Stadt Zitate (Seite 2)
Tausendmale werd ich schlafen gehen,
Wandrer ich, so müd und lebenssatt;
Tausendmale werd ich auferstehen,
ich Verklärter in der seligen Stadt.
Tausendmale werde ich noch trinken,
Wandrer ich, aus des Vergessens Strom;
Tausendmale werd ich niedersinken,
ich Verklärter, in dem seligen Dom.
Tausendmale werd ich von der Erden
Abschied nehmen durch das finstre Tor;
Tausendmale werd ich selig werden,
ich Verklärter, in dem seligen Chor.
Christian Wagner
Vincent
Krähen flogen auf
und fort
Zurück bliebst Du
und der Wind
Es hat mir nicht gefallen
Du, der Du so sorgsam wähltest
Nahmst nicht Farben
Für Dein letztes Bild
Wäre Dein Tod von Dir gemalt
Er wäre noch erhalten
Irgendwann
den Sinn vielleicht
könnt’ ich lernen
wenn ich lernen könnt’
So muß ich rätseln
was geschah mit Dir
Im Herbst
werden sich schon Krähen fnden
und Wind bläst sicher vor der Stadt
Götz vor dem Gentschenfelde
Es weint mein armes Herz,
Wie auf die Stadt es regnet,
Ach, welch ein banger Schmerz
Durchdringt und quält mein Herz?
Wie rauscht so sanft der Regen
Auf Straße und auf Dach.
Mein müdes Herz zu hegen
O, wie singt der Regen!
Es weint ohn' allen Grund
In meinem blut'gen Herzen.
Ward durch Verrat es wund?
Mein Leid ist ohne Grund.
Das ist das schwerste Leiden,
Zu wissen nicht warum.
Da Haß und Lieb' mich meiden
Mein Herz muß so viel leiden.
Paul Verlaine
Abreise
So hab ich nun die Stadt verlassen,
Wo ich gelebet lange Zeit;
Ich ziehe rüstig meiner Straßen,
Es gibt mir niemand das Geleit.
Man hat mir nicht den Rock zerrissen
Es wär auch schade für das Kleid!
Noch in die Wange mich gebissen
Vor übergroßem Herzeleid.
Auch keinem hat's den Schlaf vertrieben.
Daß ich am Morgen weitergeh;
Sie konnten's halten nach Belieben,
Von einer aber tut mir's weh.
Ludwig Uhland
An die Verstummten
O, der Wahnsinn der großen Stadt, da am Abend
An schwarzer Mauer verkrüppelte Bäume starren,
Aus silberner Maske der Geist des Bösen schaut;
Licht mit magnetischer Geißel die steinerne Nacht verdrängt.
O, das versunkene Läuten der Abendglocken.
Hure, die in eisigen Schauern ein totes Kindlein gebärt.
Rasend peitscht Gottes Zorn die Stirne der Besessenen,
Purpurne Seuche, Hunger, der grünen Augen zerbricht.
O, das gräßliche Lachen des Golds.
Aber stille blutet in dunkler...
Georg Trakl
Wolken und Wellen
Es schweben die rötlichen Wolken
Hoch über Stadt und See.
Was bergt ihr in luftigen Falten,
Ist's Lust, ist's herbes Weh?
Sie türmen sich auf und dräuen,
Sie glühn im Wetterschein
Und werden in wenigen Stunden
Verweht, vergessen sein.
Am Ufer branden die Wellen,
Sie rollen stolz daher.
Sie schäumen im Sand und zerrinnen,
Kein Auge schaut sie mehr.
Die Wolken und Wellen zerfliessen,
Nur eines bleibt gewiss,
Das ist der blaue Himmel
Dort in dem Wolkenriss.
Rudolf von Tavel
Ybbsuferweg
Wir können wieder diesen Weg begehen,
der uns durch schaurig wilde Felsen führt,
wo uns gar mancher hohe Baum berührt,
vom Fluß herauf die leichten Winde wehen;
und immer Neues werden wir da sehen:
da ist die Höhle, die ich mir erkürt
zur liebsten, hier die Wand, von der man spürt,
daß Häuser oben sitzen wie Museen.
Wie herrlich kann den Schatten man genießen,
und schaun, wie Silberpunkte abwärts fließen
der alten Stadt entgegen wunderbar.
In unsre Seelen zieht ein selt’ner...
Ingrid Streicher
Läut' aus, du altes Jahr!
Laß deine vollen Glockentöne klingen
In mächt'gen Schwingen über Stadt und Land,
Daß überall sie Trost und Frieden bringen,
Wo diese Himmelsgaben unbekannt!
Läut' aus das Leid, in dessen eh'rnen Banden
Der Tiefgeknechtete nach Freiheit lechzt!
Läut' aus die Schwachheit, daß in Schmach und Schanden,
Dem Sklaven gleich, nicht mehr die Menschheit ächzt!
Läut' aus die Falschheit, die das Haupt zu heben
Nur wagt, wohin das Himmelslicht nicht scheint,
Läut' aus den...
Margarete Stege
An die Schönheit
So sind wir deinen Wundern nachgegangen
wie Kinder die vom Sonnenleuchten trunken
ein Lächeln um den Mund voll süßem Bangen
und ganz im Strudel goldnen Lichts versunken
aus dämmergrauen Abendtoren liefen.
Fern ist im Rauch die große Stadt ertrunken
kühl schauernd steigt die Nacht aus braunen Tiefen.
Nun legen zitternd sie die heißen Wangen
an feuchte Blätter die von Dunkel triefen
und ihre Hände tasten voll Verlangen
auf zu dem letzten Sommertagsgefunkel
das hinter roten...
Ernst Maria Richard Stadler
Blauer Himmel, blaue Wogen,
Rebenhügel um den See,
drüber blauer Berge Bogen,
schimmern weiß im reinen Schnee.
Wie der Kahn uns hebt und wieget,
leichter Nebel steigt und fällt,
süßer Himmelsfriede lieget
über der beglänzten Welt.
Spiegelnd sich die Flur erwidern
Turm und Hügel, Busch und Stadt;
also spiegle du in Liedern,
was die Erde Schönstes hat.
Karl Josef Simrock
Posthornklang
Das Posthorn spannt die Flügel
Des Klanges freudig aus,
Es schmettert von dem Hügel,
Vorüber meinem Haus.
Vorüber in blauen Lüften
Die weißen Straßen entlang,
Es weckt in fernen Klüften
Des Echos goldnen Klang.
O nimm mich mit im Fluge,
Du Sänger meiner Qual,
Nimm mit auf deinem Zuge
Mich in das ferne Tal!
Dein Klingen soll mich tragen
Zu jener alten Stadt,
Wo mich in Jugendtagen
Mein Lieb erwartet hat.
Dort zittre von der Brücke
Bis vor ihr Haus der Schall,
Wie von dem alten...
Alexander Julius Schindler, Pseudonym: Julius von der Traun