Wille Zitate (Seite 58)
Ich bin bereit, denn es ist Zeit
für unser'n Pakt über die Ewigkeit
Reich mir die Hand, mein Leben
Nenn mir den Preis
ich schenk dir gestern, heut und morgen
dann schließt sich der Kreis
kein Weg zurück, das weiße Licht kommt näher
Stück für Stück - will mich ergeben
muß ich denn sterben, um zu leben?
Richard Rothe
Mondaufgang
Nun sinkt des Friedens hehre Spende
Wie Tauen auf die Dämmerwelt.
Dorfglocken singen die Legende
Vom Glück dem sonnenmüden Feld.
Nun ist der Abendtraum der Ferne
In reiches Sommerlaub gebannt,
Es streut die Silbersaat der Sterne
Des Heilands unsichtbare Hand.
Den Hochwald will ein Glanz umgleiten,
Mit dem die Nacht sein Klingen lohnt,
Und in des Himmels Sommerweiten,
Ein weißer Mohnkelch blüht der Mond.
Paul Rossi
Gestörter Friede
Was mich still und traurig macht,
Darf ich Keinem sagen,
Einsam denk' ich's Tag und Nacht,
Einsam muß ich's tragen.
Was mir sonst am Herzen lag
Ist dahin genommen,
Seit von drüben Tag für Tag
Schreck und Groll mir kommen.
Ach, wie schlimm die Welt gewußt
Seinen Sinn zu thören!
Ihn zu treiben, mir mit Lust
Glück und Ruh zu stören!
Soll sich Alles, was einst gut,
Uns so schnell verleiden?
Freie Red' und Uebermuth
Will nicht jeden kleiden.
Was mir ganz und gar mißfällt,
Dient...
Otto Roquette
Von Tag zu Tage
Was dich bewegt in wechselvollen Stunden,
Gefühl, Gedanke, Zweifel oder Frage,
Bewahr' es dir, in reine Form gebunden,
Von Tag zu Tage!
Dann siehst du, mocht' auch Irrthum dich gefährden,
Mocht' edler Wille halten ihm die Wage,
Wie du geworden, was dir bleibt zu werden,
Von Tag zu Tage.
Otto Roquette
Zu deinen Füßen will ich ruhn
Und dir ins Auge schaun,
Die blaue Nacht mag leise nun
Auf uns herniedertaun.
Schon tauchet aus dem stillen See
Des Mondes Bild empor,
Und kühner schweift das scheue Reh
Durch Wald und Wiesenmoor.
Mein Haupt laß ruhn auf deinem Schoß,
Da ruht es sanft und weich.
Wie ist der Himmel weit und groß,
Wie ist die Erde reich!
Der schönste Stern in blauer Nacht,
Der schönste Stern bist du,
In deines Lichtes sanfter Pracht,
O gönne mir die Ruh!
An deinem Herzen laß mich...
Otto Roquette
Abschiedsstunde
Ich stellte gern die alte Uhr zurück!
Die Zeiger machen hastend ihre Runde –
Wir aber haben nur die eine Stunde,
Dann mußt du gehn, und mir dir geht das Glück!
Wie leer wirds dann in meinem Stübchen sein!
Der Frühlingssturm wird an die Fenster klopfen,
Die Winternebel von den Scheiben tropfen –
Und immer bin ich einsam und allein!
So sieh mich an, so liebevoll und still!
Kein Abschiedsschmerz darf mir das Bild verwischen,
Nach Jahren noch soll's mir das Herz erfrischen –
Ich...
Anna Ritter
Junger Tag
Aus Schleiern des Morgens
Hebt sich der Tag.
Noch hängt an der Wimper
die blitzende Thräne,
Noch huschen die Wölkchen,
Gleich ängstlichen Träumen,
Über die strahlende Kinderstirn –
Aber jubelnd über sein Leben
Will sich die ewige Sonne schon heben,
Küßt ihm den Scheitel
In segnender Liebe,
Weckt ihm die Sehnsucht,
Die knospende auf
Und zieht seinen ersten,
Zagenden Schritten,
Ein leuchtender Herold
Der Schönheit, vorauf!
Anna Ritter
Wie liegt die Welt so stille,
Als hätt' ein heil'ger Wille
Sie fest mit Schlaf umhegt;
Die weißen Nebel steigen,
Der Wind schläft in den Zweigen,
Kein Blättchen sich mehr regt.
Auf dunklen Himmelswogen
Kommt nun die Nacht gezogen
In ihrem goldnen Kahn,
Ich steh' in meinem Garten,
Als sollt ich wen erwarten –
Und geh' doch Niemand an!
Anna Ritter
Aufschrei
Blühend sein und doch nicht leben sollen,
Mit der Sehnsucht noch, der heißen, tollen,
Vor der fest verschlossnen Türe stehn –
Durstig sein, und doch nicht trinken, trinken,
Wenn die goldnen Freudenbecher winken,
Jeder Wonne scheu vorübergehn –
Lechzen, ach, nach seligem Genießen,
Und die trunknen Augen doch zu schließen,
Weil des Schicksals harter Spruch es will –
Darben, darben, wenn sich Andre küssen,
Elend sein, und dennoch lachen müssen,
Immer lachen ….
Still, mein Herz, o still!
Anna Ritter
Natur gehet für die Lehr
Art lässet nicht von Art, die Katze läßt das Mausen,
Der Dieb das Stehlen nicht, die Affen wollen laufen,
Der Garten bringt sein Kraut, der Hirte treibt fürs Thor,
Was ehmals Wasser war, wird Wasser wie zuvor.
Salz komt aus Wasser her, es quillet aus der Erden,
Kan auch mit schlechter Müh' ein Wasser wiedrum werden,
Und weil denn Eis und Schnee aus Wasser ist gemacht,
So wird es auch sehr leicht ins Wasser wieder bracht.
Die Katz' hält zwar das Licht, wann Salomo will...
Johann Rist
Gold
Gold macht nicht jeden reich,
Gold ist geschmeidig und weich
Wie ein Lurch.
Schlängelt sich zwischen den Fingern durch.
Gold entrollt, von Gott gewollt.
Gold soll nicht frech sein.
Gold darf nicht Blech sein,
Nicht durchmessingt oder durchsilbert.
Gold will redlich frei sein,
Ohne aufgezwungnes Beisein,
Hören Sie, Gilbert?
Gold macht uns trunken. Gold
Stinkt als Halunkensold.
Gold macht nicht gut.
Gold wittert Blut.
Gold macht nicht froh.
Wo ist Gold? Wo?
In Europa ist kein Gold mehr...
Joachim Ringelnatz
Abgesehen von der Profitlüge
Die kurzen Beine der Lüge sind
Auch nur etwas Relatives.
Ein Segler kreuzend gegen Wind
Ist immer etwas Schiefes.
Ob sie aus Anstand, aus Mitleid gibt,
Sich hinter der Kunst will schützen,
Wenn sie nicht innerst sich selber liebt,
Wird Lüge niemandem nützen.
Es gibt eine Lüge politisch und kühn,
Und die ist auch noch zu rügen.
Ich meine: Wir sollten uns alle bemühn,
Möglichst wenig zu lügen.
Joachim Ringelnatz