Sinn Zitate (Seite 29)
Auf dem Heimweg
Schon drängt Zypressendunkel hoch
sich in mein Abendsonnenlicht,
das doch den Baum des Schweigens noch
mit goldner Lebensglut umflicht.
Erinnernd grüßt die Wasserflur
noch einmal auf - wie reich und schön!
Die Täler schwanden tiefer nur,
und schimmernd breiten sich die Höhn.
Ich schau und sinne - sacht genaht
sinkt Dämmrung über mich herein…
Gib Herr, zum stillen, steilen Pfad
hinab nun deinen Sternenschein!
Wilhelm Brandes
Der Mensch ist nicht das Haus in dem er wohnt.
Die Seele ist nicht der Körper in dem sie wohnt.
Das Haus zerfällt, der Körper welkt –
doch die Seele blüht zu immer größerer Schönheit auf,
wenn du ihren Sinn erkennst.
Denn sie ist nicht von dieser Welt
und nicht von dieser Zeit.
Ihre Erbschaft ist die Unsterblichkeit.
Phil Bosmans
Wohin ich schaue
Wohin ich schaue, Wunder über Wunder,
Wohin ich lausche, alles wunderbar.
Ihr sprecht von Sinn, Gesetz und von gesunder
Vernunft: Ihr schaukelt zwischen falsch und wahr!
Mich hat als Kind das Wunder tief getroffen!
Ich schlug es tot, weil's mir die Ruh' vergällt.
Nun halt ich wieder Kinderaugen offen
Und weiß, das Wunder ist der Grund der Welt.
Jakob Boßhart
Nacht
Holde Nacht, wie still bist du, wie still!
Drunten fließen ruhelos die Wogen,
kommt ein Lichtlein noch heraufgezogen,
das in seinen Hafen will.
Ach, mein Sinn ist wundersam bewegt:
Wer sein armes, armes Herz begriffen,
möchte gerne in bekränzten Schiffen
dorthin, wo man alles schlafen legt.
Hell und heller grüßt der Sterne Schein,
und mir ist, als ob es Frühling werde ...
Überm Heimwehland der dunklen Erde,
ach, wie tief muß da der Friede sein!
Martin Boelitz
Freude des Wiedersehens
O, wie süße
Lebt es sich!
Ich genieße
Wieder mich.
In der Nähe
Hab' und sehe
Ich mein All;
Wer sie kennet,
Der durchrennet
Berg und Thal;
Ach, ich kannte,
Ach, ich rannte
Weit, o weit,
Sie zu küssen
Und im süßen
Unbefang
Hing ich trunken,
Wie versunken,
Stundenlang.
Wie ein Engel
Kam ich ihr,
Ihre schönen
Wonnethränen
Sagten's mir;
nd ihr Blicken
Und ihr Drücken
Sagt' es mir,
Mein Verflummen
Mein Verstummen
Sagt es ihr.
All' mein Sehnen,
All' mein Thränen
Ist...
Johann Aloys Blumauer
Neu Jahr
Die Jahre, die Jahre, sie eilen dahin,
als machte die Eile schon einen Sinn.
Die Jahre, die Jahre,die so schnell vergehn,
ich kann's weder fassen, noch gar verstehn.
Vor allem die schönen vergehn wie im Flug,
ich empfind dieses immer, als steten Betrug.
Zwar vergehn auch die Jahre in denen du leidest,
doch sind's zu viele, bevor du scheidest.
Und nun kommt schon wieder ein Neues Jahr, ...
Erhard Blanck
Nicht der Schüttelreim ist's, der uns schüttelt.
So mancher Reim wird mehr bekrittelt.
Doch ein Gedicht, ganz ohne Reim?
Fällt mehr der Prosa dann anheim.
Erst der Versfuß reißt's heraus,
nur so wird ein Gedicht daraus.
Doch ohne Reim und ohne Fuß,
wird's nur zu ungereimtem Stuß.
Der Fuß gibt Form, die Reime Farben,
nun darf's nur nicht am Sinne darben.
Erhard Blanck
An den Herbst
Mit dankbarem Gemüte
Hier nehm ich deine Güte,
Herbsttag, du milder Gast,
Der du mich reich beschenktest,
Den Sinn in Klare lenktest
Und mich zum Abend fröhlich ausgerüstet hast.
Nun ist in mir kein Drängen
Und bin doch nicht im Engen,
Bin ruhevoll bewegt.
Was gilt es, mehr zu wollen,
Als so im Friedevollen
Teilhaftig sein des Ganzen, das mütterlich uns hegt.
Otto Julius Bierbaum
Das Leben geht vorüber wie die Welle,
Und Jugend währt nur einen Augenblick;
Die Freuden fliehen mit Gedankenschnelle;
Wie Wetterleuchten zuckt der Liebe Glück:
O Weiser, richte auf die Freudenquelle
Der lichten Gottheit deinen wachen Sinn,
Daß sich des Daseins dunkles Meer erhelle,
Und schiffe sicher durch die Wogen hin.
Bhartrihari
Denk' an deine Jugendsonne,
wenn dich's in der Seele friert;
träum von Jugendglück und Wonne,
wenn es Herbst im Herzen wird.
Strömt der Sonne Strahlenquelle
auch nur einen Augenblick: –
bleibt ihr Glanz in Herz und Seele
doch noch lange Zeit zurück!
Träumst du auch nur für Sekunden
von dem Glück, das längst dahin: –
ist dir gleich der Traum entschwunden,
lang' glüht dir sein Bild im Sinn.
Schmückst mit Blumen neu die Liebe,
suchst des Freundes treue Brust
gleich, als ob sie ewig...
Balder vom Berge
verteilt im Traum
verteilt im Traum,
den Kopf endlos befreit,
ein Sturm der Sinne zieht auf,
tobender Regen fällt,
Träne für Träne,
zu einem Meer trauriger Augen,
allmählich,
unaufhörlich,
diese Spiegel,
diese Tore,
das Sonnenbild,
der Schrei der Liebe,
dies alles soll uns wecken,
ein tiefenloser Fluß,
euer Leben,
nie verschmolzen zum Wahn,
doch frei ist dieses Treiben,
unbestimmt vorgegeben
ein kreisender Weg,
eine Einladung
in neue Welt,
eine Einweihung
ins Reich...
Michael Beisteiner