen
Ergeben sind!
Und bei den Posaunenstößen,
Die eitel Wind,
Laßt uns lachen über Größen,
Die keine sind!
Heinrich Leuthold
Brüder
Es lag schon lang ein Toter vor unserm Drahtverhau,
die Sonne auf ihn glühte, ihn kühlte Wind und Tau.
Ich sah ihm alle Tage in sein Gesicht hinein,
und immer fühlt ich's fester: "Es muß mein Bruder sein!"
Ich sah ihn alle Stunden, wie er so vor mir lag,
und hörte seine Stimme aus frohem Friedenstag.
Oft in der Nacht ein Weinen, das aus dem Schlaf mich trieb:
"Mein Bruder, lieber Bruder, hast du mich nicht mehr lieb?"
Bis ich, trotz aller Kugeln, zur Nacht mich ihm genaht
und ihn...
Heinrich Lersch
Das Unendliche
Lieb war mir immer dieser kahle Hügel
Und diese Hecke, die dem Blick so Viel
Vom fernsten Horizont zu schau'n verwehrt.
Und wenn ich sitz' und um mich blicke, träum' ich,
Endlose Weiten, übermenschlich Schweigen
Und allertiefste Ruhe herrsche dort
Jenseit der niedern Schranke, und das Herz
Erschauert mir vor Grau'n. Und hör' ich dann
Den Wind erbrausen im Gezweig, vergleich' ich
Die grenzenlose Stille dort, und hier
Die laute Stimme; und des Ew'gen denk' ich,
Der todten Zeiten...
Giacomo Graf Leopardi
Herbst
Nun ist es Herbst, die Blätter fallen,
Den Wald durchbraust des Scheidens Weh;
Den Lenz und seine Nachtigallen
Versäumt ich auf der wüsten See.
Der Himmel schien so mild, so helle,
Verloren ging sein warmes Licht;
Es blühte nicht die Meereswelle,
Die rohen Winde sangen nicht.
Und mir verging die Jugend traurig,
Des Frühlings Wonne blieb versäumt;
Der Herbst durchweht mich trennungschaurig,
Mein Herz dem Tod entgegenträumt.
Nikolaus Lenau
Bettlers Klage
Bin einsam, schwach und alt,
Mich hüllen Lumpen ein,
Wie bläst der Wind so kalt,
Geht mir durch Mark und Bein.
Ich bettle vor der Tür,
Und hab ich lang gefleht,
So tönt es oft herfür:
»In Gottes Namen geht!«
Da fährt durchs hohe Tor
Ein Herr, – der Rosse Huf
Verstampfet seinem Ohr
Des Bettelmannes Ruf.
Die Dame wendt den Blick
Voll Ekel von mir; ach,
Mein schreckliches Geschick
Fühl ich dann siebenfach!
Nikolaus Lenau
Du Licht, wohin, verglühte Flammenhöhle?
Wohin zieht Wolken, Winde, Wellen ihr?
Du Staub, du Schaum, du Nacht, du Aug', du Seele,
Sprecht, wenn ihr's wisset, wohin ziehen wir?
Zu dir, aus dem sich alle Sonnen lösen,
Zu dem die Nacht, der Tag, der Geist sich drängt,
Du Flut und Rückflut in der Wesen Wesen,
Du Meer des Seins, worein sich Alles senkt.
Alphonse de Lamartine
Der kreissende Berg
Ein kreissender Berg macht' ein Geschrei
so laut und trieb ein solches Wesen,
daß jeder, der vom Lärm herbeigelockt,
nun meint', er müßt' genesen
von einer Stadt, noch größer als Paris wohl gar.
ein Mäuslein war's, das er gebar.
Werd' ich dieser Fabel inne,
die als Dichtung Trug und Schein,
aber wahr nach ihrem Sinne,
fällt mir stets ein Dichter ein,
der sagt: "Ich will den Kampf euch singen,
wie mit dem Donnrer Jupiter einst die Titanen rangen."
Ein großes Wort; doch...
Jean de La Fontaine
Ach seht wie im Winde
die Linde
nun zittert,
ihr Laub vor dem Walde
zu Balde
verwittert.
Und klag auf der Heide
mit Leide
man übet
so hat mir die Minne
die Sinne
betrübet.
Ach, sehnende Leiden
bescheiden mit Sorgen
die muß ich ertragen
ohn Klagen
verborgen
Die stets mir verholen
gestohlen
den Schlummer
die läßt mich vergehen
in Wehen
und Kummer
Oh gnädig erscheine
du Reine
mir Armen
und laß Dich die Schmerzen
von Herzen
erbarmen
Den Geist mir entbinde
geschwinde vom...
Konrad von Würzburg