Welt Zitate (Seite 80)
Die Verschwiegenen
Ich habe wohl, es sei hier laut
vor aller Welt verkündigt,
gar vielen heimlich anvertraut,
was du an mir gesündigt.
Ich sagt’s dem ganzen Blumenheer,
dem Veilchen sagt’ ich’s stille,
der Rose laut, und lauter der
großäugigen Kamille.
Doch hat’s dabei noch keine Not,
bleib’ munter nur und heiter,
die es gewußt, sind alle tot,
und sagen’s nicht mehr weiter.
Hermann von Gilm, Ritter zu Rosenegg
Sämann, geh in Gottes Namen
Und bestell dein Ackerfeld;
Streu' auf Hoffnung deinen Samen
Und vertrau' dem Herrn der Welt;
Warte still auf seinen Segen,
Bitt' um Sonnenschein und Regen,
Daß dein Feld am Erntetag
Goldne Garben bringen mag.
Geh', o Mensch, und säe Thaten
In den Acker deiner Zeit,
Deines Wohlthuns edle Saaten
Reifen für die Ewigkeit.
Darfst du heut' nicht Früchte schauen,
Lerne auf die Zukunft bauen;
Wenn schon lang dein Hügel grün,
Kann dir noch die Ernte blüh'n.
Karl Gerok
Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre,
ihr Schall pflanzt seinen Namen fort.
Ihn rühmt der Erdkreis, ihn preisen die Meere;
Vernimm, o Mensch, ihr göttlich Wort!
Wer trägt der Himmel unzählbare Sterne?
Wer führt die Sonn' aus ihrem Zelt?
Sie kömmt und leuchtet und lacht uns von ferne,
Und läuft den Weg gleich als ein Held.
Vernimm’s und siehe die Wunder der Werke,
Die die Natur dir aufgestellt!
Verkündigt Weisheit und Ordnung und Stärke
Dir nicht den Herrn, den Herrn der Welt?
Christian Fürchtegott Gellert
Wolle keiner mich fragen
Wolle keiner mich fragen,
Warum mein Herz so schlägt.
Ich kann's nicht fassen, nicht sagen,
Was mich bewegt.
Als wie im Träume schwanken
Trunken die Sinne mir;
Alle meine Gedanken
Sind nur bei dir.
Ich hab die Welt vergessen,
Seit ich dein Auge gesehn;
Ich möchte dich an mich pressen
Und still im Kuß vergehn.
Mein Leben möcht' ich lassen
Um ein Lächeln von dir
Und du – ich kann's nicht fassen,
Versagst es mir.
Ist's Schicksal, ist's dein Wille?
Du siehst mich nicht;...
Emanuel Geibel
Es brach schon manch ein starkes Herz,
Da man sein Leben ihm entriß,
Und manches duldend wandte sich
Und ward voll Haß und Finsternis,
Und manches, das sich blutend schloß,
Schrie laut nach Lust in seiner Not
Und warf sich in den Staub der Welt:
Der schöne Gott in ihm war tot.
Dann weint ihr wohl und klagt euch an;
Doch keiner Thräne heißer Reu'
Macht eine welke Rose blühn,
Erweckt ein totes Herz aufs neu! –
Emanuel Geibel
Mädchenlied
In meinem Garten die Nelken
Mit ihrem Purpurstern
Müssen nun alle verwelken,
Denn du bist fern.
Auf meinem Herde die Flammen,
Die ich bewache so gern,
Sanken in Asche zusammen,
Denn du bist fern.
Die Welt ist mir verdorben,
Mich grüßt nicht Blume, nicht Stern;
Mein Herz ist lange gestorben,
Denn du bist fern.
Emanuel Geibel
Die Sprache der Liebe
Das ist der Liebe eigen,
Mit Worten muß sie schweigen;
Sie spricht mit süßen Zeichen
Von Dingen ohne Gleichen.
Es sagt die Hand am Herzen:
Hier innen trag' ich Schmerzen,
Und möchte doch dies Leiden
Um alle Welt nicht meiden.
Im Auge spricht die Thräne:
Wie ich nach dir mich sehne!
Mein Wollen, Denken, Sinnen,
Es will in deins verrinnen.
Es spricht der Lippe Zücken:
O laß dich an mich drücken,
Auf daß im Feuerhauche
Sich Seel' in Seele tauche!
So weht aus stummen...
Emanuel Geibel
Es ist in leere Nüchternheit
Die ganze Welt versunken,
Und keine Zunge redet mehr
Vom heil'gen Geiste trunken.
Die groß geschaut und groß gebaut,
Die schlummern in den Särgen,
Auf ihren Gräbern kriechen wir
Als ein Geschlecht von Zwergen.
Ich aber sage euch: führwahr,
Es wird nicht anders werden,
Bis ihr den Blick nicht himmelwärts
Erhebt vom Staub der Erden,
Bis ihr dem Geist der Liebe nicht,
Dem großen Überwinder,
Demütig euer Herz erschließt
Und werdet wie die Kinder.
Emanuel Geibel
Wo alle Quellen münden
Ich weiß hinterm Erlbusch einen Platz,
einen Winkel, da möcht ich sterben –
Weißt auch warum? Da liegt mein Schatz,
da ging mein Glück in Scherben.
Da liegt er, ach, schon so manches Jahr
in der kühlen Erde begraben;
der Sturm braust über den Hügel fort,
am Wegrain krächzen Raben.
Das Riedgras wächst und die Wolken ziehn,
manch Wandrer geht still vorüber,
die alte Friedhofmauer stimmt
seine Lebensfreude trüber.
Du Friedhofsmauer, du Rasenstreif,
wer wollt deinen...
Else Galen-Gube
Wenn
Ja, hätte mir von Anbeginn
So manches nicht gefehlt,
Und hätt' ich nur mit anderm Sinn
Den andern Weg gewählt,
Und hätt' ich auf dem rechten Pfad
Die rechte Hilf' empfahn
Und so statt dessen, was ich tat,
Das Gegenteil getan,
Und hätt' ich vieles nicht gemußt
Auf höheres Geheiß
Und nur die Hälft' vorher gewußt
Von dem, was heut' ich weiß,
Und hätt' ich ernstlich nur gewollt,
Ja, wollt' ich nur noch jetzt,
Und wäre mir das Glück so hold
Wie manchem, der's nicht schätzt,
Und hätt' ich...
Ludwig Fulda
Dem Tanz der Flocken
bist du Andacht schuldig.
Als Kind sahst du sie fallen nicht wie heute.
Die Jugend achtete des Wunders kaum.
Der Mann, tief eingehüllt in seine Pflichten,
bemerkt nur das, was Nutzen bringt und Sorgen.
Du aber sei dem Tanz der Flocken wieder hingegeben
in Stille und Verlorenheit,
so ohne Wünsche, selbstgenügsam, freundlich,
wie nur ein Kind mag selig lieben,
unschuldig diesen Tanz der Flocken,
verlorne Wunder wieder spüren,
ringsum vergessen die Welt.
Carl Peter Fröhling
Wolke nimm die Träume mit,
trage sie auf weichen Flügeln
über Berge, über Täler –
über Seen, über Wälder –
dorthin wo kein Auge dringt.
Wo kein Vogellied erklingt,
wo das Herz den Schlag vergißt,
wo die Welt noch ruht in Träumen
und die Wolke still zerfließt,
will sich Traum mit Traum vereinen.
Carl Peter Fröhling