Wille Zitate (Seite 244)
Ehe eine Zeit aufbricht und weiterzieht, schickt sie immer fähige und vertraute Menschen voraus, ihr das neue Lager abzustecken. Ließe man diese Boten ihren Weg gehen, folgte man ihnen und beobachtete sie, erführe man bald, wo die Zeit hinaus will. Aber das tut man nicht. Man nennt jene Vorläufer, Unruhestifter, Verführer, Schwärmer und hält sie mit Gewalt zurück. Aber die Zeit rückt doch weiter mit ihrem ganzen Trosse, und weil sie nichts bestellt und angeordnet findet, wohnt sie sich ein,...
Carl Ludwig Börne


Soll man die Menschheit beweinen oder über die Menschen lachen? Jeder, wie er will: es ist eines wie das andere. Ob wir spotten oder ernst sind, kriechen oder hüpfen, zaudern oder fortstürmen, hoffen oder fürchten, glauben oder zweifeln – am Grabe begegnen wir uns alle. Doch eins ist, was nützt: die Klarheit. Eins ist, was besteht: das Recht. Eins ist, was besänftigt: die Liebe.
Carl Ludwig Börne
Die öffentliche Meinung ist eine See, und man behandelt sie wie eine Suppe. Verrückte Köche stehen vor ihr - der eine wirft Salz hinein, der andere Zucker; ein dritter kommt mit dem Schaumlöffel, die Blasen abzuheben, ein vierter bläst, daß ihm die Backen schmerzen, ein fünfter will sie aufessen; ein sechster sie dem Haushunde vorsetzen; ein siebtenter sie in das Spülfaß schütten. Wahrhaftig, die Kinder auf der Gasse werden euch noch auslachen!
Carl Ludwig Börne
Die Philosophen sind doch sonderbare Käuze. Den Egoismus der einzelnen Menschen will keiner gelten lassen, da schreien alle, er wäre sündlich, wider Moral und Christentum. Den Egoismus der Menschheit hingegen predigt ein jeder. Schon mit der Ammenmilch wird er uns eingeflößt: "Wir Menschen sind die Kronen der Schöpfung, und die ganze Welt ist unser wegen da; drum preiset, ihr Kinder, Gott den Herrn und bewundert seine Weisheit." O Eitelkeit der Eitelkeiten! Die Erde ist das Komödienhaus in...
Carl Ludwig Börne