Nur Zitate (Seite 322)
Du sagtest mir in jener Stunde
Daß meine Seele reich ist…
Ich glaube fast, daß mir im Grunde
Nur alles, – alles – gleich ist.
Ich freu' mich jeder Seelenblüte,
Die fremden Athem haucht,
Seit jeder Kelch, der mir entglühte,
Erstarrt ist und verraucht…
Und fremde Blumen muß ich warten,
– Das lag mir einst so fern! –
… Weil ich den eig'nen, todten Garten
Vergessen will, so gern!
Lisa Baumfeld
Warnung
Ich denke zurücke
Und werde zum Kind.
Da sitzt mit der Krücke
Die Ahne und spinnt.
Sie zupft ihren Rocken
Und warnend sie spricht:
"Wenn Buben dich locken,
So folg' ihnen nicht!"
Schon längst schloß der Alten
Die Lippen der Tod.
Ich habe gehalten
Getreu ihr Gebot,
Und ward doch in Gruben
Gelockt und umgarnt. –
Ich war nur vor Buben,
Nicht Mädeln gewarnt.
Rudolf Baumbach
Angeführt
Daß sie mich betrogen
Und mir vorgezogen
Einen Andern, ist nichts neues mehr.
Hätt's vergeben können,
Sie dem Andern gönnen,
Wenn's nur nicht ein solcher Trottel wär'.
Meinen Wanderstecken
Hol' ich aus der Ecken,
Und mein Riemenschuh ist bald geschnürt.
Leichtes Bündel trag' ich,
Aus dem Sinn mir schlag' ich,
Die mich an der Nase hat geführt.
Klageweib vorm Spittel
Saß im grauen Kittel.
Einen Heller ich der Alten gab.
»Treulos ward die Meine:
Klage du und weine,
Weil ich selbst...
Rudolf Baumbach
Im Nachhinein
Still schlug die Uhr die zwölfte Stunde
Als deine Hand die meine fand.
Ein wenig pochte meine Wunde,
Bevor der Reiz mich dir verband.
Die Blicke waren schüchtern, züchtig,
Der Wille brach, bewußt gespielt.
In Lustgerüchen und doch flüchtig
Entstand ein Rausch, der nicht lang hielt.
Der Morgen kam und mit ihm wieder
Verstand, Vernunft und viel Kaffee.
Das Wissen kämpft Gefühle nieder,
Und Pflasterspott bedeckt das Weh.
Es blieb kein Lied, das uns verbindet,
Es...
Margot S. Baumann
Armenkleid
Ich kreiste um dein Wortgebilde,
Wie ein Trabant um ein Gestirn.
Ich schützte dich vor Neidergilde
War dir Vasall, Lakai und Dirn.
An deinen Lippen festgekettet,
Hielt wehrhaft ich dein Banner fest
Vor jedem Arg, ich dich gerettet,
Vor jedem Feind – vor Rattennest.
Doch in der Zeit, da ich hofierte,
Erstarb mein Wille, fiel mein Stolz.
So sehr ich auch nach Krumen gierte,
War es nicht Brot, nur Galgenholz.
Heut schwenk ich nicht mehr deine Fahne,
Der Rücken ist des Tragens...
Margot S. Baumann
Wohin
Wo sind sie hin, die Träume meiner Jugend?
Wer schloß die Tür zu meiner Kinderzeit?
Ich stehe hier jetzt, mich das fragend,
Doch keiner mir die Antwort reicht.
Die, die es wissen, gibt's nicht mehr.
Und die, die sprechen, hört man nicht.
Enttäuschung macht das Herz mir schwer.
Wer hilft, wenn meine Seele bricht?
Nur manchmal, zwischen Traum und Wachen,
Wenn Morgenwind die Nacht verweht,
Hör ich von fern ein Kinderlachen
Und hoff', es ist noch nicht zu spät.
Margot S. Baumann
Kannst du das Schönste nicht erringen,
so mag das Gute dir gelingen.
Ist nicht der große Garten dein,
wird doch ein Blümchen für dich sein.
Nach Großem drängt's dich in der Seele?
Daß sie im Kleinen nur nicht fehle!
Tu heute recht – so ziemt es dir;
der Tag kommt, der dich lohnt dafür!
So geht es Tag für Tag; doch eben
aus Tagen, Freund, besteht das Leben.
Gar viele sind, die das vergessen:
Man muß es nicht nach Jahren messen.
Eduard von Bauernfeld
Die Klagen eines Ikarus
Der Bursch, der die Dirne bezwungen,
Ist glücklich, zufrieden und satt,
Mein Arm ist zerbrochen und matt,
Weil er mit Wolken gerungen.
Der Sternwelt, die leuchtend schwebt,
Ein unvergleichlich Entzücken,
Dank' ich's, dass meinen Blicken
Nur Sonnenerinnerung lebt.
Ich hoffte, im Raum zu erkennen
Der Dinge Mitte und Schluss,
Und fühl' nun im Glutenkuss
Meine Flügel zerfallen, verbrennen.
Vernichtet vom Schönheitsdrang
Wird mir kein Nachruhm zu eigen,
Es wird...
Charles Baudelaire
Der alte Friedhof
Verfallener Friedhof, am einsamen Ort,
Nun geht der Pflug bald über dich fort.
Noch hüllen mit traulichem Dämmerschein
Die alten Linden dich friedlich ein.
Verwitterte Steine nur ragen auf,
Wo die Hügel versanken im Zeitenlauf.
Und alles umwuchert Gras und Strauch,
Und drüber weht des Vergessens Hauch.
Ein einziges Grab ist an diesem Ort,
Drauf blühen die Veilchen und Rosen noch fort.
Wenn Lenzluft weht um dieses Grab,
Wankt her ein Mütterlein am Stab.
Sie trauert noch dem...
Paul Barsch
Junker und Bauer
Was rennst du auf dem eignen Fell?
Den Blick verletzt du mir, Gesell!
Sind deine Strümpfe durchgelaufen,
Wohlan, ich will dir neue kaufen!
"Schön Dank, die reißen nicht so schnell.
Ihr tragt von diesem Stoff fürwahr
Schon ein Paar Unterhosen manches Jahr,
Da Ihr von Eurem Herrn Papa
Dasselbe Zeug dereinst geerbt.
An Güte kommt's dem Ochsenleder nah,
Nur leider blieb es ungegerbt."
Otto Alexander Banck
Sei tapfer, wenn die Masten krachen,
Daß du nicht schreckversteinert stehst;
Du wirst die Wogen dienstbar machen
Sobald du klug das Steuer drehst.
Laß' die verzweifelnden Gedanken,
Daß sich dein Compaß nicht verirrt
Und nie dein Schiff aus sicher'n Schranken
Der off'nen See zur Brandung irrt.
Gern packt das Unglück deine Schwächen.
O, kämpfe, daß du nicht erliegst,
Und kannst du auch den Sturm nicht brechen,
So brich' nur selbst nicht und du siegst.
Otto Alexander Banck
Früh in blühender Jugend lern', o Jüngling,
Lebensglück. Sie entfliehn, die holden Jahre!
Wie die Welle die Welle treibet eine
Stunde die andere.
Keine kehret zurück, bis einst dein Haupthaar
Schneeweiß glänzet, der Purpur deiner Lippen
Ist erblichen; nur eine Schönheit blieb dir -
Männliche Tugend.
Jacob Balde