Welt Zitate (Seite 92)
Die Stadt verschlingt Schlaf
Die Stadt verschlingt Schlaf,
wir hier oben,
Lichter,
gedämpft und scheu
legt sich Nacht auf die Dächer,
lachender Tanz der Sterne,
sinnlose Liebesnächte,
froh verzweigt Linien
zertreten vom Menschenmeer,
traurig
im dunklen Kleid
küßt uns die Nacht
in den träumerischen Tod,
begeistert wie freudlos,
hastig löscht der Morgen
treues Feuer,
wirft uns in eine Welt
roher Lichterfluten.
Michael Beisteiner
O denket nicht vom Lied gering
O denket nicht vom Lied gering,
Denn segnen will's und raten;
Sein Silbenfall, sein Bilderschwung
Sind unterdrückte Thaten.
Von Göttern war der Himmel voll,
Doch öde war ihr Busen;
Stumm war noch die Unsterblichkeit,
Da schuf sich Zeus die Musen.
Das Lied, es ist des Herzens Brot,
Wir können es nicht missen,
Am Sarg und an der Wiege nicht,
Es ist der Welt Gewissen!
Karl Beck
Verbleibst ihm dennoch hold gewogen
Verbleibst ihm dennoch hold gewogen,
mein Herz, das in der Jugend bricht!
Er hat ja nimmer dich belogen,
Du hast ja gern dich selbst betrogen,
Was du gejubelt, weiß er nicht.
Dein wonnig Lied, dein scheues Beben,
Du hast es ihm ja nie geklagt;
Hast keiner Seele preisgegeben
Dein wundervolles Liebeleben,
Dir's selbst in Räthseln nur gesagt.
Kein Gott hat ihn mit dir verbündet,
Doch deine Sendung ist bestellt;
Nie hat die Ahnung ihm verkündet,
Wo deines...
Karl Beck
Wir werden uns nicht wiedersehn
Wir werden uns wohl niemals wiedersehn,
Denn ungleich sind die Launen und die Stunden,
Und deine Gegenwart ist mit Gefahr verbunden.
Drum werd' ich weislich dir stets aus dem Wege gehen.
Scheint diese Furchtsamkeit dir etwas übertrieben?
O! so bedenke nur:
Wer könnte Kaltsinn üben,
Wo Schönheit und Natur
Uns nöthigen zu lieben?
Nun denn! die kleinste Lust, dich flüchtig nur zu sehn,
Versag' ich mir, die Welt könnt's zum Verbrechen machen.
Wenn auch Verleumdung...
Gabriele von Baumberg
Scheiden
Fahr' wohl, mein Lieb, der Morgen graut,
Fahr' wohl, wir müssen uns trennen.
Das Scheiden ist ein bitt'res Kraut,
Von heißen Tränen ist's betaut,
Und seine Blätter brennen.
Es sprießen Blumen ohne Zahl,
Wo Minne und Jugend werben.
Wo zwei in stummer Herzensqual
Beisammensteh'n zum letzten Mal,
Die Gräser und Blumen sterben.
Schau mich noch einmal lächelnd an,
Das will ich zum letzten bitten.
Du hast mir viel zu Lieb' gethan,
Die Welt hat's nicht gelitten.
Dort drüben am Bach eine...
Rudolf Baumbach
Mondlicht
Des nachts küßt mich das Mondlicht
auf meine feuchte Stirn.
Verspricht mir, es wird besser,
verspricht mir einen Sinn.
Wenn bleiche Schatten fallen,
in Träume, die vergehn.
Streicht sanft es übers Haar mir;
die Welt wird weiterdrehn.
Wenn blaß der Morgen anbricht,
zieht still es sich zurück.
Geh deinen Weg zu Ende,
dort findest du dein Glück!
Margot S. Baumann
Nacht
Die Nacht senkt ihre weichen Arme,
Über die Welt und sendet Ruh.
Schließt eure Augen, habt Erbarmen.
Die Dunkelheit deckt alles zu.
Für kurze Zeit, wir finden Frieden.
Der Schlaf lockt mit Vergessenheit.
Geschichten, die wir heut‘ geschrieben.
Sind nicht für alle Ewigkeit.
Nur kurz wir auf der Erde weilen
Nicht immer bleibt etwas zurück.
Manch‘ Wunde wird nie wieder heilen.
Nicht alle finden etwas Glück.
Viel Leid manch einer hat gesehen.
Die Unschuld uns schon früh geraubt.
Der Geist,...
Margot S. Baumann
Weihnachtslied
Ein Kindlein ist gekommen
Vom hohen Himmelssaal,
Das hat hinweggenommen
Der Erde Weh und Qual.
In einer Krippe liegen
Sieht man das Gotteskind,
In dem sich niederbiegen
Der Esel und das Rind.
Damit wir Frieden hätten
Von unsrer Sünde Last,
Ließ sich so niedrig betten
Der königliche Gast.
Da hörten frohe Märe
Die Hirten auf dem Feld,
Daß uns geboren wäre
Der Heiland aller Welt.
Des Dankes Lieder klangen
Zum Himmel nah und fern;
Viel Tausend Englein sangen:...
Karl Friedrich Adolf Konrad Bartsch
Neid
Still hockt vor seiner Schwelle
Ein müder Bauersmann,
Ein wandernder Geselle
Blickt ihn neidisch an.
"Ach, wer's doch auch so hätte!"
Er denkt es wehmutsvoll,
"Noch winkt mir keine Stätte,
Wo ich heut rasten soll."
Der Bauer in seinem Grolle
Sinnt: "Schlecht ist das bestellt.
Ich quäl mich an der Scholle,
Der Lump besitzt die Welt!"
Paul Barsch
Die Erfindung
Als ich zum ersten Male diesen Narren
Mein neues Totenwäglein vorgeführt,
War alle Welt im Leichenhaus gerührt
Von ihren Selbstportraits und anderen Schmarren.
Sie sagten mir: nun wohl, das sei ein Karren,
Jedoch die Räder seien nicht geschmiert,
Auch sei es innen nicht genug verziert
Und schließlich wollten sie mich selbst verscharren.
Sie haben von der Sache nichts begriffen,
Als daß es wurmig zugeht im Geliege
Und wenn ich mich vor Lachen jetzt noch biege,
So ist es, weil sie...
Hugo Ball
Noch lange stand ich wortlos, wie gebannt,
wie lauschend jener andern fernen Welt –
ihr woget zauberhaft rings um mich her
wie meiner Sehnsucht unermeßlich Meer.
Ich muß dich fassen mit der Sehnsucht Macht,
wenn ich mein Selbst aus dir will wiederfinden –
es ist durch dich ein Ton in mir erwacht,
auf den ich lange, lange, lang geharrt.
Luise Baer
Still von unsichtbarer Hand
Sah die Welt sich schmücken,
Und es wandelt übers Land
Ruhiges Beglücken.
Unsre alte Erde weit
Sank in frommes Sinnen,
Ahnend ihrer heiligen Zeit
Keimendes Beginnen.
Bald ist alles in dem Rund
Werdens voll und Waltens,
Jede Scholle wird zum Grund
Schwelgenden Gestaltens.
Reichtum siehst du jeden Platz
Aus der Tiefe heben,
Schenkend zeigt versenkten Schatz
Jedes Stückchen Leben.
Ferdinand Ernst Albert Avenarius
Ich liebte sie,
Verschlossen war sie, stille;
Und ihrer Schönheit Fülle
Versiegte nie.
Der Blume gleich,
Glaubt ich die Welt verstecket,
Wo nie ein Ton erwecket,
Ihr Herz wie reich.
Du liebe Zeit,
Da fängt sie an zu sprechen,
Will mir das Herze brechen,
Ach, wie sie schreit;
Ich fühl mich arm,
Nun sie sich reicher fühlet,
Wie ist mein Herz erkühlet,
Was einst so warm.
Karl Joachim Friedrich Ludwig »Achim« von Arnim
Ritt im Mondschein
Herz zum Herzen ist nicht weit
Unter lichten Sternen,
Und das Aug, von Tau geweiht
Blickt zu lieben Fernen.
Unterm Hufschlag klingt die Welt,
Und die Himmel schweigen,
Zwischen beiden mir gesellt
Will der Mond sich zeigen.
Zeigt sich heut in roter Glut
An dem Erdenrande,
Gleich als ob mit heißem Blut
Er auf Erden lande.
Doch nun flieht er scheu empor,
Glänzt in reinem Lichte,
Und ich scheue mich auch vor
Seinem Angesichte.
Karl Joachim Friedrich Ludwig »Achim« von Arnim