Sinn Zitate (Seite 27)
Fragwürdiges
Wie soll jemand,
der keine Zeit
zum Genießen hat,
einen guten Geschmack
entwickeln können?
Wie soll jemand,
der es nicht schafft,
sich ein eigenes Urteil
zu bilden,
auf Vorurteile
verzichten können?
Wie soll jemand,
der seine Lebendigkeit
verloren hat,
den Sinn des Lebens wiederfinden?
Wie soll jemand,
der sich selbst nicht
leiden kann,
andere lieben können?
Ernst Ferstl
Deine Geschenke
Du schenkst mir
viel von deiner Lebenszeit,
liebevoll eingewickelt
in buntes Augenblickspapier.
Du räumst mir
viel Platz in deinem Leben ein,
zärtlich verdichtet
im Nahesein.
Du eröffnest mir
viele neue Zugänge
zur Welt der Sinne,
aufbauende und umwerfende
Abenteuer.
Du schenkst mir
das kostbarste Gut meines Lebens:
dich.
Ernst Ferstl
Ich will tauschen
Tausche
sündteure Luxusgüter
gegen eine Kombipackung
Zufriedenheit und Dankbarkeit.
Tausche
einen randvollen Terminkalender
gegen ein Überraschungspaket
zu Herzen gehender Augenblicke.
Tausche
extragroße Zweifel und Ängste
gegen eine Familienpackung
Vertrauen und Geborgenheit.
Tausche
ein Leben voll Haben
gegen ein Leben
voll Sein und Sinn.
Ernst Ferstl
Der Tag läuft aus
Meine Sinne wehren sich noch
gegen die sich einschleichende Stille
Gedanken – Fragmente
Erinnerungen – Sehnsüchte
– Peitschenhiebe –
Langsam umfassen meine Augen
die Dunkelheit
langsam suchen sich meine Hände
bei dir ihren gewohnten Halt und
greifen in Decke und Laken
Langsam füllen meine Tränen die Nacht
Auslaufender Tag
Norbert Esser
Erkenntnis
Es braucht wohl Jahre, um zu seh’n,
daß vieles gar nicht wichtig,
wer wenig hat – würd’ untergeh’n,
so meint man, wäre richtig.
Erst wenn der Jugend Sturm gelegt,
dann zieht man die Bilanz,
das Leben – uns dann klar belegt,
der Reichtum war nur Glanz.
Von tausend Dingen ringsumher
hat vieles keinen Sinn,
es macht nur unser Leben schwer,
es bleibt auch kein Gewinn.
Gewonnen hat – wer völlig frei
von Lasten dieser Welt,
man lernt auch den Verzicht dabei,
um den es...
Klaus Ender
Das Gedicht
Das Dichten ist oft wundervoll,
wenn Herz und Geist ganz frei,
dann schafft man leicht sein ganzes Soll
und erntet Lob dabei.
Ist der Verdruß jedoch zu Gast,
dann streikt nicht nur der Geist,
es wird der schönste Sinn zur Last,
so, daß er Blödsinn heißt.
Drum wart ich ab, bis mir so ist,
daß Geist und Witz mich treiben,
hinzu kommt dann noch Lust und List,
– ich kann mich wieder leiden. –
Ruft dann mein Weib, ich liebe dich,
du bist mein kleiner Goethe,
dann schmilzt mein ganzes...
Klaus Ender
Sehnsucht im Herbst
O welch ein Lied mit süßen Heimatsklängen,
Welch ein Akkord voll Glück und Schmerz,
Als ob die Nachtigallen alle sängen,
Erregt aufs Neue mir das Herz!
Ihr Nachtigallen, könnt ich mit euch ziehn!
Mich zieht es hin zu jenen linden Lüften,
Wie es den Vogel nach dem Maimond zieht,
Zu Lorbeerhainen, ach zu Sonnentriften!
Mein Vaterland ist, wo der Frühling blüht,
Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht!
Mein Sinn, mein – Trübsinn nach der Heimat steht!
O lockend Lied, wer ist...
Ludwig Eichrodt
Gänsezug
Die erste Gans im Gänsezug,
Sie schnattert: "Seht, ich führe!"
Die letzte Gans im Gänsezug,
Sie schnattert: "Seht, ich leite!"
Und jede Gans im Gänsezug,
Sie denkt: "Daß ich mich breite
So selbstbewußt, das kommt daher,
Weil ich, ein unumschränkter Herr,
Den Weg mir wähl nach eignem Sinn,
All meiner Schritte Schreiter bin
Und meine Freiheit spüre!"
Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach
Den lieben langen Tag
Hab' i nur Not und Plag',
Und sollt' am Abend doch nit weine!
Wann i am Fenster steh
Und in die Nacht nei seh
So ganz alleine,
Da muß i weine.
Denn, ach! mein Lieb ist tot,
Ist nun beim lieben Gott; :|
Er war mit Herz und Sinn der Meine.
Ich seh ihn nimmermehr,
Das macht mir's Herz so schwer!
Und i muß weine,
Bin ganz alleine.
Ach er kommt nimmermehr!
Das drückt mi gar zu schwer,
Und abends muß i immer weine,
Seh i die Sternlein gehn,
Glaub' i sein Aug' zu sehn,
Und...
Philipp Jacob Düringer
Ihr steckt die Hand wohl in die Wogen,
Doch denkt ihr nimmermehr dabei,
Wenn ihr sie dann zurückgezogen,
Daß nun ein Loch im Wasser sei;
Und habt ihr eine Stellung inne,
So meint ihr doch im eitlen Sinne,
Daß, wenn ihr unverhofft erblasset,
Ihr eine Lücke hinterlasset,
Karl Ferdinand Dräxler-Manfred
Von allen Seelen die geschaffen –
Hab eine ich – erwählt –
Wenn Sinn von Geist sich trennt –
Und Ausflucht – nicht mehr zählt –
Wenn das was ist – und das was war –
Für sich – und wahrhaft – steht –
Und dieses kurze Erdenstück –
Wie Treibsand – ist verweht –
Wenn Formen ihre Schönheit zeigen –
Und Nebel weggewallt,
Siehe die Urform – die ich meine –
Vor aller Lehmgestalt!
Emily Dickinson