Sehen Zitate (Seite 15)
Wunsch
Wohl sagt man, wenn ein Stern vom Himmel fällt,
Dann soll man wünschen, – und es wird geschehen;
Zwar bin ich arm, doch Güter dieser Welt,
Die werd' ich nie vom Herrn erflehen.
Nun saß ich neulich einsam und allein
Und dachte dein – und sah hinauf zur Ferne
Durch dunkle Nacht zum lichten Silberschein
Der Millionen kleiner Sterne;
Da fiel ein Stern, – und deutlich sah und klar
Mein Auge ihn in seinem Glanz vergehen,
Und alles was ich wünschte, – ach, es war,
Nur einmal, einmal dich zu...
Johann Meyer
Ohne Dich
Es kommt eine Zeit,
Von der dir nichts bleibt,
Wirst kaum wahrgenommen
Von all jenen Jungen.
Du hast sie gezeugt, geboren,
Hast sie an den Ohren gezogen,
Doch nun bleibst du zurück,
Sie lieben ihr Lebensglück,
Ohne Dich.
Fallout, du kannst gehen,
Man will dich nicht sehen,
Du bist nur noch peinlich,
Ach, sei nicht so kleinlich,
In diesem Leben, alter Tor,
Kommst du nicht mehr vor.
Horst Reiner Menzel
Ich gehe auf meinem Weg
dem Licht entgegen.
Ich kann es schon sehen
und je näher ich komme,
desto wärmer wird mir.
Siehst du es dort am Horizont?
Ganz sanft erhebt es sich,
ein kleines Flämmchen noch,
aber voller Kraft und Hoffnung.
Es nimmt dem Dunkel die Angst
und führt mich sicher zu ihm,
dem ich vertraue.
Es tröstet und trägt mich
durch Zeiten des Leidens,
lustig tanzt seine Flamme
im Glück.
Siehst du es nicht?
Gib mir deine Hand,
ich nehme dich mit.
Regina Meier zu Verl
Es bringt euch alle Seligkeit
die Gott der Vater hat bereit’
daß ihr mit uns im Himmelreich
sollt leben nun und ewiglich.
So merket nun das Zeichen recht:
die Krippen, Windelein so schlecht.
Da findet ihr das Kind gelegt,
das alle Welt erhält und trägt.
Des laßt uns alle fröhlich sein
und mit den Hirten gehn hinein,
zu sehen, was Gott uns hat beschert,
mit seinem lieben Sohn verehrt.
Martin Luther
Liebeserwachen
Heißet ihn gehen;
Er soll nicht sehen,
Wie meiner Jugend er's angetan
Ich lebte zufrieden,
Hätt er mich gemieden;
O, daß ich ihn nicht meiden kann!
Daß alle Gedanken
Um ihn sich ranken,
Den trotzig-übermütigen Mann.
Ich sollte ihn fliehen,
Und fühle mich ziehen
Mit tausend Banden zu ihm hinan.
Peter Lohmann
Lachenden Mutes sind wir geschieden,
Ahnten nicht, daß es für immer war.
Werd' ich dich nie mehr sehen hienieden?
Seltsam ist es und wunderbar!
Scherzend den letzten Kuß dir vom Munde
Küßt' ich in lachender, glücklicher Stunde.
Dort wo die Wolken so leuchtend scheinen,
Dort auf seligem Inselland
Wandeln wir einst in Myrtenhainen,
Liebende Schatten Hand in Hand.
Daß man auf ewig sich trennen müsse,
Nimmermehr glauben das zärtliche Küsse.
Hermann Ritter von Lingg
Die Küsse
Ein Küßchen, das ein Kind mir schenket,
Das mit dem Küssen nur noch spielt,
Und bei dem Küssen noch nichts denket,
Das ist ein Kuß, den man nicht fühlt.
Ein Kuß, den mir ein Freund verehret,
Das ist ein Gruß, der eigentlich
Zum wahren Küssen nicht gehöret:
Aus kalter Mode küßt er mich.
Ein Kuß, den mir mein Vater giebet,
Ein wohlgemeinter Segenskuss,
Wenn er sein Söhnchen lobt und liebet,
Ist etwas, das ich ehren muß.
Ein Kuß von meiner Schwester Liebe
Steht mir als Kuß nur so weit...
Gotthold Ephraim Lessing
Das Muster der Ehen
Ein rares Beispiel will ich singen,
Wobei die Welt erstaunen wird.
Daß alle Ehen Zwietracht bringen,
Glaubt jeder, aber jeder irrt.
Ich sah das Muster aller Ehen,
Still, wie die stillste Sommernacht.
Oh! daß sie keiner möge sehen,
Der mich zum frechen Lügner macht!
Und gleichwohl war die Frau kein Engel,
Und der Gemahl kein Heiliger;
Es hatte jedes seine Mängel.
Denn niemand ist von allen leer.
Doch sollte mich ein Spötter fragen,
Wie diese Wunder möglich...
Gotthold Ephraim Lessing
Waldlied
Durch den Hain mit bangem Stoße
Die Gewitterlüfte streichen;
Tropfen sinken, schwere große,
Auf die Blätter dieser Eichen.
An ein banges Herzensklopfen
Mahnt mich dieser Bäume Schwanken,
Mahnt mich an Gewittertropfen,
Die aus lieben Augen sanken.
Muß ein großer Schmerz in Zähren
Sich entlasten unaufhaltsam,
Stürzen ihm die großen, schweren
Tropfen plötzlich und gewaltsam.
War die Träne noch zu fassen,
Kam sie nicht hervorgebrochen,
Doch der Schmerz will sie nicht lassen,
Will sie...
Nikolaus Lenau
Wenn du dir willst ein Lied beleben,
So mußt du stille Pfade gehen,
Des Liedes Seele mußt du finden.
Und sie mit Dichteraugen sehen.
Hast du gefunden die Bedeutung,
So war dein Mühen nicht vergebens,
Es fügen sich die wirren Laute
Für dich zur Harmonie des Lebens.
Und wenn du fühlst der Menschheit Schmerzen,
Die da in tausend Liedern klagen,
So wirst du selbst in schweren Stunden
Dein eignes Leiden stolz ertragen.
Otto von Leixner
Abends
Abends, wenn die Glocken gehen,
Wird um's Herz mir doppelt schwer;
Nach der Teuren will ich sehen,
Aber ihr Gemach ist leer.
War mir's doch, ich hörte Rauschen
Nebenan erst noch ihr Kleid,
Gleich als käme sie zu lauschen
Meinem Seufzer, meinem Leid.
Doch sie kommt nicht, mir zu reichen
Treubesorgt die liebe Hand,
Sanft die Thränen mir zu streichen
Von der Wimper heißem Rand.
Und ich starr' aus ödem Zimmer
Schmerzvoll nach des Westens Rot.
Meine Trösterin kommt nimmer,
Nun erst glaub'...
Karl Gottfried Ritter von Leitner
Mensch und Unmensch werden 40
Wenn ein Mensch die 40 zeitigt,
Ist er noch nicht alt – das heißt nicht,
Daß er vom Leben noch nichts hatte.
Wenn ein Unmensch doch dagegen
40 wird, hat er vom Leben
Sicher manches mehr gehabt.
Mensch wie Unmensch ist dann klar,
Daß ein Leben 40 Jahr',
Relativ zu sehen ist.
Denn der Mensch macht froh und heiter
In gewohnter Weise weiter.
Doch dem Unmensch droht voll Graus,
wenn er weitermacht das Aus.
Wolfgang (WoKo) Kownatka