Übers Leben Zitate (Seite 19)
Aus deiner Liebe ...
Aus deiner Liebe kommt mir solch ein Segen,
Sie macht mein Herz so sorglos und so fest,
Ich kann so ruhig mich drin niederlegen,
Wie sich ein Kind dem Schlafe überlässt.
Ich geh dahin von Zuversicht getragen,
Seit neben deiner meine Seele schweift;
So, wie man wohl an schönen Sommertagen
Durch reife Ährenfelder sinnend streift.
Da gleiten sanft die Finger über Blüten
Und Halme hin, wie eine Mutter pflegt,
Und alles Leben möchte...
Hedwig Lachmann
Nun ist mit seinem lauten Treiben
Der heiße Tag zur Ruh gebracht,
Und nur die kühlen Brunnen bleiben
Einsam geschäftig über Nacht.
Und wie sich tiefgeheime Kunde
Im Mondendämmer offenbart,
So steigt aus meines Herzens Grunde
Die Sehnsucht, die mein Leben ward.
Es schläft, was mich am Tag umdüstert,
Was mich verwirrt, bedrängt, gequält :
Mir ist, als ob dein Mund mir flüstert,
Dein Hauch dem meinen sich vermählt.
Franz Kugler
Die Zwei
Ein blinder Bettler
Und ein taubstummer Pensionist
Ertasten – der eine sieht es auch –
Was vom Leben zu erfahren ist
Sagen kann der eine
Was der andere nicht hört
Sehen der andere was den einen womöglich stört
Und so steht über diesen beiden
Zeitlos ein gerechter Segen
Sie verschwenden keine Gedanken an ihre Leiden
Weil ja keinerlei Ängste
Ihre Gemüter verstören
Heinz Körber
Weißt du – wo?
Weit – weit –
hart an der Ewigkeit,
über den Zeiten,
ganz hinter Mitternacht,
wo schauernd schreiten
Füße der Geister sacht,
wo gar kein Wald mehr
und keine Wiese lacht,
wo, dieses Lebens leer,
schläft eines Ozeans Macht,
– dort winkt ein Streifen Strand,
dort kreist die Sehnsucht mein
adlergleich, ganz allein,
suchend nach Land.
Karl Ernst Knodt
Die alte Jungfer
Niemand zu Liebe, niemand zu Last,
Ist sie erloschen und verblaßt.
In ihrem Stübchen sann sie und sann,
Bis ihr einsames Leben darüber verrann.
Keiner hat nach ihr die Hand ausgestreckt
Und die flügelgebundene Seele erweckt.
Keiner hat in der Sommernacht
Zu seligem Weinen sie gebracht.
Und doch flogen Locken auch ihr ums Gesicht,
Und ihre Augen glänzten jung und licht.
Und doch schlug auch ihr in verschwiegener Brust
Die Sehnsucht nach Sonne und Frühlingslust.
Niemand zu...
Maria Janitschek
Vergeben?
… Ich? …dir? …
Längst.
Ich tat's … noch ehe ich … es
wußte.
Aber
… vergessen? … vergessen??
… Ach!
Wenn ich's … könnte!!
Oft,
mitten im hellsten Sonnenschein,
wenn ich … – fröhlich – bin und – an nichts – denke,
plötzlich,
grau
hockt es … vor mir!
Da:
… Chrrr …
wie
eine … Kröte!
Und
alles, alles
alles
scheint mir … wieder
schal. Schal
und
trostlos.
Das
ganze … Leben!
Und
ich bin traurig. Traurig … über
dich
und … mich … und … mich … und … dich.
Hermann Oscar Arno Alfred Holz
Zwischen Gräben und grauen Hecken,
den Rockkragen hoch, die Hände in den Taschen,
schlendre ich durch den frühen Märzmorgen.
Falbes Gras, blinkende Lachen und schwarzes Brachland
so weit ich sehn kann.
Dazwischen,
mitten in den weissen Horizont hinein,
wie erstarrt,
eine Weidenreihe.
Ich bleibe stehn.
Nirgends ein Laut. Noch nirgends Leben.
Nur die Luft und die Landschaft.
Und sonnenlos, wie den Himmel, fühl ich mein Herz!
Plötzlich ein Klang,
Ich starre in die Wolken.
Über mir,...
Hermann Oscar Arno Alfred Holz
Weihnacht, wunderbares Land,
Wo die grünen Tannen,
Sternenflimmernd rings entbrannt,
Jeden Pilger bannen!
Glücklich kindlicher Gesang
Schwebt um heilige Hügel,
Schwebt der Heimat Welt entlang,
Sehnsucht seine Flügel.
Friedestarken Geistes Macht
Sehnt sich, zu verbünden,
Über aller Niedertracht
Muß ein Licht sich zünden.
Lebens immergrüner Baum
Trägt der Liebe Krone –
Und ein milder Sternentraum
Küßt die starrste Zone.
Karl Henckell
Rote Rosen
Rote Rosen, die glühen,
Zeugen glücklicher Zeit,
Als von Sorgen und Mühen
Das Herz befreit!
Über Trauer und Trümmer,
Wüsten, häßlichen Graus,
Blühenden Lebens Schimmer,
Neu breite dich aus!
Blüten, lang nicht beschieden,
Gruß aus schenkender Hand,
Boten der Sehnsucht nach Frieden,
Segnet, o segnet das freudlose Land!
Karl Henckell
Neujahrslied
Mit der Freude zieht der Schmerz
traulich durch die Zeiten.
Schwere Stürme, milde Weste,
bange Sorgen, frohe Feste
wandeln sich zur Seiten.
Und wo eine Träne fällt,
blüht auch eine Rose.
Schön gemischt, noch eh wir´s bitten,
ist für Thronen und für Hütten
Schmerz und Lust im Lose.
War´s nicht so im alten Jahr?
Wird´s im neuen enden?
Sonnen wallen auf und nieder,
Wolken gehn und kommen wieder,
und kein Wunsch wird´s wenden.
Gebe denn, der über uns
wägt mit rechter Waage,
jedem...
Johann Peter Hebel
Einmal schien die Welt
Dir so weit, so weit.
Einmal schien die Stunde
Dir wie Ewigkeit.
Einmal schien das Leben
Sonnig überreich.
Einmal deuchtest du
Dich Göttern gleich.
Aber einmal muß
Die Sonne trüber sein.
Einmal geht der Weg
Dir enger ein.
Einmal schreitest du
Nur sorglich Schritt für Schritt;
Einmal schreitet
Ein Begleiter mit.
Richtet deinen Blick
Dann unverwandt
auf ein blumiges
Gräbergartenland.
Einmal wirst du
Unter Erd' und Rosen liegen.
Einmal wird dein Sein
Wie Hauch verfliegen.
Carl Ferdinand Max Hauptmann
Der Caucasus
Mir zu Häupten Wolken wandeln,
Mir zur Seite Luft verwehet,
Wellen mir den Fuß umspielen,
Thürmen sich und brausen, sinken. –
Meine Schläfe, Jahr' umgauklen,
Sommer, Frühling, Winter kamen,
Frühling mich nicht grün bekleidet,
Sommer hat mich nicht entzündet,
Winter nicht mein Haupt gewandelt.
Hoch mein Gipfel über Wolken
Eingetaucht im ew'gen Äther
Freuet sich des steten
Lebens.
Karoline von Günderode