Recht Zitate (Seite 29)
Friede
Ich frug die Freunde. – Sie drückten
Herzinniglich mir die Hand,
Doch fühlt' ich – Keiner von allen
So recht mein Wort verstand.
Ich frug die Sterne. – Sie schwiegen,
Sie wußten zu rathen nicht; –
Ich frug die Blumen. – Sie wiegten
Ihr lächelnd Angesicht. –
Dir schaut' ich nur in die Augen,
Du lächeltest mild mich an:
Das hat dem krankenden Herzen
Unendlich wohl gethan.
Denn Alles, was es ersehnet,
Dir tief in der Seele blüht –
Ein stiller seliger Friede,
Ein fromm und keusch...
Karl Siebel
Ein Weib verschmäht oft, was sie gern erblickt:
Die Neigung wird recht heiß, die anfangs kalt;
Wenn sie erst zürnt, ist's nicht, weil sie euch haßt,
Sie will, daß Lieb' euch tiefer erst erfaßt.
Schickt sie euch fort, das heißt nicht, ihr sollt gehn:
Die Närrchen werden wild, läßt man sie stehn.
Nehmt keinen Korb an, was immer sie sage,
Denn »pack dich« bedeutet sicher »wage«.
Lobt, schmeichelt, preist, vergöttert ihre Mängel;
Wie schwarz sie sei'n, vergleicht sie mit einem Engel.
Ein Mann,...
William Shakespeare
Das blanke Gold
Macht Weiß aus Schwarz, aus Häßlich Schön,
Macht Unrecht recht, Schlecht gut, Alt jung, Feig' tapfer;
Es lockt den Priester fort von dem Altare,
Reißt Halbgenes'nen weg das Schlummerkissen.
Ja, dieser gelbe Sklave löst und bindet
Geweihte Bande, segnet den Verfluchten,
Macht selbst den Aussatz lieblich; hilft dem Dieb
Zu Ämtern, Titeln, Ehr- und Anerkennung,
Und schafft der überjähr'gen Witwe Freier.
William Shakespeare
Lied der Desdemona
Das Mägdlein saß singend am Feigenbaum früh,
Sing Weide, grüne Weide!
Die Hand auf dem Busen, das Haupt auf dem Knie,
Sing Weide, Weide, Weide!
Das Bächlein, es murmelt und stimmet mit ein;
Sing Weide, grüne Weide!
Heiß rollt ihr die Trän und erweicht das Gestein;
Sing Weide, Weide, Weide!
Von Weiden all flecht ich mir nun den Kranz –
Sing Weide, grüne Weide!
O scheltet ihn nicht, sein Zorn ist mir recht –
Sing Weide, Weide, Weide!
Ich nannt ihn du Falscher! Was sagt er...
William Shakespeare
Du aber,
der du die Schönheit
mit unergründlicher Liebenswürdigkeit,
Gnade und Form,
Wort mit Klang,
edles Geschlecht mit Tugend,
Reichtum mit Kraft,
innere Freiheit und äußere Klarheit
miteinander vereinst,
du besitzest noch etwas,
was ich in diesem Leben nie fand:
einen gerechten
zufriedenstellenden Ausgleich dem Können,
dem Vermögen
und dem sehnenden Verlangen
eines recht liebenden Herzens.
Heinrich Seuse
Dichterlos
Wer einmal nur in Versen sprach,
Dem folgt das Unglück ewig nach,
Denn was er auch in Zukunft spricht,
Der Welt dünkt alles ein Gedicht.
Wenn warm sein Herz für Tugend glüht,
Ein göttlich Feuer aus ihm sprüht,
Singt er von Gott, von Recht und Pflicht,
Der Welt dünkt alles ein Gedicht.
Und gibt sein liebeheißer Mund
Die seligsten Gefühle kund,
Ich liebe Dich! – Man glaubt ihm nicht,
Hält seine Liebe für Gedicht.
Und foltert ihn der Sehnsucht Pein,
So klagt und weint er ganz...
Berthold Sengschmitt
Mutterahnung
O Frühlingsmorgen voll Duft und voll Tau,
Voll Vogelgezwitscher und Himmelblau,
Voll herziger Veilchen im schattigen Grün,
Voll süßer Verheißung, voll frohem Erblühn.
Was jauchzest, mein Herz, du so fröhlich drein?
Es kann dieser Frühling dein letzter sein;
Wenn wieder auf Erden es keimen will,
Wohl liegest du unter der Erde still.
Du bist eine Muschel, gering und klein, –
Doch schließest vielleicht eine Perle ein,
Und ruft sie ans Licht ein göttlicher Kuß,
Wer weiß, ob die...
Clotilde von Schwartzkoppen
Glück ist ein vieldeutig Wort,
So ich's recht versteh'–
Dieser sucht's im sichern Port,
Der auf hoher See.
Vielen heißt es: Ruhm und Ehr',
Ein'gen: Lieb' und Treu,
Blinder Thoren zahllos Heer
Jagd nach goldner Spreu.
Doch der hat es voll und ganz,
Dessen Leben nie
Trübet eine Dissonanz,
Glück ist — Harmonie.
Clotilde von Schwartzkoppen
Wo ist die Werkstatt, drin die sichere Waffe,
Das Wort, zum Pfeil, zum Schwert, zum Helm und Schild
Geschaffen wird? Nicht wenig liegt daran,
Zu Schutz und Trutz es tüchtig zu besitzen.
Es recht zu schmieden, ist die große Kunst,
Ist unsrer Zeit fast einziges Bestreben;
Denn nicht mehr auf des Degens Spitze nur –
Auch auf der Lippen Schneide ruht die Welt.
Gustav Schwab