Traum Zitate (Seite 18)
Frühlingsgedränge
Frühlingskinder im bunten Gedränge,
Flatternde Blüthen, duftende Hauche,
Schmachtende, jubelnde Liebesgesänge
Stürzen an's Herz mir aus jedem Strauche.
Frühlingskinder mein Herz umschwärmen,
Flüstern hinein mit schmeichelnden Worten,
Rufen hinein mit trunkenem Lärmen,
Rütteln an längst verschlossenen Pforten.
Frühlingskinder, mein Herz umringend,
Was doch sucht ihr darin so dringend?
Hab' ich's verrathen euch jüngst im Traume,
Schlummernd unter dem Blüthenbaume?...
Nikolaus Lenau
Weihnachtstraum
Weihnachten im Schnee, eine Hütte am See,
ein geschmückter Baum und Liebe im Raum.
Jedes Jahr werden solche Wünsche frei,
wenn uns Trubel gefangen nimmt.
Die Menschen eilen gestreßt vorbei,
weil die Zeit viel zu schnell verrinnt.
Die Karten mit einem Weihnachtsgruß
sind noch rechtzeitig auszuschicken,
Geschenke zu packen und zum Schluß
noch den Tannenbaum zu bestücken.
Es kommt das Verlangen nach Frieden,
nach Wärme und Stille im Raum.
Die Sehnsucht ist wach geblieben,
nach...
Poldi Lembcke
Ein böser Traum
Ich träumte heut, mein Kater wär'
ein hübscher junger Mann,
mit langem dichtem seid'gem Haar,
figürlich richtig stramm.
Ich sprach zu ihm: "Mein lieber Schatz,
komm in mein Bettchen rein,
ich hab für dich den besten Platz,
ich schlaf nicht gern allein."
Er meinte voller Trauer dann:
"Ich glaub, du bist verwirrt.
Ich war einmal ein richt'ger Mann,
doch jetzt bin ich kastriert!"
Poldi Lembcke
Abend
Die Stunden trugen jede eine Last,
Solang' die Sonne wachte, in den Händen,
Als wollte nimmer sich der Kreis vollenden.
Nun aber war der letzte Glanz verblaßt.
Und endlich hob die Krone ab der Tag.
Auf samtnen Schuh'n mit Füßen silberbleichen,
So zog der Abend her aus fernen Reichen
Zur Erde, die noch jüngst in Purpur lag.
Und da der Frieden still ins Zimmer glitt
Und mir die Augen schloß, die heißen, wachen,
Da weckt' er mir ein goldnes Kinderlachen
Und kam mit meiner Jugend frohem...
Friede Henriette Kraze
Neubeginn
Die gewaltige Sonne am Horizont
wächst unaufhaltsam
steigende Angst der Menschheit
Naturgewalten
Verzweiflungstaten
Propheten aus vergangenen Zeiten
werden gesehen
der Traum des Nebukadnezar
Daniel der Deuter
das gewaltige goldene Kalb
erlöschendes Leben am Kreuz
Bilder als Schattenspiele
wisperndes Geäst
ohrenbetäubende Stille
die Natur hält ihren Atem an
am Rande der Stadt
da steht eine Klinik
ein Krankenwagen fährt vor
3. Obergeschoß
die Wände gepolstert
Eisbrecher stehen im...
Franz Friedrich Kovacs
Zu Tod möcht ich mich lieben
Liebster Freund, und kann's denn sein,
Wächst noch immer diese Liebe
Längst war ihr das Herz zu klein
Quillt noch stets von neuem Triebe!
Tag für Tag und Nacht für Nacht,
Füllt sich's fort aus ew'gen Quellen
Und das Herze weint und lacht,
Kann sich gar nicht mehr verstellen.
Süße Krankheit, himmlisch Leid
Und so mag's die Welt denn wissen
Der mich liebt, ist ach, so weit
Und das Herz ist mir zerrissen!
Aber dann im Traum der Nacht,
O wie sind wir da...
Christian Reinhold Köstlin
Das Leben
Beklage nicht, daß deinem Leben
Der Herr nur kurze Frist gegeben,
Dem Traume gleich dein Dasein ist.
Zu bösen Thaten, wie zu guten,
Brauchst du nur wenige Minuten; -
Wie lang' ist deines Lebens Frist!
Wie bei dem Vater aller Seelen
Jahrtausende nur Tage zählen,
Zählt jeder Tag Jahrtausend' dir:
In einem Tage soviel Gutes
Kannst du vollbringen frohen Mutes,
Als wärst du ein Jahrtausend hier!
Ludwig Kossarski
Aus der Ferne
Auf schnellem Fittig ist die Zeit verschwunden
Unwiederbringlich! – Nur Erinn'rung lebt,
Ein schöner Traum, von Nebeldunst umwebt,
ein heiliges Vermächtnis jener Stunden.
Heil mir, daß ich der Tage Glück empfunden,
Daß kühn mein Herz zu stolzen Höhen strebt.
Dein Bild ist's, das so freundlich mich umschwebt.
Ach! wär' ich frei und wär' ich nicht gebunden!
Du strahlst mir in des Aufgangs Rosengluten,
Ich sehe dich im Sternensaal der Nacht,
Dich spiegeln mir des Teiches...
Karl Theodor Körner
Ballade vom Wort
Was wollen die großen Worte?
Sie rollen wie ein Kiesel klein
Am Weg, an der Straßenborte
In den Morgen ein.
Sie hängen an manchem Baume
Wie Früchte halbgereift.
Sie haben von manchem Traume
Den zarten Puder gestreift.
Sie schmecken wie Galle so bitter.
So spei sie aus dem Spiel!
Sie sitzen im Fleisch wie Splitter.
Ein Wort ist schon zuviel.
Ein Wort schon ist Mord schon am Himmel.
So schweige und neig dich zum Herd.
Stumm lenkt durch das Sternengewimmel
Der Herr sein ewiges...
Klabund
Glück
Das Glück ist ein Traum in der Nacht
Und eine Illusion am Tag
Es ist eine Gedanke voll Hoffnung
Und ein Wunsch des Herzens,
Der nach Erfüllung verlangt.
Doch wie oft tritt das Gegenteil der Erfüllung ein.
Es ist ein Gesang, der an unser Ohr tönt,
Ohne daß unser Herz ihn versteht.
Khalil el Khatib
O weine nicht, o freue dich
Bin ich auch fern von dir,
Ob nah', ob fern, ich denke dein,
Die Liebe zieht mit mir.
Sie schickt den Traum mir in der Nacht,
Ist mir am Tag' Geleit",
Sie flüstert: – bleibe treu, o Herz,
Bleib' treu' in Freud und Leid! –
Ja, in Freud und Leid ich bleibe treu,
Ich liebe dich allein.
Ich finde ja kein' lieber Lieb".
Wie könnt ich untreu sein?
Theobald Kerner
Wie schlafend unterm Flügel ein Pfau den Schnabel hält,
Von luft'gen Vogelträumen die blaue Brust geschwellt,
Geduckt auf einem Fuße, dann plötzlich oft einmal
Im Traume phantasierend das Funkelrad erstellt:
So hing betäubt und trunken, ausreckend Berg und Tal,
Der große Wundervogel in tiefem Schlaf, die Welt;
So schwoll der blaue Himmel von Träumen ohne Zahl,
Mit leisem Knistern schlug er ein Rad, das Sternenzelt.
Gottfried Keller
Serenade
Wenn Birkenblätter wie goldner Schaum
wirbeln auf welkenden Matten,
spinn unter Dach deinen friedlichen Traum
in Mitternachts Wolkenschatten.
Wenn der Wind an deinem Fenster erscheint,
ein schneebleicher Freiersmann,
träume, daß er es gut mit dir meint
und dir nichts anhaben kann.
Träume vom spielenden Sonnenstaub,
dem heiteren, sommerwarmen,
und daß du, umhegt von grünem Laub,
geschlafen in meinen Armen.
Erik Axel Karlfeldt