Welt Zitate (Seite 73)
Der stille Garten
Wie gefangen liegt die Sonne
Hier in meinem kleinen Garten,
Wo zu immer neuer Wonne
Tausend Wunder auf mich warten.
Fühle von der Welt da draußen
Nichts mehr hinter seiner Türe,
Lass die Stürme all' verbrausen;
Keiner, der ans Herz mir rühre.
Nur den Mond noch und die Sterne
Laß ich in den Garten sehen,
Und so darf ich in die Ferne
Lauter goldne Wege gehen.
Karl Ernst Knodt
Mutig vorwärts
Mutig vorwärts mußt du schreiten
Auf der ird'schen Lebensbahn,
Wenn auch manches wohl zu Zeiten
Dir nicht glückt nach Wunsch und Plan!
Liebend seitwärts mußt du richten
Deine Augen, willst du seh'n,
Wie sich zweier Wege lichten,
Wenn sie Hand in Hand nur geh'n!
Gläubig aufwärts mußt du blicken! –
Wer es mit dem Himmel hält,
Fühlt sich selbst bei Mißgeschicken
Nicht verlassen in der Welt.
Luise Kleinwort
Und doch, wie traurig wäre das Wandern,
Und doch, wie öde wäre die Welt,
Wie kalt der Mond und alle Gestirne,
Wüßt ich nicht fern auf der kleinen Erde
Irgend ein heimliches Nest mir gebaut,
Ein kleines Nestchen,
Und wüßt' ich im Nestchen ein Herz nicht,
Das in Sehnen mir schlägt
Und des Wandernden denkt;
Und säßen im Nestchen
Die Vögelchen nicht
Aufsperrend die Schnäblein,
Und zwitscherten lustig
Und fragten die Mutter:
Kommt der Vater auch bald
Und bringt uns Futter?
Johann Gottfried Kinkel
Den Wäldern ist zu Füßen tief
Das dürre Laub geblieben;
Am Himmel steht ein Scheidebrief
Ins Abendrot geschrieben.
Die Wasser glänzen still und kühl,
Ein Herbst ist drin ertrunken;
Mir ist ein schauernd Grabgefühl
Ins warme Herz gesunken.
Du schöne Welt! muß ich wohl bald
In diese Blätter sinken,
Daß andres Herz und andrer Wald
Die Lebenslüfte trinken?
Wenn du für dieses Herzens Raum
Ein Beßres weißt zu finden,
Laß mich aus deinem Lebenstraum
Rasch und auf ewig schwinden!
Gottfried Keller
Die Entschwundene
Es war ein heitres goldnes Jahr,
Nun rauscht das Laub im Sande,
Und als es noch in Knopsen war,
Da ging sie noch im Lande.
Besehen hat sie Berg und Tal
Und unsrer Ströme Wallen;
Es hat im jungen Sonnenstrahl
Ihr alles wohlgefallen.
Ich weiß in meinem Vaterland
Noch manchen Berg, o Liebe,
Noch manches Tal, das Hand in Hand
Uns zu durchwandern bliebe.
Noch manches schöne Tal kenn' ich
Voll dunkelgrüner Eichen; –
O fernes Herz, besinne dich
Und gib ein leises Zeichen!
Da eilte...
Gottfried Keller
Schifferliedchen
Schon hat die Nacht den Silberschein
Des Himmels aufgetan:
Nun spült der See den Widerschein
Zu dir, zu dir hinan!
Und in dem Glanze schaukelt sich
Ein leichter dunkler Kahn;
Der aber trägt und schaukelt mich
Zu dir, zu dir hinan!
Ich höre schon den Brunnen gehn
Dem Pförtlein nebenan,
Und dieses hat ein gütig Wehn
Von Osten aufgetan.
Das Sternlein schießt, vom Baume fällt
Das Blust in meinen Kahn;
Nach Liebe dürstet alle Welt –
Nun, Schifflein, leg dich an!
Gottfried Keller
Frühlingsglaube
Es wandert eine schöne Sage
Wie Veilchenduft auf Erden um,
Wie sehnend eine Liebesklage
Geht sie bei Tag und Nacht herum.
Das ist das Lied vom Völkerfrieden
Und von der Menschheit letztem Glück,
Von goldner Zeit, die einst hienieden,
Der Traum als Wahrheit, kehrt zurück.
Wo einig alle Völker beten
Zum Einen König, Gott und Hirt:
Von jenem Tag, wo den Propheten
Ihr leuchtend Recht gesprochen wird.
Dann wird's nur eine Schmach noch geben,
Nur eine Sünde in der Welt:
Des...
Gottfried Keller
Winternacht
Nicht ein Flügelschlag ging durch die Welt,
Still und blendend lag der weiße Schnee,
Nicht ein Wölklein hing am Sternenzelt,
Keine Welle schlug im starren See.
Aus der Tiefe stieg der Seebaum auf,
Bis sein Wipfel in dem Eis gefror;
An den Ästen klomm die Nix' herauf,
Schaute durch das grüne Eis empor.
Auf dem dünnen Glase stand ich da,
Das die schwarze Tiefe von mir schied;
Dicht ich unter meinen Füßen sah
Ihre weiße Schönheit Glied um Glied.
Mit ersticktem Jammer tastet' sie
An...
Gottfried Keller
Wie schlafend unterm Flügel ein Pfau den Schnabel hält,
Von luft'gen Vogelträumen die blaue Brust geschwellt,
Geduckt auf einem Fuße, dann plötzlich oft einmal
Im Traume phantasierend das Funkelrad erstellt:
So hing betäubt und trunken, ausreckend Berg und Tal,
Der große Wundervogel in tiefem Schlaf, die Welt;
So schwoll der blaue Himmel von Träumen ohne Zahl,
Mit leisem Knistern schlug er ein Rad, das Sternenzelt.
Gottfried Keller
Abendlied
Augen, meine lieben Fensterlein,
Gebt mir schon so lange holden Schein,
Lasset freundlich Bild um Bild herein:
Einmal werdet ihr verdunkelt sein!
Fallen einst die müden Lider zu,
Löscht ihr aus, dann hat die Seele Ruh;
Tastend streift sie ab die Wanderschuh,
Legt sich auch in ihre finstre Truh.
Noch zwei Fünklein sieht sie glimmend stehn
Wie zwei Sternlein, innerlich zu sehn,
Bis sie schwanken und dann auch vergehn,
Wie von eines Falters Flügelwehn.
Doch noch wandl ich auf dem...
Gottfried Keller
Glänzender Stern!
Glänzender Stern! Wär ich doch stet wie Du –
Nicht Schimmern, einsam aufgehängt zur Nacht,
Und schlaflos, offnen Lides immerzu,
Einsiedler der Natur, der duldsam wacht,
Wie sich das Meer bewegt, das priestergleich
Die Menschenküsten reinwäscht auf der Welt,
Und auf den Schnee blickt, dessen Maske weich
Auf Heideland und Hügel niederfällt –
Nein – und doch stetig, stets unwandelbar,
Gebettet auf der Liebsten junger Brust,
Dem sanften Auf und Ab für immer nah,
Für immer wach...
John Keats
Familienglück – o heilig stiller Tempel,
Der Liebe Kultus, der nur Liebe heischt,
Auf unser Dasein drückst erst du den Stempel,
Verbindest Herzen, wo die Welt zerfleischt.
Es ging das Paradies für uns verloren,
Der Cherub wehrt der Vermessenheit;
Doch ward ein neues Eden uns geboren
In deinen Träumen, traute Häuslichkeit! –
Eduard Ernst Heinrich Kauffer