Süßes Zitate (Seite 55)
Der Abend leget warme
hernieder seine Arme
und wo die Erde zu Ende
da ruhen seine Hände…
Die Mücklein summen leise
in ihrer hellen Weise
und alle Wesen beben
und singen leis vom Leben…
Es ist nicht groß, es ist nicht breit,
s’ ist eine kleine Spanne Zeit
und lange währt die Ewigkeit…
Paula Modersohn-Becker
Der Lieblingsbaum
Den ich pflanzte, junger Baum
Dessen Wuchs mich freute,
Zähl ich deine Lenze, kaum
Sind es zwanzig heute.
Oft im Geist ergötzt es mich
Über mir im Blauen
Schlankes Astgebilde, dich
Mächtig auszubauen.
Lichtdurchwirkten Schatten nur
Legst du auf die Matten,
Eh du dunkel deckst die Flur,
Bin ich selbst ein Schatten.
Aber haschen soll mich nicht
Styrisches Gesinde,
Weichen werd ich aus dem Licht
Unter deine Rinde.
Frische Säfte rieseln laut,
Rieseln durch die Stille.
Um mich,...
Conrad Ferdinand Meyer
Mein lieber Freund Peter – lies hier und merke –
auf daß es un're Freundschaft stärke:
Man kann mit Lob mal jemand adeln
ohne damit seinen Freund zu tadeln.
Denn Du weißt, wenn zwei das Gleiche machen
sind's trotzdem zwei verschied'ne Sachen!
Der einzig kleine Unterschied:
Durch welche Brille man es sieht!
Willy Meurer
Das ewige Leben
Es gibt es, das ewige Leben
für uns Menschenwesen.
Wenn abgelaufen unsere Uhr,
wandeln unsere Atome sich zur Natur.
Werden zu Bausteinen neuen Lebens
und neuer Wesen.
Auch Universen erschaffen sich unendlich neu,
bleiben den Naturgesetzen treu.
Wir können's nur ahnen, soviel steht fest,
dass man uns kleine Menschlein nicht alles wissen lässt.
Horst Reiner Menzel
Rat für Mucker
Sprich Wahrheit nicht frei in's Gesicht, –
Du wirst vehöhnt;
Verkleid' es hold mit Flittergold, –
Man wird versöhnt.
Es sei Dein Wort an jedem Ort
Demütiglich;
mach' dir zur Pflicht: Schweig! – muckse nicht;
Stets bücke Dich!
Bist Du nur klug, hast Witz genug, –
Dann steigst Du flugs;
Um groß zu sein, trag' frommen Schein;
Doch – bleib ein Fuchs!
Heinrich Martin
Die Mordsmode
Einen kleinen Vogel hatte früher
Jede Dame, nämlich auf dem Hut.
Unter zwei bis dreien heutzutage
Es die Modedame nicht mehr tut.
In der ganzen Welt beginnt ein Morden,
Überall da knallt das Schießgewehr;
Rar geworden sind die Papageien,
Kolibris, die gibt's schon gar nicht mehr.
Einen bessern Piepmatz sich zu leisten,
Ach, der Mittelstand, der kann es nicht,
Aber einen Vogel muß man haben,
Und so nimmt man eben, was man kriegt:
"Nein, die Preise sind nicht zu bezahlen."
Sagt...
Hermann Löns
Kleines Glück
Sie geht in aller Frühe,
noch eh die Dämmrung schwand,
den Weg zur Tagesmühe
im ärmlichen Gewand;
die dunklen Nebel feuchten
noch in der Straße dicht,
sonst sähe man beleuchten
ein Lächeln ihr Gesicht;
die Götter mögen wissen,
warum sie heimlich lacht -
es weiß es nur das Kissen,
was ihr geträumt heut nacht.
Hermann Ritter von Lingg
Müde
Hab so wund gelaufen meine Füße
Auf dem weiten Wege nach dem Glück –
Lachend lief ich aus, um es zu suchen,
Schlich nach Haus mit thränenschwerem Blick.
Sah wohl wunderseltsam lichte Blumen,
Sah sie wohl an meinem Wege stehn,
Habe sie mit raschem Fuß zertreten,
Mußte eilen, mußte weitergehn.
Weitergehn, die eine nur zu finden,
Die in trügerischer Ferne winkt
Und mit ihren buhlerischen Düften
Unser Herz zur Schuld und Sünde zwingt.
Hab so wund gelaufen meine Füße
Auf dem weiten Wege nach...
Thekla Lingen
Friedlos
Wie es mich reizt mit seinen Wonnen,
Wie es mich quält mit seinem Schmerz!
Wie müde, kaum dem Kampf entronnen,
Auf's neue wünscht mein friedlos Herz!
Und könnt' ich bis zum Himmel schweben,
Mich bergen in der Erde Schoß,
Den Frieden kann mir keines geben,
Die Sehnsucht werd' ich nimmer los…
Thekla Lingen
Ach wärst du mein
Ach wärst du mein, es wär' ein schönes Leben!
So aber ists Entsagen nur und Trauern,
Und ein verlornes Grollen und Bedauern;
Ich kann es meinem Schicksal nicht vergeben.
Undank tut wohl und jedes Leid der Erde;
Ja! meine Freund' in Särgen, Leich' an Leiche,
Sind ein gelinder Gram, wenn ichs vergleiche
Dem Schmerz, daß ich dich nie besitzen werde.
Nikolaus Lenau
Wie jedes Jahr
Seit Tagen hängt ein süßer Duft
von frischem Backwerk in der Luft.
Die Stadt erstrahlt im Lichterkleid,
wie jedes Jahr zur Weihnachtszeit.
Im Ofen gart der Festtagsbraten,
er wird auch diesmal gut geraten.
Das Haus, es glänzt vor Sauberkeit,
wie jedes Jahr zur Weihnachtszeit.
An viele Leute muß man denken,
um schöne Sachen herzuschenken.
Die Päckchen liegen schon bereit,
wie jedes Jahr zur Weihnachtszeit.
Doch wichtiger als alle Gaben,
ist Glücklichsein am...
Poldi Lembcke
Man frage nicht, was all die Zeit ich machte.
Ich bleibe stumm;
und sage nicht, warum.
Und Stille gibt es, da die Erde krachte.
Kein Wort, das traf;
man spricht nur aus dem Schlaf.
Und träumt von einer Sonne, welche lachte.
Es geht vorbei;
nachher war's einerlei.
Das Wort entschlief, als jene Welt erwachte.
Karl Kraus
Du, mein künftiges Sein, wie jauchz' ich dir entgegen.
Wie fühl' ich's in mir, wie klein ich bin!
Aber wie fühl' ich es auch,
Wie groß ich werde sein!
O du, die steigt zu dem Himmel hinauf,
Hoffnung, gegeben von Gott!
Ein kurzer, schneller, geflügelter Augenblick,
Er heißet Tod, dann werd' ich es sein!
Friedrich Gottlieb Klopstock
Online, wieder Online
(nach »Allein, wieder allein,
einsam wie immer ...«,
aus dem Zarewitsch)
Es sitzt ein Student am Internet,
als ob er keinen Hintern hätt' –
säuft sein Bier, surft bis vier,
und er mailt ganz gequä-ält:
Habt ihr beim Chatten vergessen auf mich?
Es sehnt doch mein Laptop nach Liebe sich!
Ich bin kontaktarm und immer abseits,
bin ein Single und hab' doch nur Bits and Bytes.
Online, wieder online, einsam wie immer,
im Zimmer nur das Internet,
das ist vielleicht im Winter...
Klaus Klages
Stimmung
Düster liegt die Welt mir da,
Wie ein ödes Meer,
Und der Abgrund ist so nah,
Und er reizt mich sehr.
Drin vergessen und versenken,
Selbst das Schöne mit,
Nichts mehr fühlen, nichts mehr denken,
Erde, wir sind quitt!
Keine Lust ist's, keine Wonne,
Aber mehr als Das,
Keinen Schatten, keine Sonne, –
Keine Lieb', kein Haß! –
Denn im Nichts die Freiheit lieget,
Nicht Notwendigkeit –
Und von fern es schon besieget
Alles – Muß – und Leid.
Düster liegt die Welt mir da,
Wie ein ödes...
Friederike Kempner