Tot Zitate (Seite 6)
Verzweiflung an der Liebe in der Liebe
In Liebeskampf? In Todeskampf gesunken?
Ob Atem noch von ihren Lippen fließt?
Ob ihr der Krampf den kleinen Mund verschließt?
Kein Öl die Lampe? oder keinen Funken?
Der Jüngling – betend? tot? in Liebe trunken?
Ob er der Jungfrau höchste Gunst genießt?
Was ist’s das der gefallne Becher gießt?
Hat Gift, hat Wein, hat Balsam sie getrunken?
Des Jünglings Arme, Engelsflügel werden –
Nein Mantelsfalten – Leichentuches Falten,
Um sie strahlt Heil'genschein –...
Clemens Brentano
Das Kornfeld
Vom Sommerhauch berührt schwankt leis das Korn,
Wie Beter, gottergeben, stehn die Ähren.
Ich hör' von ferne Dengelhammerschlag,
Das goldne Wogen wird nicht lange währen.
Hier hat der Tod in jedem Halm gehaust,
Sie selber, die des Lebens Keime bergen,
Die Körner, sind im Sonnenbrand erstarrt
Und gleichen goldumwundnen kleinen Särgen.
Tot bist du, Korn, doch welch ein tröstlich Bild!
Wer möcht' sich nicht wie du zur Ruhe legen:
Als eine wohlgereifte Garbe, schwer
Von Lebensbrot und...
Jakob Boßhart
Wohin ich schaue
Wohin ich schaue, Wunder über Wunder,
Wohin ich lausche, alles wunderbar.
Ihr sprecht von Sinn, Gesetz und von gesunder
Vernunft: Ihr schaukelt zwischen falsch und wahr!
Mich hat als Kind das Wunder tief getroffen!
Ich schlug es tot, weil's mir die Ruh' vergällt.
Nun halt ich wieder Kinderaugen offen
Und weiß, das Wunder ist der Grund der Welt.
Jakob Boßhart
Ihr mögt von Kriegs- und Heldenruhm
So viel und wie ihr wollt verkünden,
Nur schweigt von eurem Christentum,
Gepredigt aus Kanonenschlünden!
Bedürft ihr Proben eures Muts,
So schlagt euch wie die Heiden weiland.
Vergießt so viel ihr müßt des Bluts,
Nur redet nicht dabei vom Heiland!
Noch gläubig schlägt das Türkenheer
Die Schlacht zum Ruhme des Allah.
Wir haben keinen Odin mehr,
Tot sind die Götter der Walhalla.
Seid was ihr wollt, doch ganz und frei,
auf dieser Seite wie auf jener,
Verhaßt...
Friedrich Martin von Bodenstedt
Daß deine Hand auf meiner Stirne liegt,
Wenn mich das Sterben in der Wiege wiegt,
Die leis' hinüber ins Vergessen schaukelt,
Von schwarzen Schmetterlingen schwer umgaukelt,
Ein letzter Blick in deine braunen Sonnen:
Vorüber strömen all unsere Wonnen
In einer bittersüßen Letztsekunde;
Ein letzter Kuß von deinem warmen Munde,
Ein letztes Wort von dir, so liebeweich:
Dann hab' ich, eh ich tot, das Himmelreich
Und tauche selig in den großen Frieden:
Der Erde Holdestes war mir beschieden.
Otto Julius Bierbaum
Ein Wandrer zog mit müdem Schritt:
"Herr Postillion, ei, nehmt mich mit!"
Drin saß ein braunes Kind allein,
nun fuhren traulich sie zu zwein.
Er sprach, er habe das Glück gesucht,
doch sei das Glück noch auf der Flucht;
sie sprach, nun sei auch die Mutter tot,
da sucht sie jetzt als Magd ihr Brot.
Wie kurz die Fahrt! Das Posthorn klang,
der Bursche sich aus dem Wagen schwang.
Sie sind einander nimmer begegnet,
doch jeder hat still das andre gesegnet.
Paul Barsch
Epitaph
Der gute Mann, den wir zu Grabe tragen,
Sieht wächsern aus und scheint erstarrt zu sein.
Doch war er so verliebt in allen Schein,
Daß man sich hüten muß, ihn tot zu sagen.
Er liebte es in allen Lebenslagen
Dem Unerhörten nur Gehör zu leihn.
Umgeben so von hundert Fabulein
Kann man nur zögernd ihm zu glauben wagen.
Drum, wenn auch jetzt sein schmaler Maskenmund
Geschlossen liegt und nicht mehr sprechen mag:
Er lauscht vielleicht nur in den Schöpfergrund ...
Und steht dann wieder auf...
Hugo Ball
Als ich dir sagte,
ich kann und will mich nur an einen Mann
für den Rest meines Lebens binden,
der innerlich und äußerlich frei ist;
hast du geantwortet:
"Heute ist der erste Tag
vom Rest deines Lebens!"
doch du bist weder innerlich
noch äußerlich frei.
Also müßte ich von rechts wegen tot sein.
Rose von der Au
Heidenacht
Wenn trüb das verlöschende letzte Rot
Herschimmert über die Heide,
Wenn sie liegt so still, so schwarz und tot,
so weit du nur schauest, die Heide,
Wenn der Mond steigt auf und mit bleichem Schein,
Erhellt den granitnen Hünenstein,
Und der Nachtwind seufzet und flüstert darein
Auf der Heide, der stillen Heide. –
Das ist die Zeit, dann mußt du gehn
Ganz einsam über die Heide,
Mußt achten still auf des Nachtwinds Wehn
Und des Mondes Licht auf der Heide:
Was nie du vernahmst durch...
Hermann Ludwig Allmers