Ohne Worte Zitate (Seite 6)
Der Papagei
Palma Kunkels Papagei
spekuliert nicht auf Applaus:
niemals, was auch immer sei,
spricht er seine Wörter aus.
Deren Zahl ist ohne Zahl:
denn er ist das klügste Tier,
das man je zum Kauf empfahl,
und der Zucht vollkommne Zier.
Doch indem er streng dich mißt,
scheint sein Zungenglied verdorrt:
gleichviel, wer du immer bist,
er verrät dir nicht ein Wort.
Christian Morgenstern
Ein Morgen im Walde.
Dunkle Waldesbäume,
Wie sind sie so hold,
Weht durch grüne Bäume
Morgensonnengold.
Efeuzweige ranken
Sich durch's weiche Gras,
Glockenblumen schwanken
Ohne Unterlaß.
Schlanke Stämme breiten
Ihre Wipfel aus,
Heil'ge Schauer gleiten
Durch dies Gotteshaus.
Waldeslust und -leben,
Drüber Himmelsblau!
All dies Blüh'n und Weben
Spiegelt sich im Tau.
Will dein Herz ergrimmen
Ob dem Tun der Welt
Hör des Waldes Stimmen,
Such sein grünes Zelt!
Dort wirst du erhalten...
Eugenie Marlitt
Du weißt es besser
Von Deinen Augen geträumt,
jedes Deiner Worte
eingeprägt.
Nächte durchgeheult
wegen Dir.
Wie verrückt Gedichte geschrieben,
die völlig absurde Hoffnung,
Du könntest sie mal lesen.
In Gedanken
Deine Hand,
Deine Lippen berührt
und
schließlich gedacht,
ohne Dich nicht leben zu können.
Aber Du stehst vor mir
und behauptest allen Ernstes:
"Du liebst mich nicht."
Claudia Malzahn
Es ist nun einmal so auf dieser Erdenwelt,
Es gibt nur einen starken Hebel, der heißt: Geld!
Wer ihn nicht hat, darf in gedrückten Lagen
Zu deren Hebung auch den Versuch nicht wagen;
Die Tröstung ohne Macht ist eitles Betrügen,
Dem Schwachen ziemts, demütig sich zu fügen;
Es hört sich nichts possierlicher wohl an,
Als kluger Rat von einem armen Mann.
Wer nach dem Wort die Tat nicht auch kann zeigen,
Tut besser dran, bescheiden ganz zu schweigen.
Meschullam ben Kalonymos
Im kurzen Abend
Im kurzen Abend. Voll Wind ist die Stunde,
Und die Röte so tief und so winterlich klein.
Unsere Hand, die sich zagend gefunden,
Bald wird sie frieren und einsam sein.
Und die Sterne sich hoch in verblassenden Weiten
Wenige erst, auseinander gerückt.
Unsere Pfade sind dunkel, und Weiden breiten
Ihre Schatten darauf, in Trauer gebückt.
Schilf rauschet uns. Und die Irrwische scheinen,
Die wir ein dunkeles Schicksal erlost.
Behüte dein Herz, dann wird es nicht weinen
Unter dem...
Georg Heym
Was bleibt von mir?
Vielleicht ein Wort,
in einem Buch mit tausend Seiten,
verstaubt ganz hinten im Regal.
Vielleicht ein Bild,
im Album in das niemand schaut,
jetzt wird gespeichert digital.
Vielleicht die Ähnlichkeit
Bei einem Kind in ferner Zeit,
mit meinem Muttermal.
Vielleicht ein Satz,
nicht sehr beliebt, weil er so wahr,
und doch zitiert so manches mal.
Vielleicht ein Lied,
das gerne ich gehört,
ein Song von anno dazumal.
Vielleicht die Rose,
die gepflanzt ich vor dem Haus,
noch voller...
Regina Hesse
Schatten an der Wand
Von einer Kerze magischem Schimmer,
ein Schatten geworfen an meine Wand,
läßt dein Bild entstehen im Zimmer
vom kalten Hauch geführt durch Windes Hand.
Den Tränen nahe, erahne ich dich,
höre die Worte, die du zu mir sprichst:
"Von den Engeln verlassen, ergeb' ich mich
dem einzigen Gott, den du versinnbildlichst".
Du hast mich verlassen, bin nun allein,
dem Wahnsinn ergeben, will nicht ohne dich sein.
Der Schmerz ist geblieben von deinem Schwur,
mich nie zu verlassen, ist...
Gerd Groß
Zu spät
Du kamst zu mir in der stillen Nacht,
ich habe die Tür nicht aufgemacht!
Du riefst mich mit zitterndem Liebeswort,
ich wies dich barsch von der Schwelle fort.
Da gingst du von dannen, stumm und schwer,
mein reuiges Wort fand dich nicht mehr.
Nun stehe ich nächtens an Brücken und Steg,
doch gehst du weitab, weitab deinen Weg.
Wie ein Lockvogel sing ich dein Lied ohne Ruh,
doch trägt dir's kein Hauch barmherzig zu.
Und selbst meinen Schrei aus Sehnsucht und Not
vertändelt der Wind in...
Karl Bienenstein
Entrückt und Nah
Entrückt und nah, belebend und doch Schein,
So seh ich, Liebste, dich vor mir errichtet.
Ein Umriß, der vor meinen Blicken flüchtet
Und dem es doch bestimmt ist, Bild zu sein.
Die Hände haben längst darauf verzichtet
Zu fassen nach Gestalt von Fleisch und Bein.
Genug zu wissen, daß du Brot und Wein
Und zartes Feuer bist, das mich belichtet.
Die Augen werden einst in Moder fallen.
Was war ich ohne dich? Ein irres Lallen,
Ein Dunkel und ein Rausch der Bitternisse.
Laß wehen...
Hugo Ball
Verständigung
Wir sitzen in der Runde
und tischen unsere Worte auf.
Der eine mag nichts Fettes.
Der andere schlingt alles in sich hinein,
ohne zu schmecken.
Ein dritter kann nichts Hartes beißen.
Ein anderer wieder achtet auf
kalorienarme Kost.
Da brauche ich mich nicht zu wundern,
wenn ich mißverstanden werde.
Kristiane Allert-Wybranietz
B: Sollte die Freiheit nichts anderes sein, als daß es in meiner Macht steht, das, was ich will, auch zu tun? [...] Ich bin nicht frei zu wollen, was ich will? [...]
A: Ihr Wille ist nicht frei, aber Ihre Handlungen sind frei. Sie sind frei zum Handeln, wenn es in Ihrer Macht steht, zu handeln. [...] All die Bücher über die Freiheit zum beliebigen Tun, zum beliebigen Handeln [...] sind dummes Geschwätz; es gibt keine Freiheit zum beliebigen Tun. Das ist ein Wort ohne Sinn und Verstand, das...
Voltaire