Was Sind Zitate (Seite 56)
Mein Herz
Kleines Ding, um uns zu quälen,
Hier in diese Brust gelegt!
Ach wer's vorsäh', was er trägt,
Würde wünschen, tätst ihm fehlen!
Deine Schläge, wie so selten
Mischt sich Lust in sie hinein!
Und wie augenblicks vergelten
Sie ihm jede Lust mit Pein!
Ach! und weder Lust noch Qualen
Sind ihm schrecklicher als das:
Kalt und fühllos! O ihr Strahlen,
Schmelzt es lieber mir zu Glas!
Lieben, hassen, fürchten, zittern,
Hoffen, zagen bis ins Mark,
Kann das...
Jakob Michael Reinhold Lenz
An die Hausmutter
Wenn du nur frisch und fröhlich bist,
gleich sind wir's alle auch,
und uns umweht's zu jeder Frist
wie milder Frühlingshauch.
Du bist die Sonn' in unserm Haus;
strahlst da nur wolkenfrei,
so blüht im wildsten Zeitgebraus
uns doch der schönste Mai.
Walt's Gott denn, daß es Tag für Tag
nur so durch dich uns mait,
dann sprechen wir, was kommen mag,
stets, stets von guter Zeit.
Friedrich Adolf Krummacher
Gastgeschenk
Ein Mensch der eingeladen wird,
Bedankt sich artig bei dem Wirt,
Der ihn zu Gast gebeten hat.
Der Mensch fühlt wohl sich in dem Haus
Und denkt sich deshalb etwas aus,
Was er dem Gästegeber reicht.
Es ist nicht viel, soll’s auch nicht sein,
Denn Gast zu sein, ist immer fein,
Und deshalb klein auch das Geschenk.
Der Mensch jedoch bringt es von Herzen,
Es sind zwei kleine, hübsche Kerzen,
Die Licht und Wärme bringen sollen.
Das Licht steht für die Lebenskraft,
Die wünscht der Mensch...
Wolfgang (WoKo) Kownatka
Umsonst gewartet
Eine Horde von Bazillen
harrte jahrelang im Stillen
hinten auf dem Postwertzeichen
um ins Eingeweid' zu kreuchen
bei demjenigen, der leckt,
was desselben Tod bezweckt.
Doch es wurde nicht geleckt.
Das Postwertzeichen ist korrekt
mit dem Schwamm befeuchtet worden.
Diesem sind Bazillenhorden
ungedacht der Art und Zahl
leider ganz und gar egal.
Und so saßen sie ganz dumm
naß und kalt am Schwamm herum
und begafften etwas blöde
konsterniert die Löcheröde,
denn es wird, solang sie...
Peter Horton
Konfusionen
Deutschland sucht den Superstar
und alles in die Glotze sieht.
Vier sind weiter - wunderbar!
Columbia im All verglüht....
Werbespots und Jauch'sches Quiz,
dazwischen kurzer Urnengang.
Irakkrieg, ist er auch gewiß,
macht hier wirklich keinen bang.
Solange nur der Raab noch sendet
seinen Schwachsinn uns ins Haus.
Wenn die Politik sich wendet,
was macht uns denn das schon aus?
Gummikanzler will jetzt singen
für uns künftig beim Grand-Prix.
Volkeslieder laut erklingen -
Sinn und...
Sigrun Hopfensperger
Menschenbeifall
Ist nicht heilig mein Herz, schöneren Lebens voll,
seit ich liebe? Warum achtetet ihr mich mehr,
da ich stolzer und wilder,
wortereicher und leerer war?
Ach, der Menge gefällt, was auf den Marktplatz taugt,
und es ehret der Knecht nur den Gewaltsamen;
an das Göttliche glauben
die allein, die es selber sind.
Johann Christian Friedrich Hölderlin
Mädchenlied
»Was rinnen dir die Tränen,
Die Tränen stumm und heiß
Durch deine feinen Finger,
Die Finger fein und weiß?«
Mein Schleier ist zerrissen
Und wehet doch kein Wind
Und bin doch nirgends gangen
Niemals, wo Dornen sind ...
Die Glocken haben heute
So sonderbaren Klang,
Gott weiß, warum ich weine,
Mir ist zum Sterben bang.
Hugo von Hofmannsthal
Kleine Blumen ...
Kleine Blumen, kleine Lieder,
Heller Klang und bunte Pracht,
Blumen, die ich nicht gezogen,
Lieder, die ich nicht erdacht: –
Und ich selber hätte nichts,
Dir zu bringen, Dir zu danken,
Sollte heute, heute schweigen?
Ach, was mein war, die Gedanken,
Sind ja längst, schon längst Dein Eigen.
Hugo von Hofmannsthal
Seit du nun schweigst…
Seit du nun schweigst, sind mir die Dinge stumm.
Mit seelenlosen Augen sehn mich an
Die liebsten Menschen. Jedes Heiligtum
Find' ich verschlossen, poch' ich je daran.
Gab deine Stimme doch die Melodie
Zu meines Lebens Lied. Du warst das Maß,
Das Wert und Unwert meiner Welt verlieh;
In dir genoß ich erst, was ich besaß.
Nun du mir fehlst, bin ich mir selbst entrückt,
Mißklang mein Denken, mein Empfinden Streit.
Das Schöne spielt mit mir, das Wahre drückt
Dies Herz...
Paul von Heyse
Im kurzen Abend
Im kurzen Abend. Voll Wind ist die Stunde,
Und die Röte so tief und so winterlich klein.
Unsere Hand, die sich zagend gefunden,
Bald wird sie frieren und einsam sein.
Und die Sterne sich hoch in verblassenden Weiten
Wenige erst, auseinander gerückt.
Unsere Pfade sind dunkel, und Weiden breiten
Ihre Schatten darauf, in Trauer gebückt.
Schilf rauschet uns. Und die Irrwische scheinen,
Die wir ein dunkeles Schicksal erlost.
Behüte dein Herz, dann wird es nicht weinen
Unter dem...
Georg Heym
Drängt schon erneuertes Leben
Aus dem erfrornen Reise?
Siehst du die Schollen sich heben?
Regt es sich unter dem Eise?
Morgendlich wärmendes Wehen,
Wiegen und Heben und Senken …
Was will im Innern geschehen,
Wo sich die Wurzeln verschränken?
All du verlornes Empfinden,
Seufzen und Sehnen und Lachen,
Willst du mich wieder umwinden?
Willst du mir wieder erwachen?
Schatten verwundener Schmerzen
Sind nur im Traum noch lebendig
Und in dem klopfenden Herzen
Ruft es und singt es beständig.
Henry von Heiseler
Die blauen Frühlingsaugen
Schaun aus dem Gras hervor;
Das sind die lieben Veilchen,
Die ich zum Strauß erkor.
Ich pflücke sie und denke,
Und die Gedanken all,
Die mir im Herzen seufzen,
Singt laut die Nachtigall.
Ja, was ich denke, singt sie
Lautschmetternd, daß es schallt;
Mein zärtliches Geheimnis
Weiß schon der ganze Wald.
Heinrich Heine
Nichts ist vollkommen auf dieser Welt,
der Rose ist der Stachel beigesellt;
ich glaube gar die lieben Engel
im Himmel droben sind nicht ohne Mängel…
Du bist, verehrte Frau, du selbst sogar
Nicht fehlerfrei, nicht aller Mängel bar.
Du schaust mich an, du fragst mich, was dir fehle?
Ein Busen, und im Busen eine Seele.
Heinrich Heine