Weinen Zitate (Seite 8)
Der Tod im Schacht
Zweihundert Männer sind in den Schacht gefahren.
Mütter drängen sich oben in Scharen.
Rauch steigt aus dem Schacht.
Die Kohlenwälder nachtunten glühen,
urwilde Sonnenfeuer sprühen.
Rauch steigt aus dem Schacht.
Retter sind hinabgestiegen;
kamen nicht wieder, sie blieben liegen.
Rauch steigt aus dem Schacht.
Der Brandschlund frißt seine Opfer – und lauert.
Die brennenden Stollen werden zugemauert.
Rauch steigt aus dem Schacht.
Zweihundert waren in den Schacht...
Gerrit Engelke
Das Bilderbuch
Von der Poesie sucht Kunde
Mancher im gelehrten Buch,
Nur des Lebens schöne Runde
Lehret dich den Zauberspruch;
Doch in stillgeweihter Stunde
Will das Buch erschlossen sein,
Und so blick ich heut hinein,
Wie ein Kind im Frühlingswetter
Fröhlich Bilderbücher blättert,
Und es schweift der Sonnenschein
Auf den buntgemalten Lettern,
Und gelinde weht der Wind
Durch die Blumen, durch das Herz
Alte Freuden, alten Schmerz -
Weinen möcht ich, wie ein Kind!
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Frühlingsnacht
Übern Garten durch die Lüfte
Hört ich Wandervögel ziehn,
Das bedeutet Frühlingsdüfte,
Unten fängts schon an zu blühn.
Jauchzen möcht ich, möchte weinen,
Ist mir's doch, als könnt's nicht sein!
Alte Wunder wieder scheinen
Mit dem Mondesglanz herein.
Und der Mond, die Sterne sagen's,
Und in Träumen rauscht's der Hain,
Und die Nachtigallen schlagen's:
Sie ist deine, sie ist dein!
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Was sollen Tränen?
Ich möchte weinen und will es nicht –
Was sollen die Tränen?
Sie fallen und brennen, und trösten nicht –
Was trösten Tränen?
Was tröstet auf Erden? Es tröstet nichts,
Auch nicht die Liebe;
Ein Träumen im Zauber des Morgenlichts,
Das ist die Liebe.
Es entschwebt, verduftet und läßt uns zurück
In Sehnsuchtstrauer –
Das Träumen allein ist auf Erden Glück,
Und das Glück ist Trauer.
Ida von Düringsfeld
Reinigung
Und als Du leise mich geküßt
Und Dich mir angeschmiegt,
War mir's, als ob ich weinen müßt' –
Mein Lieb, Du hast gesiegt.
Der brandigen Gedanken Heer
Vertrieb Dein junger Mut,
Mein ganzes Herz begierdeleer
In Deinen Händen ruht.
O hab' mich lieb und bleib' bei mir
Und mach' mich ganz gesund,
Zeitlebens will ich's danken Dir
Aus tiefstem Herzengrund.
Felix Dörmann
Ich habe zur letzten guten Nacht
Ich habe zur letzten guten Nacht
Dein liebes Bild geküßt,
Da war mir, als hätte der Mund gelacht,
Das Auge mich freundlich begrüßt.
Die Züge lebten in warmem Glanz,
Durchhaucht vom atmenden Weh'n,
Du warst es selbst, du warst es ganz,
Als sei ein Wunder geschehn.
Da hab' ich zur letzten guten Nacht
Noch einmal dein Bild geküßt;
Mir ist, als hättest du gelacht,
Und als ob ich weinen müßt'. –
Franz Freiherr von Dingelstedt
Nicht doch!
Mädel, laß das Stricken – geh,
Thu den Strumpf bei Seite heute;
das ist was für alte Leute,
für die jungen blüht der Klee!
Laß, mein Kind;
komm, mein Schätzchen!
siehst du nicht, der Abendwind
schäkert mit den Weidenkätzchen…
Mädel liebes, sieh doch nicht
immer so bei Seite heute;
das ist was für alte Leute,
junge sehn sich ins Gesicht!
Komm, mein Kind,
sieh doch, Schätzchen:
über uns der Abendwind
schäkert mit den …
Siehst du Mädel, war's nicht nett
so an meiner Seite heute?
Das...
Richard Fedor Leopold Dehmel
Nach einem Regen
Sieh, der Himmel wird blau;
die Schwalben jagen sich
wie Fische über den nassen Birken.
Und du willst weinen?
In deiner Seele werden bald
die blanken Bäume und blauen Vögel
ein goldnes Bild sein.
Und du weinst?
Mit meinen Augen
seh' ich in deinen
zwei kleine Sonnen.
Und du lächelst.
Richard Fedor Leopold Dehmel
Weheschrei
Ich kann nicht mehr! Kann nicht mehr ringen
Mit mir, mit Schicksal, Gott und Welt.
Dies totgequälte Herz will springen:
Zu stark die Sturmflut, die es schwellt.
O hätt' ich einen Freund! nur einen!
Er sollte mir ja helfen nicht:
Möcht' nur an einem Herzen weinen
Noch einmal, eh' das meine bricht.
Felix Dahn
Durch die dicht verhängten Fenster
Dringt das dumpfe Wagenrollen,
Und verscheucht die Nachtgespenster,
Die im Traum mir nahen wollen.
Aber rauschend durch mein Zimmer
Wogt ein Meer von wirren Tönen,
Und aus all' dem Schmerzgewimmer
Hör' ich meine Seele stöhnen!
Hör' ich meine Seele weinen –
Nicht um dieses Leibes Sterben –
Doch es bangt ihr vor dem kleinen,
Müden, einsamen Verderben.
Ada Christen
Ein Balg
Die alte Frau hat ein hartes Gesicht,
Doch kluge, sanfte Augen,
Die wenig mehr beim Pfenniglicht
Und nicht zum Weinen taugen.
Sie war ein Balg … Als Findelkind
Verlass'ner als die Armen,
Bat weder Herren noch Gesind
Um Futter und Erbarmen.
Sie griff fest zu und schaffte stramm
Wie ehrbar ernste Leute,
Daß nie sie Unverdientes nahm
Erfreut das Weib noch heute.
Sie zeigt auch jetzt mit Bauernstolz
Erdarbte Talerscheine:
"Die sind mein unverbranntes Holz,
Meine ungetrunknen Weine…
Die...
Ada Christen
Seit ich ihn gesehen
Seit ich ihn gesehen,
glaub ich, blind zu sein;
wo ich hin nur blicke,
seh ich ihn allein.
Wie im wachen Traume
schwebt sein Bild mir vor,
taucht aus tiefstem Dunkel
heller nur empor.
Sonst ist licht- und farblos
alles um mich her,
nach der Schwestern Spiele
nicht begehr ich mehr.
Möchte lieber weinen
still im Kämmerlein;
seit ich ihn gesehen,
glaub ich blind zu sein.
Adelbert von Chamisso
In mir ist Nacht
In mir ist Nacht – oh, schnell besaite
die Harfe, die den Gram bezwingt;
erweckt von leisen Fingern, gleite
der Schall, der süß und schmelzend klingt.
Wenn noch dies Herz nach Hoffnung ringt,
Dein Zauberton läßt sie erblühn;
Wenn Träne noch im Aug entspringt,
sie fließt, anstatt im Hirn zu glühn.
Wild sei und tief der Töne Fluß,
kein Lied, von Glück und Lust verklärt:
Ich sag dir, daß ich weinen muß,
sonst springt dies Herz, von Qual verzehrt;
denn sieh', es ward von Gram...
Lord George Gordon Noel Byron
Liebesglut
Sie liebt mich nicht. Nun brennt mein Herz
ganz lichterloh vor Liebesschmerz,
vor Liebesschmerz gar lichterloh
als wie gedörrtes Haferstroh.
Und von dem Feuer steigt der Rauch
mir unaufhaltsam in das Aug',
daß ich vor Schmerz und vor Verdruß
viel tausend Tränen weinen muß.
Ah Gott! Nicht lang ertrag ich's mehr! –
Reicht mir doch Feuerkübel her!
Die füll ich bald mit Tränen an,
daß ich das Feuer löschen kann.
Seitdem du mich so stolz verschmäht,
härmt ich mich ab von früh bis...
Wilhelm Busch