Welt Zitate (Seite 69)
Die Sonne will sterben. Es trübt sich mein Blick.
Die Seele ahnt sehnend ihr künftig Geschick.
Es taucht hinter Wolken die strahlende Glut
Des sterbenden Lichtes in schlummernde Flut.
Wie schön ist des Glutballs fliegender Tod!
Die dämmernden Höhen in Purpur er taucht,
Die schimmernden Wellen sein Kuß überhaucht…
Da stirbt in den Wassern die schweigende Pracht,
Der Himmel erlischt und bedeckt sich mit Nacht.
Mein Herz ist von bebender Wehmut geschwellt:
Ich sah dort versinken – Die Heimat der...
John Henry Mackay
Das Wunderbarste unterm Himmelszelt,
Das Unerforschlichste in dieser Welt,
In dessen Tiefen nie ein Sterblicher geschaut,
Das der nur kennt, der's Wunderwerk gebaut;
Das All im All, das Tröpfchen Blut,
Drin wacht und ruht
Das tiefste Leid, die höchste Lust:
Es ist das Herz in einer Menschenbrust!
Johann Dietrich Lüttringhaus
Ultimo
so still ist's hier
so friedlich gar
wie Schnee auf freier Heide
die Welt erscheint
wie wunderbar
in einem neuen Kleide
die Erde schweigt
ein Engel singt
die Menschheit ist vergangen
der letzte Ton
im All verklingt
und mit ihm Weh und Bangen
vorbei die Furcht
die Leidenschaft
das wilde Umgetriebe
vorbei ist's mit
der Lebenskraft
sowie der Menschen Liebe
es ist vollbracht
man glaubt es kaum
zu Ende sind die Dramen
und nirgendwo
im Weltenraum
kennt man noch deinen Namen!
Thomas S. Lutter
Es bringt euch alle Seligkeit
die Gott der Vater hat bereit’
daß ihr mit uns im Himmelreich
sollt leben nun und ewiglich.
So merket nun das Zeichen recht:
die Krippen, Windelein so schlecht.
Da findet ihr das Kind gelegt,
das alle Welt erhält und trägt.
Des laßt uns alle fröhlich sein
und mit den Hirten gehn hinein,
zu sehen, was Gott uns hat beschert,
mit seinem lieben Sohn verehrt.
Martin Luther
Die Mordsmode
Einen kleinen Vogel hatte früher
Jede Dame, nämlich auf dem Hut.
Unter zwei bis dreien heutzutage
Es die Modedame nicht mehr tut.
In der ganzen Welt beginnt ein Morden,
Überall da knallt das Schießgewehr;
Rar geworden sind die Papageien,
Kolibris, die gibt's schon gar nicht mehr.
Einen bessern Piepmatz sich zu leisten,
Ach, der Mittelstand, der kann es nicht,
Aber einen Vogel muß man haben,
Und so nimmt man eben, was man kriegt:
"Nein, die Preise sind nicht zu bezahlen."
Sagt...
Hermann Löns
Frühling
Hoch oben von dem Eichenast
Eine bunte Meise läutet
Ein frohes Lied, ein helles Lied,
Ich weiß auch, was es bedeutet.
Es schmilzt der Schnee, es kommt das Gras,
Die Blumen werden blühen,
Es wird die ganze weite Welt
In Frühlingsfarben glühen.
Die Meise läutet den Frühling ein,
Ich hab es schon lange vernommen,
Er ist zu mir bei Eis und Schnee
Mit Singen und Klingen gekommen.
Hermann Löns
Der Irisball
Und glich mein Sinn nun jenem zarten Ball,
Vom Hauch der Kinderlippen sanft geschwellt,
Langsam hinschwebend in der Sonne Glanz:
Nur eines Rosenstrauchs blüh'nde Pracht,
Nur eine lichte Sommerwolke spiegelnd
Von all' der weiten Herrlichkeit der Welt –
Verhauchend wollte ich, des Dankes voll,
In tausendfachem Irisglanz brechen
Den Strahl des Himmelslichts, der mich küßte.
Julius Lohmeyer