Sterne Zitate (Seite 15)
Hinter den Häusern heult ein Hund.
Denn die Schatten der Nacht sind bleich und lang;
und des Meeres Herz ist vom Weinen wund;
und der Mond wühlt lüstern im Tang.
Durch Morgennebel streicht hastig ein Boot,
die Segel schwarz, wie vom Tod geküßt.
Die Flut faucht salzig näher und droht ...
Bang knarrt der Seele morsches Gerüst.
Erich Mühsam
Ich bin ein Pilger ...
Ich bin ein Pilger, der sein Ziel nicht kennt;
der Feuer sieht und weiß nicht, wo es brennt;
vor dem die Welt in fremde Sonnen rennt.
Ich bin ein Träumer, den ein Lichtschein narrt;
der in dem Sonnenstrahl nach Golde scharrt;
der das Erwachen flieht, auf das er harrt.
Ich bin ein Stern, der seinen Gott erhellt;
der seinen Glanz in dunkle Seelen stellt;
der einst in fahle Ewigkeiten fällt.
Ich bin ein Wasser, das nie mündend fließt;
das tauentströmt in Wolken sich...
Erich Mühsam
Leitsatz
Fürcht' nicht die Stunde, da du stirbst.
Die Welt, o glaub's nur, kann dich missen.
Kein Stern, um dessen Licht du wirbst,
Wird mit dir in den Tod gerissen.
Solang du lebst, wirst du gebraucht.
Soll dich das Leben nicht vergessen,
Sorg, dass die Tat nicht untertaucht,
An der du deine Kraft gemessen.
Leb, dass du stündlich sterben kannst,
In Pflicht und Freude stark und ehrlich.
Nicht dich – das Werk, das du begannst,
Mach für die Menschheit unentbehrlich!
Erich Mühsam
Dies ist der Erde Nacht,
Und Regen fällt hernieder.
Ich habe meine Lieder
Und Taten nicht vollbracht.
Die Welt ist voll Verdruß.
Kein Stern scheint meinem Wege.
Wenn ich mich niederlege,
Erwartet mit kein Kuß.
Rings schlafen weit im Kreis
Die Menschen frei von Qualen.
Die ersten Sonnenstrahlen
Erwecken Not und Schweiß.
Vielleicht zeigt mir ein Traum
Mein Glück und das der Erde.
Ob er je Wahrheit werde, –
Ich wag's zu hoffen kaum.
Erich Mühsam
Nachklang
(An L.)
Wenn ich dich, du schöne Schwester, sehe
Und betrachte deinen Ernst so gerne,
In den Augen diese klaren Sterne,
Ist's, als wollte weichen all mein Wehe.
Denn da kann ich mir so plötzlich denken,
Dürft' ich wohl in ihre reine Seele
Das Geheimnis, das ich stets verhehle,
Dieses unverdienten Kummers senken?
Daß er wie ein Leichnam sei im Grabe,
Drin sie ihn zurechte würde legen,
Und sie spräche über ihn den Segen,
Ach! auf daß ich fortan Ruhe habe.
Denn so lang ich mag die...
Eduard Mörike
Früh im Wagen
Es graut vom Morgenreif
In Dämmerung das Feld,
Da schon ein blasser Streif
Den fernen Ost erhellt;
Man sieht im Lichte bald
Den Morgenstern vergehn,
Und doch am Fichtenwald
Den vollen Mond noch stehn:
So ist mein scheuer Blick,
Den schon die Feme drängt,
Noch in das Schmerzensglück
Der Abschiedsnacht versenkt.
Dein blaues Auge steht,
Ein dunkler See, vor mir,
Dein Kuß, dein Hauch umweht,
Dein Flüstern mich noch hier.
An deinem Hals begräbt
Sich weinend mein Gesicht,
Und...
Eduard Mörike
Der Himmel glänzt vom reinsten Frühlingslichte,
Ihm schwillt der Hügel sehnsuchtsvoll entgegen,
Die starre Welt zerfließt in Liebessegen,
Und schmiegt sich rund zum zärtlichsten Gedichte.
Wenn ich den Blick nun zu den Bergen richte,
Die duftig meiner Liebe Tal umhegen -
O Herz, was hilft dein Wiegen und dein Wägen,
Daß all der Wonnestreit in dir sich schlichte!
Du, Liebe, hilf den süßen Zauber lösen,
Womit Natur in meinem Innern wühlet!
Und du, o Frühling, hilf die Liebe beugen!
Lisch aus,...
Eduard Mörike
An die Geliebte
Wenn ich von deinem Anschaun tief gestillt,
mich stumm an deinem heil'gen Wert vergnüge,
dann hör ich recht die leisen Atemzüge
des Engels, welcher sich in dir verhüllt.
Und ein erstaunt, ein fragend Lächeln quillt
auf meinem Mund, ob mich kein Traum betrüge,
daß nun in dir, zu ewiger Genüge,
mein kühnster Wunsch, mein einz'ger sich erfüllt?
Von Tiefe dann zu Tiefen stürzt mein Sinn,
ich höre aus der Gottheit mächt'ger Ferne
die Quellen des Geschicks melodisch rauschen.
...
Eduard Mörike
Nimm an, es gäbe einen Himmelsherrn;
so wollen wir von ihm für einst erflehn:
er lasse uns auf irgendeinem Stern
als einen Strauch voll Rosen auferstehn.
Ich will die Wurzel sein, Du sei der Strauch,
ich will die Zweige sein, Du sei das Blatt,
ich sei die Rose, Du sei ihr Arom.
So ineinander unaufhörlich satt,
so eins in jeder Faser, jedem Hauch
sei unser Leben dann ein Dankesstrom.
Christian Morgenstern
Inmitten der großen Stadt
Sieh, nun ist Nacht!
Der Großstadt lautes Reich
Durchwandert ungehört
Der dunkle Fluß.
Sein stilles Antlitz
Weiß um tausend Sterne.
Und deine</em> Seele, Menschenkind? ...
Bist du nicht Spiel und Spiegel
Irrer Funken,
Die gestern wurden,
Morgen zu vergehn, –
Verlorst
In deiner kleinen Lust und Pein
Du nicht das Firmament,
Darin du wohnst, –
Hast du nicht selber dich
Vergessen,
<em>Mensch,</em>
Und weiß dein Antlitz doch
Um Ewigkeit?
Christian Morgenstern
Glühend zwischen dir und mir
Julinächte brüten;
gleiche Sterne dort und hier
unsern Schlaf behüten.
Wähl das schönste Sternelein,
will das gleiche tuen; –
morgen droben Stelldichein
auf geheimen Schuhen.
Gibt du nur nichts anderm Raum,
als mich dort zu finden,
Wird ein gleicher süßer Traum
dich und mich verbinden.
Christian Morgenstern
Die zur Wahrheit wandern,
wandern allein,
keiner kann dem andern
Wegbruder sein.
Eine Spanne gehn wir,
scheint es, im Chor ...
bis zuletzt sich, sehn wir,
jeder verlor.
Selbst der Liebste ringet
irgendwo fern;
doch wer's ganz vollbringet,
siegt sich zum Stern,
schafft, sein selbst Durchchrister,
...
Christian Morgenstern
Traumwald
Des Vogels Aug verschleiert sich;
er fällt in Schlaf auf seinem Baum.
Der Wald verwandelt sich in Traum
und wird so tief und feierlich.
Der Mond, der stille, steigt empor.
Die kleine Kehle zwitschert matt.
Im ganzen Walde schwingt kein Blatt.
Fern läutet, fern, der Sterne Chor.
Christian Morgenstern
Hier im Wald mit dir zu liegen,
moosgebettet, windumatmet,
in das Flüstern, in das Rauschen
leise liebe Worte mischend,
öfter aber noch dem Schweigen
lange Küsse zugesellend,
unerschöpflich - unersättlich,
hingegebne, hingenommne,
ineinander aufgelöste,
zeitvergeßne, weltvergeßne.
Hier im Wald mit dir zu liegen,
moosgebettet, windumatmet.
Christian Morgenstern