Wenn Zitate (Seite 61)
Wenn ich in Nächten wandre
Ein Stern wie viele andre,
So folgen meiner Reise
Die goldnen Brüder leise.
Der erste sagts dem zweiten,
Mich zärtlich zu geleiten,
Der zweite sagts den vielen,
Mich strahlend zu umspielen.
So schreit ich im Gewimmel
Der Sterne durch den Himmel.
Ich lächle, leuchte, wandre
Ein Stern wie viele andre.
Klabund
Wenn abgewaschen von der Zeit
Das Unrecht sein wird und die Gier,
Dann blühen Blumen weit und breit
In nie geseh'ner Pracht und Zier.
Dann sprudelt hell der Schönheit Born
Aus tausend Quellen wundersam,
Und Sangesweisen werden laut,
Wie sie bis heut' kein Ohr vernahm.
Die pflanzen fort und ewig fort
Der Menschheit höchsten Jubelschrei,
Bis alle Erdenmenschen ihn
Mitrufen können: Wir sind frei!
Leopold Jacoby
Wenn du, um größ'res Weh zu meiden,
von dem, was du geliebt, mußt scheiden –
Geh nicht in Groll! Geh nicht in Zorn!
Die Zeit wird mildern deine Schmerzen;
Doch gehst du mit verhülltem Herzen,
Bleibt in der Wunde dir der Dorn.
Du mußt ihn immerdar empfinden,
Manch größ'res Leiden wird verschwinden,
Indes das kleine dir verblieb;
Es wird vergiften dir das Leben,
Daß du gezürnt und nicht vergeben;
Drum – eh du scheidest, o vergib!
Ludwig Ißleib
Wenn dann vorbei des Frühlings Blüte schwindet,
So ist der Sommer da, der um das Jahr sich windet.
Und wie der Bach das Tal hinuntergleitet,
So ist der Berge Pracht darum verbreitet.
Daß sich das Feld mit Pracht am meisten zeiget,
Ist, wie der Tag, der sich zum Abend neiget;
Wie so das Jahr verweilt, so sind des Sommers Stunden
Und Bilder der Natur dem Menschen oft verschwunden.
Johann Christian Friedrich Hölderlin