Wenn Dann Zitate (Seite 119)
Psst
Träume deine Träume in Ruh
Wenn du niemandem mehr traust
Schließe die Türen zu,
Auch deine Fenster,
Damit du nichts mehr schaust.
Sei still in deiner Stille,
Wie wenn dich niemand sieht.
Auch was dann geschieht,
Ist nicht dein Wille.
Und im dunkelsten Schatten
Lies das Buch ohne Wort.
Was wir haben, was wir hatten,
Was wir…
Eines Morgens ist alles fort.
Joachim Ringelnatz
Roter Mond
Wenn am Abend
Wellen plätschern
weil der Ostwind
leise weht,
wenn die Dämm'rung
senkt sich nieder,
dann die Welt zur
Ruhe geht.
Rot siehst du den
Mond aufgehen,
steigt hervor aus
Meerestiefen
und ein Traum
beginnt zu
wandern,
Phantasie beginnt
zu fließen.
Jeder Schleier,
jede Wolke
birgt in sich
ein neues Bild
und im Rauschen
mit den Wellen
wird man wieder
wie ein Kind.
Otto Reinhards
Nachtgedanken
Wenn ich mein Tagewerk vollbracht,
am Himmel hell die Sterne glüh'n,
dann fangen gegen Mitternacht
bei mir Gedanken an zu sprüh'n.
Ich denke an Unendlichkeit
und an Galaxien im All,
an die enorme Helligkeit
nach dem sagenhaften Urknall.
Und wie alles funktioniert,
auch nach zig Millionen Jahren,
und ob es jemand kontrolliert,
dem bewusst sind die Gefahren.
Viel mehr noch geht mir durch den Sinn,
wenn ich zum Sternenhimmel schau,
doch irgendwann, so mitten drin,
denk ich mir...
Horst Rehmann
In einem Boot
Das Leben ist ein großes Meer,
wir rudern drauf in einem Boot,
und kommt ein Sturmtief mal daher,
geraten wir in höchste Not.
Dann gilt das Wort Zusammenhalt,
für die Schwarzen, Gelben, Weißen,
es gilt sowohl für Jung und Alt,
für die Armen und die Reichen.
Wenn jeder nur sein Bestes gibt,
ist dies Ruderboot zu retten,
wenn jeder seinen Nächsten liebt,
schwinden Kriege, Not und Ketten.
So beenden wir die Qualen,
vergessen Neid, Hass und Feinde,
Konkurrenz und auch...
Horst Rehmann
Denn wenn du denkst …
Denn wenn du denkst es geht nichts mehr,
so sagt man gern in seiner Not,
man wünscht, es kommt ein Lichtlein her,
spontan, mit einem Angebot.
Doch bleibt das Lichtlein im Versteck,
macht sich sofort Enttäuschung breit,
nur etwas Hoffnung im Gepäck
erzeugt den Druck, der vorwärts treibt.
Zu guter Letzt wird einem klar,
nur wer sich selbst hilft, kommt voran,
ein Sprichwort ist nicht immer wahr,
es tröstet nur – so dann und wann.
Horst Rehmann
Ein böser Satz ist schnell gesagt,
Bei dem der Andere selbst weint,
Wenn man den Grund dann hinterfragt,
Wird böse Absicht stets verneint.
Es ist doch nur so raus gerutscht,
Die Sache müsse man versteh'n,
Die Nerven seien aufgeputscht,
Deshalb dies peinliche Verseh'n.
Diese Botschaft wird vernommen,
Doch der Satz bleibt lange haften,
Die Seele ist fortan beklommen,
Nur schwer ist Bosheit zu verkraften.
So manch ein unbedachtes Wort,
zerstört vielleicht ein frohes Leben,
Wenn man es sagt am...
Horst Rehmann
Ist es denn Unrecht, wenn ich für euch erglühte?
Und Schmach, wenn ich in Eures Leibes Pracht,
Die Samt und Seide neidisch überdacht,
Gedankenvoll mit meinen Wünschen wüte?
Verstattet diesem hitzigen Geblüte,
Daß es an Euer Liebespförtchen poch!
Dann seufzt ihr wohl:
"Wie, werter Freund, schon müde?
Nur einmal noch!"
François Rabelais
Wie sich dies Lied ans Herz mir schmiegt
Wie sich dies Lied ans Herz mir schmiegt,
Bis leis die Tränen rinnen;
Die ganze Frühlingssehnsucht liegt
Verführerisch darinnen.
Mir ist's, als hätt' auch ich gefühlt
Des Liedes Glut und Minne,
Als hätt' sein Ton mir aufgewühlt
Die junge Kraft der Sinne.
Mir ist's, als hätt' mein Lenz gewagt,
Dem Lied sich zu vergleichen…
Wenn ihr mich einst zu Grabe tragt,
Spielt's hinter meiner Leichen.
Wenn sich bei seinen Tönen regt
Kein Lächeln, keine...
Rudolf Presber
herz und verstand
erst wenn dein herz
aus seinem tiefsten
inneren heraus
zu einem menschen
ja sagt
und wenn auch
dein verstand
im klarsten bewußtsein
aus voller überzeugung
zu einem menschen
ja sagen kann
erst dann bist du
wirklich bereit
einem menschen
das geben zu können
was du für ihn
bereit bist zu geben
und das
empfangen zu können
was ein dich
liebender mensch
dir zu geben
bereit ist
Markus Prem
Was nützt es, wenn das brache Feld ...
Was nützt es, wenn das brache Feld
Die Furche nur vom Pflug erhält?
Streust du nicht Samen auch hinein,
Wird Unkraut nur die Ernte sein!
Mein Schatz, mit deinem Blick, so mild,
Hast du das Herz mir aufgewühlt,
Ja scharf, wie eines Pfluges Erz,
Fuhr mir's da mitten durch das Herz.
Doch ward mein Herz umsonst gepflügt,
Da doch nur Gram...
Sándor Petöfi
Wer kann in guten Tagen,
So lang das Glücke mild,
Und es zu Tische gilt,
Von rechter Liebe sagen?
Ob einer ist mein Freund,
Und ob er's treulich meint,
Wird daran nicht erkennet,
Wenn er mich Bruder nennet.
Wenn's Glück einst von mir weichet,
Wer's dann am besten meint,
Und mir die Hände reichet,
Der ist mein rechter Freund.
Adam Olearius
Vergiß mein nicht, wenn lockre kühle Erde
Dies Herz einst deckt, das zärtlich für dich schlug.
Denk, daß es dort vollkommner lieben werde,
Als da voll Schwachheit ich's vielleicht voll Fehler trug.
Dann soll mein freier Geist oft segnend dich umschweben
Und deinem Geiste Trost und süße Ahndung geben.
Denk, daß ich's sey, wenns sanft in deiner Seele spricht:
Vergiß mein nicht! Vergiß mein nicht!
Novalis
Mit Leib und Seel'
Manchmal im Traume meiner Nacht
Umschling' ich sie mit tiefer Glut
In ihrer ganzen nackten Pracht
Und tu, was heiße Liebe tut …
Doch wenn sie dann am Tage mir
Begegnet, keusch und rein wie je,
Schäm' ich so bitter mich vor ihr,
Daß ich ihr kaum ins Auge seh'.
Sie aber lächelt still und fein,
Als wüßte sie, was ich verhehl'
Und spräche: Kann es anders sein
Wenn du mich liebst mit Leib und Seel'?
Und hast du nie daran gedacht,
So keusch ich dir am Tage schien,
Ob nicht die...
A. de Nora (Pseudonym für Anton Alfred Noder)
Das Lied vom blonden Korken
Ein blonder Korke spiegelt sich
in einem Lacktablett -
doch säh' er nichts von seinem Ich,
selbst wenn er Augen hätt'!
Das macht, dieweil er senkrecht steigt
zu seinem Spiegelbild!
Wenn man ihn freilich seitwärts neigt,
zerfällt, was oben gilt.
O Mensch, gesetzt, du spiegelst dich
im, sagen wir, - im All!
Und senkrecht! - wärest du dann, sprich,
nicht ganz im gleichen Fall?
Christian Morgenstern
Die Kugeln
Palmström nimmt Papier aus seinem Schube.
Und verteilt es kunstvoll in der Stube.
Und nachdem er Kugeln draus gemacht.
Und verteilt es kunstvoll, und zur Nacht.
Und verteilt die Kugeln so (zur Nacht),
daß er, wenn er plötzlich nachts erwacht,
daß er, wenn er nachts erwacht, die Kugeln
knistern hört und ihn ein heimlich Grugeln
packt (daß ihn dann nachts ein heimlich Grugeln
packt) beim Spuk der packpapiernen Kugeln ...
Christian Morgenstern