Stille Zitate (Seite 14)
Erlaubt sich das Weib das Geringste, so leidet die Ehre des Mannes dabei; je mehr sich aber der Mann erlaubt, je niederträchtiger als er sie behandelt, und sie ertragt das Ding alles als stille Dulderin, desto mehr Ehre macht es ihr. Es gibt gar nichts Ausgezeichneteres für ein Weib, als wenn sie im Renommee als stille Dulderin ist.
Johann Nepomuk Nestroy
Kinderherz, du gleichst der Welle,
Die den Himmel in sich trägt,
Mit den Sonnenstrahlen spielend,
Noch von keinem Sturm bewegt.
Männerherz, du gleichst der Woge,
Von der Windesbraut erfaßt,
Wild hinauf die Tropfen schleudernd
Zu des Schiffes stolzem Mast.
Und du, Herz des Greises, gleichst der
Woge, hingeführt zum Strand
Von dem leisen Hauch des Windes,
Still verrinnend in dem Sand.
Friedrich Wilhelm (Wilibald) Wulff
Befreundete Frucht
Endlich Süße! Jeder Bissen
In dein Fruchtfleisch läßt mich wissen:
Für dein einiges Gebilde,
Lange bitter, – später milde,
Stetig gleich warst du beflissen.
Ahnte dir die künft'ge Wendung?
Fremd noch deiner reifen Sendung,
Kaum im Mittag Süßes witternd,
Blindlings drangst du auf Vollendung.
Köstlich, da die Himmel kalten,
Nur vom Netz am Ast gehalten
Und bedroht von Vogelflügen
Bist im Saft du aufgestiegen,
Luft und Stille zu gestalten.
Eugen Gottlob Winkler
Ach um deine feuchten Schwingen
West wie sehr ich dich beneide,
Denn du kannst ihm Kunde bringen,
Was ich durch die Trennung leide.
Die Bewegung deiner Flügel
Weckt im Busen stilles Sehnen,
Blumen, Augen, Wald und Hügel
Stehn bei deinem Hauch in Tränen.
Doch dein mildes sanftes Wehen
Kühlt die wunden Augenlider;
Ach, für Leid müßt ich vergehen,
Hofft ich nicht, wir sehn uns wieder.
Geh denn hin zu meinem Lieben,
Spreche sanft zu seinem Herzen,
Doch vermeid ihn zu betrüben
Und...
Marianne von Willemer
Einer Unbekannten
In diesem großen Traurigsein,
das Leben heißt,
kann einer fremden Lampe Schein
oft wie ein stilles Grüßen sein
von Geist zu Geist.
Und eines Menschen Angesicht,
das kaum man kennt,
kann rührend sein wie ein Gedicht
und tröstend wie ein leises Licht,
das tief im Dämmer brennt.
Anton Wildgans
Abschied vom blauen Rauch
Heut nachts erwacht' ich jäh, das Herz stand still!
Dann aber hub ein Hämmern an, ein Pochen,
So ungefüg, als würde eingebrochen
Im Purpurschrein des Lebens. – Wie Gott will.
Es meint' der Arzt zu mir: Du rauchst zuviel,
Solch sinnlos Fröhnen bleibt nicht ungerochen! –
Und hat mir lange weise zugesprochen
Von meines Daseins Pflicht und ernstem Ziel.
Du blauer Rauch, berauschendes Umfließen,
Aus dem mir Ahnung und Gedanke quillt,
So muß ich deiner spärlicher...
Anton Wildgans
Weine nicht
»Leg den Kopf an meine Schuler,
gib dein Herz in meine Hand,
lass dein Denken einfach treiben,
verwisch die Spur im losen Sand.
Deine Seele liebt das Morgen,
schau mich nicht so traurig an.
Risse spiegeln tausend Tode,
was im Gestern rein begann.«
Traurigkeit erzeugt mein Fühlen,
seh' die Qual in dem Gesicht.
Still zu mir spricht ihre Stimme:
»Bitte Kleines, weine nicht.«
Damaris Wieser
Ein Lächeln für morgen
Wenn die Tage grau und leer sind
und selbst der Wind in Stille schweigt...
Wenn die Tränen lautlos fließen
und Augen keine Farben sehen...
Wenn Gedanken immer tiefer fallen
und Spiegelbilder nur noch schrecken...
…lege ich ein Lächeln in mein Herz
und hoffe, es morgen dort zu finden.
Damaris Wieser
Sicherheit im Glück
Sag' einem, der erfreut dem Glück im Schooße lieget,
Daß dessen Stille stets die Sicherheit betrüget,
Daß es uns, ehe wir es recht erkannt, verläßt;
Er höret dich nicht mehr, denn junge Hochzeitgäst'
Den Wächter, der des Nachts die Stunden rufet, hören;
Er spottet deiner Gunst und lachet deiner Lehren,
Und alle deine Wort' entführt der schnelle Wind.
Ein Glücklicher ist taub, sowie das Glück ist blind.
Christian Wernike
Enttäuschung
Trübe Stunden schleichen sachte
Durch die stille Seele mir;
Glück, das ich zu haschen dachte,
Wie so ferne bin ich dir!
Mühsam schleppt sich meine Feder
Über ein zerknicktes Blatt,
Leis bewimmernd, was ein jeder
Einmal zu verschmerzen hat.
Wenn den alten Mut ich fände,
Fänd ich auch die alte Kraft -
Ach, die wundgestraften Hände
Sind auf lange Zeit erschlafft.
Frank Wedekind