Sucht Zitate (Seite 9)
Frühlingsgedränge
Frühlingskinder im bunten Gedränge,
Flatternde Blüthen, duftende Hauche,
Schmachtende, jubelnde Liebesgesänge
Stürzen an's Herz mir aus jedem Strauche.
Frühlingskinder mein Herz umschwärmen,
Flüstern hinein mit schmeichelnden Worten,
Rufen hinein mit trunkenem Lärmen,
Rütteln an längst verschlossenen Pforten.
Frühlingskinder, mein Herz umringend,
Was doch sucht ihr darin so dringend?
Hab' ich's verrathen euch jüngst im Traume,
Schlummernd unter dem Blüthenbaume?...
Nikolaus Lenau
Nacht in der Seele
Die Nacht wälzt die Talhänge hinab
und wirft sie in drohendes Dunkel.
Noch zögert ihr Ausgreifen,
doch dann umzieht die Stadt
ein Belagerungsring aus Schatten.
Sie überfällt die Mauern,
läßt alles Leben
ohne Ausweg sterben.
Da blinken an den Höhen Lichterketten auf,
die den verzweifelten Augen
Fluchtwege öffnen.
Noch einmal entkommen,
aus einem tödlichen Schicksal,
sucht sich die Seele neue Hoffnung…
Elmar Kupke
Wintersonne
Noch ist der Morgen
mehr Gefangener der Nacht
als Bote des nahenden Tages.
Schweigen umhüllt die Landschaft
tief und ruhig im Grau.
Um die träumenden Bäume und ihr Gezweige,
die letzten Trotzschatten der Nacht -
ein seidener Schleier aus Lila…
Da erhebt die Sonne,
selbstverzaubert flimmerndes Orange,
Anfangs noch blutleer im Meer der Nebel,
sucht sie dennoch am Himmel
ihre Macht über den Tag -
und wärmt sich langsam
an den Bäumen empor.
Aus dem Reif der...
Elmar Kupke
Liebe führt durch Nacht und Dunkel
Uns zur höchsten Erdenlust,
Liebe löst und Liebe bindet,
Liebe sucht und Liebe findet
Ihren Weg zu jeder Brust.
Was die Herzen feindlich trennte,
Trotzt vergeblich ihrer Macht;
Und es schmücken öde Fluren
Herrlich sie auf ihren Spuren
Mit erneuter Frühlingspracht,
Und so mag sie freundlich walten,
Lieblich ihre Myrte blühn!
Wo sich einst zu schönen Stunden
Reine Seelen fest verbunden,
Bleibt sie ewig jung und grün.
Karl Theodor Körner
Eine Sehnsucht sitzt im Herzen,
ich weiß nicht, wohin sie will.
Flieht sie zum Himmel, bleibt sie auf Erden?
Ich liege und halte still.
Sucht sie des Grabes Ruh oder das Leben?
Ich fühl's, sie läßt sich nicht stillen,
es ist eine Sehnsucht auf eigene Hand,
nur um der Sehnsucht willen.
Erik Axel Karlfeldt
Falscher Alarm
Eine Dame sprach einmal
zum entzückenden Gemahl:
Du bist ein ziemlich krummer Hund
und wetzt mir meine Laune wund.
Der Gatte schwieg, mit Recht entsetzt,
das Nervenkleid stark angefetzt
und sucht in seinen Sündenakten
rasch nach ein paar starken Fakten.
Wird tatsächlich furchtbar fündig,
lächelt taktisch hintergründig
und versucht herauszukriegen
inwiefern mit zwei, drei Lügen
er den Fluch könnt' von sich wenden,
ohne sich zu stark zu schänden.
Deshalb lechzt er zu...
Peter Horton
Wer aber heuchelnd nur nach Täuschung ringet,
Wer scheinen will, nicht sein, der sucht zu blenden,
Und weil er Wahrheit nie zur Lüge zwinget,
Muß er sich lüstern zur Gemeinheit wenden.
Ja, sie ist feil! Wenn man ihr Opfer bringet,
Wird sie ihr feiles Lob vergänglich spenden;
Doch nichtig bleibt ihr Sinnen und ihr Trachten,
Im eig'nen Herzen muß sie sich verachten.
Karl von Holtei
Und lande an dem schattenhaften Tor
Kaum ahnst du die Verdunklung der Gedanken,
die noch das Hellste meines Tages quälen,
wenn ich nicht weiß, wo ich den Weg soll wählen
durch dies Gestrüpp, in das die Sterne sanken…
Du kennst von meinem krankhaft abgewandten,
wahrhaften Antlitz kaum die eine Falte,
du siehst nicht, wie ich schmerzhaft an mich halte,
die Scham zu schonen der von Gott Gesandten. –
Und wie ich wandle, weiß ich nicht: wohin…
Und weiß nicht, ob ich irgendwem entwich,
ob dies zum...
Max Herrmann-Neiße
O wüßt' ich doch den Weg zurück,
den lieben Weg zum Kinderland!
O warum sucht ich nach dem Glück
und ließ der Mutter Hand?
O wie mich sehnet auszuruhn,
von keinem Streben aufgeweckt,
die müden Augen zuzutun,
von Liebe sanft bedeckt!
Und nichts zu forschen, nichts zu spähn
und nur noch träumen leicht und lind;
der Zeiten Wandel nicht zu sehn,
zum zweitenmal ein Kind!
O zeigt mir doch den Weg zurück,
den lieben Weg zum Kinderland!
Vergebens such' ich nach dem Glück,
ringsum ist öder Strand.
Klaus Groth
An einem Tag an dem es regnete
Tiefe Gefühle erlebt und doch so leer,
entschwundene Träume im offenen Meer
innige Wünsche in unerfüllter Liebe,
Wärme der Kälte gewichen, dem Triebe.
Gedanken verloren in ihrem Saum,
im Geiste tot das Licht der Laterne,
ein Nichts sucht sich Raum in weiter Ferne,
die Seele verfall‘n dem Trübsal im Traum.
Unmut kehrt das Innere zum Äußeren,
verloren in der Traurigkeit der Sinne
will Einsamkeit Verbindendes belehren,
das Zeit von Stund‘ an neu beginne.
.... an...
Gerd Groß
Abschied
War unersättlich nach viel tausend Küssen,
Und mußt mit einem Kuß am Ende scheiden.
Nach herber Trennung tiefempfundnem Leiden
War mir das Ufer, dem ich mich entrissen,
Mit Wohnungen, mit Bergen, Hügeln, Flüssen,
Solang ich's deutlich sah, ein Schatz der Freuden;
Zuletzt im Blauen blieb ein Augenweiden
An fernentwichnen lichten Finsternissen.
Und endlich, als das Meer den Blick umgrenzte,
Fiel mir zurück ins Herz mein heiß Verlangen;
Ich suchte mein Verlornes gar verdrossen.
Da war...
Johann Wolfgang von Goethe
Geheimnis
Über meines Liebchens Äugeln
Stehn verwundert alle Leute;
Ich, der Wissende, dagegen
Weiß recht gut, was das bedeute.
Denn es heißt: ich liebe diesen
Und nicht etwa den und jenen.
Lasset nur, ihr guten Leute,
Euer Wundern, euer Sehnen!
Ja, mit ungeheuren Mächten
Blicket sie wohl in die Runde;
Doch sie sucht nur zu verkünden
Ihm die nächste süße Stunde.
Johann Wolfgang von Goethe
Laßt fahren hin das allzu Flüchtige!
Laßt fahren hin das allzu Flüchtige!
Ihr sucht bei ihm vergebens Rat;
In dem Vergangnen lebt das Tüchtige,
Verewigt sich in schöner Tat.
Und so gewinnt sich das Lebendige
Durch Folg' aus Folge neue Kraft;
Denn die Gesinnung, die beständige,
Sie macht allein den Menschen dauerhaft.
So löst sich jene große Frage
Nach unserm zweiten Vaterland;
Denn das Beständige der ird'schen Tage
Verbürgt uns ewigen Bestand.
Johann Wolfgang von Goethe